Worauf die Affen warten - Krimi. Yasmina Khadra

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Worauf die Affen warten - Krimi - Yasmina  Khadra

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ausgesucht, der so breit wie die Kommandobrücke eines Schiffes ist. Es gibt ihm die Sicherheit, dass selbst der längste Arm nicht bis zu ihm herüberreichen kann.

      Seine engsten Mitarbeiter behandelt Hadsch Hamerlaine kein bisschen anders. Mit dem Kinn weist er ihnen einen Stuhl in gehörigem Abstand an, bewilligt ihnen ein paar Minuten seiner kostbaren Zeit und verabschiedet sie dann eilends, ohne ihnen einen Kaffee anzubieten oder sich die Mühe zu machen, sie hinauszubegleiten.

      Ed Dayem nickt kurz, um den Hausherrn zu begrüßen.

      »Ich hätte in meine Faust hüsteln sollen, um Sie zu wecken!«, scherzt er, mehr um sich selbst Mut zu machen.

      »Die Götter schlafen nie«, kontert Hadsch Hamerlaine.

      »Ich wollte Sie nicht beleidigen.«

      »Die eine oder andere Sünde kann ich schon vergeben, aber respektlose Sprüche nur selten.«

      Ed Dayem steht kurz davor zusammenzuklappen. Ihm war klar, dass sein Rückzug nach Spanien ihm als unentschuldigtes Fehlen ausgelegt werden würde. Schlimmer: als Fahnenflucht. Und was ein echter Rboba ist, der hat einen heiligen Zorn auf jeden Deserteur. Und vor der Wut eines Rboba, da verblasst jeder Orkan. Jeder Halunke aus dem Dunstkreis der Macht könnte es einem aus eigener Erfahrung bestätigen, dass der Kuss eines Rboba ebenso tödlich ist wie der Biss von zehn Kobras.

      Ed Dayem stützt sich an einer Stuhllehne ab und versucht, wieder Herr über seinen Atem zu werden.

      »Setzen Sie sich doch, Eddie. Sonst kotzen Sie mir am Ende noch den Teppich voll.«

      Ed Dayem sinkt auf den Stuhl. In der nächsten Sekunde wäre ihm der Boden unter den Füßen weggerutscht.

      »Eddie, Sie Ärmster«, erklärt ihm der Greis mit einer Stimme, in der sich Vorwurf und Ermattung mischen, »fast hätte ich beim Pentagon eine Drohne geordert, um Sie ausfindig zu machen.«

      »Ich brauchte dringend ein wenig Entspannung.«

      »Das ist noch lange kein Grund, keine Adresse zu hinterlassen, an der man Sie kontaktieren kann. Sie sind ein Zeitungsbaron, mit Telepathie allein leitet man kein Presse-Imperium. Hier ändert sich ständig die Lage, da muss man unverzüglich reagieren. Und zwar richtig. Es ist Gefahr im Verzug, Mister Newspaper, und der Arabische Frühling macht es auch nicht gerade besser.«

      »Glauben Sie mir, es ging mir wirklich nicht gut«, quetscht Ed hervor, um Versöhnung bemüht. »Es stand mir bis hier. Ich brauchte einfach eine Rückzugsmöglichkeit.«

      »Na, wer sich heutzutage zurückzieht, hat meist den Rückwärtsgang eingelegt. Und wenn Sie meine Meinung wollen, dann sehen Sie zu, dass Ihre Probleme Sie nicht einholen.«

      »Welche Probleme?«

      »Ich!«, trompetet der Alte.

      Fast hätte Ed Dayem sich an der eigenen Spucke verschluckt.

      Der Alte klopft mit knochigem Finger gegen das Glas, das auf seinem Schreibtisch steht, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen:

      »Ich kann es nicht ausstehen, wenn ich nach meinen Dienstboten läute und sie nicht hereingespritzt kommen, bevor ich die Klingel auch nur aus der Hand gelegt habe.«

      Hadsch Hamerlaine sieht so alt aus wie die Erbsünde. Das Erosionswerk der Jahre hat seine Haut in eine blasse Pergamentschicht verwandelt. Seine Augen sind tief in die Höhlen gesunken, abgründiger als jeder Hintergedanke, seine Nase hängt auf Halbmast aus seiner Leichenbittermiene. Der ganze Hadsch erinnert an eine Mumie, die man soeben aus ihrem Sarkophag gepult hat. Ed Dayem könnte schwören, dass der Greis seine Nächte in einer mit Formalin gefüllten Badewanne verbringt und seine Tage damit, auf seinem Thron vor sich hin zu dorren, sich beharrlich weigernd, angesichts der Bürde seines Alters, der Last seiner Vergehen abzudanken. Aber er weiß vor allem, dass dieses menschliche Wrack, dieser winzige Greis mit dem staubgrauen Teint nur einmal niesen muss, um einen Tsunami auszulösen.

      »Soll nicht wieder vorkommen, Ehrenwort.«

      »Das nächste Mal hätten Sie auch gar keine Zeit mehr, es zu bedauern, Eddie. Haben Sie mich verstanden?«

      »Hundertprozentig.«

      »Schön, das wäre also geklärt.«

      Ed Dayem schlägt das rechte über das linke Bein, um entspannt zu wirken. In Wahrheit ist es die einzige Stellung, die er gefunden hat, um zu verhindern, dass sein Darminhalt sich auf den Boden ergießt. Er atmet einmal kräftig durch, so sehr, dass es seine Lungen fast zerreißt, und wartet mit pochendem Herzen, dass der Reptilienblick des Alten von ihm ablässt, damit er endlich den Knoten seiner Krawatte lockern kann.

      »Möchten Sie etwas trinken, Eddie?«

      Ed Dayem deutet das Angebot als Absolution, aber er fühlt sich in seiner Position noch zu geschwächt, um derlei bereits verdient zu haben.

      »Einen Wodka Lemon vielleicht?«

      »Nein, vielen Dank.«

      »Sie sehen aus, als würden Sie gleich in Ohnmacht fallen.«

      »Die Strapazen der Reise. Es gab auf dem Flug etliche Turbulenzen.«

      »Kann ich mir denken. Aber ich brauche Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Ich wiederhole mich nur ungern.«

      »Ich bin ganz Ohr, Monsieur.«

      »Nun, das ist gut so, mein lieber Eddie, sehr sehr gut.«

      Hamerlaine öffnet eine Schublade, fördert eine Flasche Wodka und ein Glas zutage, schenkt sich zwei Fingerbreit ein und leert es auf einen Zug aus. Ed erscheint der Moment günstig, um die Atmosphäre etwas aufzulockern. Er fragt:

      »Haben Sie denn wieder angefangen zu trinken?«

      »Das lass ich mir nicht nehmen!«

      »Sollten Sie aber!«

      »Und warum?«

      »Sie sind doch gerade erst aus Mekka zurück, frisch geläutert, von allem reingewaschen. Der Herrgott ...«

      »Man muss Gott geben, was Gottes ist, den Rest behält man für sich.«

      Ed Dayem sinkt in sich zusammen.

      Zwischen den beiden Männern macht sich ein schier unerträgliches Schweigen breit.

      Der Alte verschränkt seine Wieselfinger unterm Kinn und betrachtet lange seinen Besucher. Plötzlich beginnt er zu erzählen:

      »Wenn Emma noch von dieser Welt wäre, ich glaube, ich würde sie mit Gold überschütten.«

      »Emma?«

      »Eine Puffmutter, die ich in den 1950ern kennengelernt habe. Alles, was ich bin, habe ich ihr zu verdanken. Nur ein Problem gab es mit ihr: Ich hatte bei ihr keine Chance, auch nur ein Wort zu platzieren, und sei es auch nur das Wörtchen ›Danke‹. – ›Vergiss nie, dass ich es bin, die dich aus der Gosse gezogen hat!‹, brüllte sie mich an. ›Du warst weiter nichts als ein Säufer, der nur so vor Fusel troff und den die Zuhälter wie einen räudigen Hund wegstießen. Du hast mir ALLES zu verdanken, dein

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