Der neue Dr. Laurin Box 2 – Arztroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der neue Dr. Laurin Box 2 – Arztroman - Viola Maybach страница 16
Sie hörten Flora rufen, die ja an diesem Tag nicht zur Schule gehen würde. Eine Nachbarin hatte sich bereiterklärt, auf sie aufzupassen, während ihre Eltern in der Klinik waren.
»Papa!« Die Kleine strahlte, als sie nicht nur ihre Mutter, sondern auch ihren Vater hereinkommen sah. »Ich habe ein Loch im Kopf!«
Rainer gab ihr einen Kuss. »Ja, das habe ich gehört, deshalb bin ich ja gleich gekommen. Möchtest du Frühstück ans Bett gebracht kriegen?«
»Ja!«, sagte Flora. »Kommt Miro mit euch nach Hause?«
»Das hoffen wir, die Ärzte sagen uns heute, warum er in letzter Zeit manchmal Kopfschmerzen hatte.« Von Miros Krampfanfall wusste Flora noch immer nichts. Solange sie selbst keine Informationen hatten, was zu diesem Anfall geführt hatte, wollten sie mit ihrer kleinen Tochter nicht darüber reden.
Nachdem Flora gefrühstückt und ihrem Papa genau beschrieben hatte, was am vergangenen Tag passiert war, kam die Nachbarin herüber, und Anke und Rainer machten sich auf den Weg zur Kayser-Klinik.
Flora hatte sie beide von dem abgelenkt, was vor ihnen lag, doch jetzt gab es diese Ablenkung nicht mehr, und schon war die Angst wieder da, die Enge in der Brust, die trockene Kehle. Rainer musste seine Frau nur ansehen, um zu wissen, dass sie das Gleiche fühlte wie er. Also griff er griff nach ihrer Hand und drückte sie.
Sie erwiderte den Druck, schaffte es sogar, ihm kurz zuzulächeln.
*
Linda war das Herz schwer, als sie sich auf den Weg zu Miro Flossbachs Zimmer machte. Situationen wie die, die ihr bevorstand, gehörten zu den schlimmsten im Berufsalltag von Ärzten, und es gab kein Mittel, den Schrecken, den sie gleich verbreiten würde, zu mildern. Sie musste sagen, was zu sagen war.
Sie klopfte kurz, bevor sie das Zimmer betrat. Beide Eltern des jungen Patienten waren da und sahen ihr so voller Hoffnung, vermischt mit Angst, entgegen, dass sie spürte, wie die Last des vor ihr liegenden Gesprächs noch größer wurde. Gleich nach ihr kam Leon, worüber sie froh war.
»Frau Dr. Erdem ist Neurochirurgin«, begann er das Gespräch, »mit ihr zusammen haben wir gestern die Aufnahmen von Ihrem Kopf studiert, Herr Flossbach. Sie wird Ihnen erläutern, was diese Aufnahmen ergeben haben.«
Linda nickte ihm kurz zu, bevor sie mit ruhiger Stimme sagte: »Wir haben gute und leider auch weniger gute Nachrichten für Sie. Der Krampfanfall, den Sie erlitten haben, Herr Flossbach, wurde durch einen Hirntumor hervorgerufen.«
Anke Flossbach stieß einen leisen Schrei aus, ihr Mann streckte sofort den Arm aus und legte ihr eine Hand auf die Schulter, dabei sah er selbst nicht weniger entsetzt aus als seine Frau. Der junge Patient hingegen gab keinen Laut von sich, nur seine Augen verrieten den Schrecken, den er angesichts dieser Nachricht empfand.
»Der Tumor ist auch für die Kopfschmerzen verantwortlich, von denen Sie uns berichtet haben – und für die Sehstörungen. Es ist, und jetzt kommt die gute Nachricht, ein gutartiger Tumor, sehr klar abgegrenzt von seiner Umgebung. Normalerweise lässt sich ein solcher Tumor gut operieren.«
»Normalerweise?« Rainer Flossbach räusperte sich, er war sehr blass, seine Stimme klang zittrig. »Aber nicht in diesem Fall? Wollen Sie das damit sagen?«
»Leider ja.«
Linda führte aus, was der Sitz des Tumors bedeutete und welche Risiken mit einer Operation verbunden waren. »Entscheiden Sie sich aber gegen eine Operation, werden Ihre Beschwerden immer schlimmer werden, und Ihre Chancen auf Heilung sind gleich null.«
»Das heißt«, sagte Rainer Flossbach langsam, »es ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera?«
»Ganz so ist es nicht, es kann ja auch alles gut gehen.«
»Aber die Chancen dafür stehen schlecht.«
»Die Möglichkeit, dass die Operation kein Erfolg wird, besteht, das muss ich in aller Deutlichkeit sagen. Ich will Ihnen nichts vormachen, so sieht es leider aus. Andererseits würde ich den Eingriff nicht empfehlen, wenn ich ihn von vornherein für aussichtslos halten würde. Ich glaube, dass ich es schaffen kann, den Tumor vollständig zu entfernen und zwar so, dass nichts in Ihrem Gehirn beschädigt wird. Nur eine Garantie dafür kann und werde ich nicht abgeben.«
Anke und Rainer Flossbach waren so blass geworden, dass Leon aufsprang und zwei Gläser mit Wasser füllte, die er ihnen reichte. »Trinken Sie das, damit Sie uns hier nicht umfallen«, bat er.
Sie dankten ihm, tranken das Wasser, ließen dabei aber ihren Sohn nicht aus den Augen. Auch Linda hatte ihn die ganze Zeit beobachtet. Noch hatte er kein einziges Wort von sich gegeben.
»Es ist dein Leben, Miro, also auch deine Entscheidung«, sagte sein Vater schließlich.
Miro Flossbach schüttelte sehr langsam den Kopf. »Das hat mit Entscheidung nichts zu tun. Ihr wisst, dass ich mich nicht operieren lassen werde. Ich kann das nicht, auf gar keinen Fall.«
Linda beugte sich vor. Hatte sie sich nicht deutlich genug ausgedrückt? Oder zu deutlich? Hatte sie die Gefahren überbetont, dafür aber die Vorteile einer Operation nicht klar genug hervorgehoben? »Was meinen Sie damit, Herr Flossbach? Wenn Sie sich nicht operieren lassen …«
Er unterbrach sie. »Es geht einfach nicht, mehr möchte ich dazu nicht sagen. Ich habe genau verstanden, was Sie gesagt haben, meine Entscheidung hat nichts mit Ihren Worten oder mit Ihnen zu tun, Frau Doktor. Ich lasse mich auf keinen Fall operieren.«
Nicht nur Linda, auch Leon wandte sich den Eltern zu, mit fragend hochgezogenen Augenbrauen, aber Anke und Rainer gaben mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfschütteln zu verstehen, dass sie nicht reden würden, wenn ihr Sohn das nicht wünschte.
Leon sah, dass Linda wie vor den Kopf geschlagen war, weil sie trotz der Worte des Patienten offenbar dachte, seine Ablehnung hätte etwas mit der Art und Weise zu tun, in der sie die möglichen Folgen des Eingriffs erklärt hatte.
Also machte er seinerseits einen Vorstoß. »Herr Flossbach«, begann er, sich an Miro wendend, doch der junge Mann hob abwehrend beide Hände.
»Bitte, ich möchte nicht mehr darüber diskutieren«, sagte er. »Und ich wäre jetzt gern allein. Ganz allein.« Sich an seine Eltern wendend, sagte er: »Bitte, geht nach Hause, ich kann jetzt nicht reden, und ihr könnt mir nicht helfen.«
Linda und Leon fühlten sich so überrumpelt wie offenbar die Eltern ihres Patienten, die sich mit Tränen in den Augen erhoben, aber nicht versuchten, ihren Sohn umzustimmen.
Sie verließen das Zimmer zu viert.
Bevor ihnen die beiden Ärzte weitere Fragen stellen konnten, sagte Rainer Flossbach hastig: »Bitte, wir können nicht mit Ihnen reden, hinter Miros Rücken.«
»Aber was wird denn jetzt mit ihm?«, fragte Anke Flossbach. Ihr liefen Tränen über die Wangen. »Kann er noch hierbleiben? Oder sollen wir auf ihn warten, damit wir ihn mit nach Hause nehmen können? Und was soll dann werden?«
Ihr Mann nahm sie in die Arme, sie fing laut an zu schluchzen.
»Ihr Sohn«, sagte Linda mit erzwungener Ruhe, »sollte auf jeden