Digital lehren. Thomas Hanstein
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Dieses Prinzip macht exemplarisch deutlich, dass es nicht vorrangig die Arbeit an Inhalten ist, die gutes Lernen ausmacht. Von Lehrenden ist – bildlich gesprochen – zuerst der Boden zu bereiten, auf den die Saat aufgebracht werden kann. Da jeder Lernende seinen eigenen „Boden“ hat und diese sich hinsichtlich vermeintlicher „Fruchtbarkeit“ sehr unterscheiden, ist die individualisierte Zuwendung mit dem Ziel des Aufbaus von Lernstrukturen die vorrangige pädagogische Aufgabe. Fachlicher Transfer und Vertiefung können erst eintreten, wenn die entsprechenden fachwissenschaftlichen Strukturen – bei jedem einzelnen Lernenden – aufgebaut und gepflegt worden sind. Andernfalls bleibt erlerntes Wissen angelernter „Stoff“ – und damit passives, träges Wissen (Weinert), handlungstheoretisch und -praktisch also nicht oder nur wenig nutzbar (vgl. https://lehrerfortbildung-bw.de/u_gestaltlehrlern/projekte/sol/fb1/04_organisation/; Zugriff: 12.05.2020).
Kompetenzaufbau auf der Makro- und Mikroebene
Heinz Klippert hat anschaulich begründet, weshalb sich auch die Organisation des Aufbaus von Kompetenzen einer inneren Struktur unterwerfen sollte (vgl. Klippert, 2002). Die aktuellen Erkenntnisse der Lernforschung unterstützen diesen Ansatz. Klippert unterschied daher auch methodisch in Makro- und Mikromethoden. Makromethoden, wie Projektarbeit, Planspiele o. ä. bauen dabei auf Mikromethoden auf. Das erklärt, weshalb ein Schüler zum Beispiel inhaltlich noch so perfekt ein Referat vorbereiten kann, es dann aber am Vortrag scheitert. Die Arbeitstechnik eines Referats und die mentale Einstimmung darauf wurden unter Umständen nicht geübt, sondern einfach vorausgesetzt. In solchen Fällen wird die Forderung zu einer Makromethode pädagogisch betrachtet nicht zur Förderung, sondern vielmehr zur Schädigung. Die eventuell sozialisierte Learned helplessness wird nolens volens vom Lehrenden bestätigt. Beispiele wie diese machen den, an anderer Stelle angedeuteten, basalen Aspekt einer gelebten Beziehungsdidaktik deutlich. Denn Lehrende können nur mit Methoden fördern, wenn sie um den status quo der Lernenden wissen (W-Frage „Wer“).
Klippert gliedert das Methoden-Training in die vier Bereiche: inhaltlich-fachliches, affektives, methodisch-strategisches und sozial-kommunikatives Lernen. Erfolgreich und nachhaltig zu lernen bedeutet nach Klippert, seine Methodenkompetenz zu erweitern, da sie der Weg zum Ziel – unabhängig vom Fach – ist. Das bedeutet gleichermaßen für Lehrende und Lernende, Methoden zu vermitteln, anzuwenden und ihre Anwendung wie den durch sie stimulierten Lernprozess reflektieren zu können. Erst wenn diese Schritte erfolgt sind, können sich neuronale Verknüpfungen zwischen methodischem und fachlichem Lernen einstellen.
Bei den bisherigen Reflexionen zum erfolgreichen Lehren und Lernen und der Anbahnung von Lern- und Bildungsprozessen kam der Frage nach dem Lernraum keine – bis maximal eine indirekte – Bedeutung zu. Diese Beobachtung kann nicht weiter wundern, denn obliegt klassisch die Ausstattung dem Schulträger, während pädagogische Fragen dem Dienstherrn – bei den (Hoch-)Schulbehörden und letztlich dem entsprechenden Landesministerium bzw. in der Lehrerausbildung den entsprechenden Seminaren – vorbehalten sind. Dieser Hinweis ist nicht als formale Zuständigkeit abzutun, sondern beschreibt auch auf struktureller Ebene nicht weniger als einen epochalen Paradigmenwechsel (der bei Organisationen seine Zeit brauchen wird).
Abb. 9: Anbahnung von Lernprozessen auf zwei Ebenen
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