Der neue Dr. Laurin Box 2 – Arztroman. Viola Maybach

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Der neue Dr. Laurin Box 2 – Arztroman - Viola Maybach Der neue Dr. Laurin Box

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      Er zog sie in seine Arme und küsste sie. »Wie immer hast du Recht«, murmelte er. »In einer Stunde hätte ich sowieso aufstehen müssen.«

      Während er duschte, bereitete Antonia das Frühstück zu. Sie selbst hatte so früh noch keinen Appetit, aber sie wusste aus Erfahrung, dass Leon anders reagierte als sie.

      Er trank eine Tasse Kaffee und aß mit gutem Appetit eine Scheibe Brot, aber natürlich war er mit seinen Gedanken bereits in der Klinik. Sie störte ihn nicht beim Nachdenken.

      Endlich wandte er sich mit entschuldigendem Lächeln ihr zu. »Tut mir leid, ich bin nicht besonders unterhaltsam heute Morgen«, sagte er.

      »Das ist schon in Ordnung. Ich bin selbst aufgeregt wegen Herrn Flossbach.«

      Er betrachtete sie nachdenklich. »Wenn er den Anfall nicht bei euch in der Praxis gehabt hätte, sondern woanders …«

      Sie nickte. »Das war Glück für ihn«, sagte sie.

      »So wie für die verletzten Kinder nach dem Busunglück. Du weißt, ich war nicht begeistert von deinem Wunsch, noch einmal in den Beruf einzusteigen. Das war egoistisch von mir, ich habe vor allem daran gedacht, was ich verlieren würde, wenn du wieder arbeitest. Jetzt erst ist mir klar geworden, wie viel du bewirken kannst. Oder ihr, Frau Böhler und du. Ich muss gestehen, dass ich mich schäme für meine Engstirnigkeit.«

      »Du warst nicht begeistert, aber du hast mir auch keine Steine in den Weg gelegt. Und du hast mich nicht beschimpft, wie mein Vater.«

      »Trotzdem, ich schäme mich. Und was deinen Vater angeht, so …«

      Antonia winkte ab. »Lass uns nicht über ihn reden, das verdirbt mir nur die Laune. Ich warte ab, bis mein Zorn auf ihn sich etwas abgekühlt hat. Vielleicht bin ich dann bereit, wieder mit ihm zu reden. Aber so weit ist es noch längst nicht.«

      »Trotz allem: Er ist dein Vater.«

      »Und ich bin seine Tochter«, erklärte Antonia heftig. »Er hätte auch einfach stolz auf mich sein und mich unterstützen können – und das gilt für damals wie für heute.«

      Leon lächelte. »Gut, wir reden heute wirklich besser nicht über ihn.« Er hatte in der Zwischenzeit seine zweite Tasse Kaffee getrunken und eine weitere Scheibe Brot gegessen.

      Als er sich die dritte Tasse einschenkte, erschien Konstantin. »Habe ich doch richtig gehört«, sagte er. »Wieso frühstückt ihr schon? Es ist noch nicht mal halb sechs.«

      »Wegen einer schwierigen Operation, der ersten unserer neuen Neurochirurgin«, erklärte Leon.

      »Das heißt, du operierst gar nicht selbst?«

      »Neurochirurgie gehört nicht zu meinen Fachgebieten«, erwiderte Leon lächelnd. »Ich fand das immer interessant, aber als Gynäkologe und Chirurg bin ich ausgelastet.« Er stand auf. »Ich bin früh dran, aber ich mache mich auf den Weg.«

      Er küsste Antonia, schlug seinem ältesten Sohn freundschaftlich auf die Schulter und verließ das Haus.

      »Dann dusche ich mal«, sagte Konstantin. »Schlafen kann ich jetzt doch nicht mehr.«

      Antonia sah ihm nach, wie er langsam wieder nach oben ging. Täuschte sie sich oder hätte er gern mit seinen Eltern über das geredet, was ihn offenbar seit längerem bewegte?

      »Konny?«

      Er drehte sich um, sehr langsam. »Ja?«

      Etwas Abweisendes lag jetzt in seiner Stimme und seinem Blick, das sie warnte, die Frage zu stellen, die ihr auf der Zunge lag. Sie sprang auf und ging auf ihn zu. Es tat ihr weh zu sehen, wie sich sein Körper anspannte, als müsste er eine Gefahr abwenden. Sie umarmte ihn trotzdem. »Nichts weiter«, flüsterte sie. »Ich wollte dich nur mal wieder in den Arm nehmen. Und nun geh dich duschen.«

      Sein Körper wurde weich, er erwiderte ihre Umarmung und als sie ihn losließ, war das Abweisende in seinem Blick verschwunden. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und kehrte an den Frühstückstisch zurück.

      »Mama?«

      »Ja?«

      »Danke.« Er drehte sich um und rannte nach oben.

      *

      Linda stand sehr aufrecht hinter dem Patienten, der auf einem Stuhl vor ihr saß. Seinen geöffneten Schädel hatte sie direkt vor sich, über einen Monitor konnte sie verfolgen, wo sie das Skalpell ansetzen musste. Eckart Sternberg stand neben ihr, gespannt wie eine Feder vor Aufmerksamkeit und Konzentration. Sie näherten sich der kritischen Phase der Operation. Einen Teil des Tumors hatte sie schon aus dem Hirn geschält, nun kam die Stelle, an der er sich so eingenistet hatte, dass er nur unter Schwierigkeiten zu erreichen war.

      Im Operationssaal war es so still, dass sie ihren eigenen Atem hören konnte. Die Geräte surrten leise, ab und zu raschelte ein Kittel oder eins der Instrumente gab ein leises Klingen von sich, aber sonst war es still. Sie kannte Kollegen, die bei Opernmusik operierten, das wäre ihr unmöglich gewesen, weil es sie abgelenkt hätte. Sie dachte auch nicht darüber nach, wer der junge Mann war, in dessen geöffneten Kopf sie hineinsah, und was er ihrer Nichte Selina bedeutete. Sie schaltete alles aus, was nicht unmittelbar mit der Aufgabe zu tun hatte, die sie bewältigen musste.

      Millimeter für Millimeter schob sie das Skalpell weiter. Ihre Hand war vollkommen ruhig, sie wusste, dass sie sich kein Zittern erlauben durfte, keine noch so kleine Abweichung vom Wege.

      Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, dachte sie und bat mit halblauter Stimme: »Reden Sie mit mir, Herr Flossbach.«

      »Was … was soll ich denn sagen?«

      »Oh, sagen Sie mir, was Sie sehen. Oder zählen Sie, das wäre auch gut.«

      Sie hatte dem jungen Mann erklärt, warum sie ab einem bestimmten Zeitpunkt während des Eingriffs mit ihm reden würde: So konnte sie ihre Arbeit am besten kontrollieren. Er war bei der Aussicht, die Operation bei vollem Bewusstsein zu erleben, zunächst erschrocken gewesen, obwohl sie ihm erklärt hatte, dass er keinerlei Schmerzen verspüren würde. Aber letzten Endes hatte wohl auch das zu seiner Entscheidung beigetragen, sich operieren zu lassen: Ein plötzliches Erwachen unter Schmerzen war bei diesem Eingriff nicht möglich.

      Er begann stockend zu zählen, sie atmete auf. Als er jedoch bei ›dreizehn‹ angekommen war, verstummte er.

      »Herr Flossbach?«, fragte Linda und dann noch einmal: »Herr Flossbach?«

      Hatte sie etwas falsch gemacht? Aber auf dem Monitor sah alles gut aus. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie verstand nicht, was hier vor sich ging.

      »Herr Flossbach?«

      »Entschuldigung, vierzehn«, sagte Miro Flossbach nach einer Pause, die ihr sehr lang erschienen war. »Fünfzehn …«

      Lindas Herz war ins Stolpern geraten, nun schlug es weiter, schneller als zuvor, aber regelmäßig, und allmählich fand es seinen Takt wieder.

      Sie erlaubte sich einen kurzen Blickwechsel mit Leon Laurin, dann setzte sie ihre Arbeit fort.

      *

      Eine

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