Der neue Dr. Laurin Box 2 – Arztroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der neue Dr. Laurin Box 2 – Arztroman - Viola Maybach страница 3
Sie sah ihn ängstlich an. »Aber du hast Flora jetzt schon zwei Mal zur Ballettstunde gebracht und wieder abgeholt. Ich weiß doch, dass du eigentlich lernen müsstest. Deshalb dachte ich, ich übernehme das am Donnerstag wieder.«
»Ich schaffe das schon, mach dir mal um mich keine Sorgen«, sagte Miro. »Das Wichtigste ist, dass du wieder auf die Beine kommst, also tu mir den Gefallen und leg dich wieder hin.«
»Koch uns einen Tee, ja?«, bat Anke. »Ich würde gerne noch einen Moment hier sitzen bleiben.«
Miro setzte also Teewasser auf. Ihm selbst ging es auch nicht besonders gut, er fühlte sich seltsam schlapp und bekam neuerdings immer mal wieder Kopfschmerzen. Er konnte nur hoffen, dass seine Mutter ihn nicht angesteckt hatte. Eine Grippe konnte er zurzeit überhaupt nicht gebrauchen.
Das Studium machte ihm Spaß, dennoch fühlte er sich an der Universität nicht rundum wohl. Es war eine Welt, in die er eigentlich nicht gehörte, so empfand er es. Er war mit Eltern groß geworden, die keine Bücher lasen, die immer dort einkauften, wo es gerade am preisgünstigsten war, weil sie jeden Euro, den sie mühsam verdient hatten, mehrmals umdrehten, bevor sie ihn ausgaben. Eltern, die beide seit Jahren davon träumten, sich einmal einen günstigen Urlaub auf Mallorca leisten zu können, wo sie zwei Wochen lang nichts anderes tun wollten als schlafen, gut essen, schwimmen und in der Sonne liegen. Es war nicht absehbar, wann sie sich diesen Urlaub würden leisten können.
Sie waren die besten Eltern der Welt, davon war er überzeugt. Sie stritten sich kaum jemals, waren liebevoll zu ihren beiden Kindern, und sie hatten, als er noch ein Einzelkind gewesen war, alles getan, um ihm möglichst viele seiner Wünsche zu erfüllen. Er wusste, wie stolz sie darauf waren, dass er jetzt ein Student war. Und dass Flora die Beste in ihrer Ballettschule war.
Er holte zwei Becher aus dem Schrank, dazu die Zuckerdose und etwas Milch, stellte alles auf den Tisch und brühte den Tee auf. Sein Vater war Kaffeetrinker, aber seine Mutter stammte aus Ostfriesland, dort wurde Tee getrunken. Miro trank auch lieber Tee.
Er schenkte ein, nachdem er Kandis in die Becher gegeben hatte. Dann kam das Wölkchen Milch dazu.
»Das tut gut«, sagte seine Mutter nach dem ersten Schluck. »Ob du es glaubst oder nicht: Ich fühle mich schon besser.«
»Leg dich doch mal in die Badewanne«, schlug Miro vor. »Wasch dir die Haare, creme dich hinterher ein. Früher hast du immer gesagt, nach einem schönen Bad fühlst du dich wie neugeboren.«
»Gar nicht schlecht, die Idee. Ich fühle mich so verklebt und … irgendwie alt und hässlich.«
»Ich lass dir das Bad ein«, beschloss Miro, sprang erneut auf und eilte ins Bad.
Als er zu seiner Mutter zurückkehrte, lächelte sie ihn an. »Du bist ein guter Junge«, sagte sie.
»Ich bin kein Junge mehr, Mama.«
»Weiß ich, aber mein Junge bist du auch noch, wenn du mal so alt bist wie ich jetzt.«
»Wo ist Flo eigentlich?«
»Bei ihrer neuen Freundin, wo sonst?«
»Ida?«
Anke nickte. »Deren Papa ist Professor, aber ich muss sagen, dass Ida total nett ist, kein bisschen eingebildet. Die hat auch nicht komisch geguckt, als sie gehört hat, dass ich im Supermarkt an der Kasse sitze. Das ist nicht bei allen so, die ihre Kinder in diese Ballettschule schicken. Ich bin froh, dass Flo in Ida eine Freundin gefunden hat, die sie auch verteidigt, wenn die anderen blöd reden.«
»Machen sie das denn?«
»Ach, Junge«, sagte Anke, »du weißt doch, wie Kinder sind. Die lernen schon früh, was zählt im Leben – dicke Autos, viel Geld, Markenkleidung und Eltern, die tolle Jobs haben. Da hat unsere Kleine wenig zu bieten.«
»Sie ist ein tolles Mädchen, und das hat sie euch zu verdanken«, sagte Miro. »Und jetzt verzieh dich ins Bad, Mama. Kommt Papa heute noch?«
»Er will es versuchen, es kann aber spät werden.«
»Ich muss noch ein Referat schreiben, ich setze mich dann mal dran.«
»Danke für das Bad. Und den Tee.«
Anke stand langsam auf, musste sich aber noch einmal an der Tischkante abstützen.
»Ich sehe gleich noch mal nach dir. Das Wasser ist nicht sehr heiß, damit du mir nicht schlapp machst.«
Anke mühte sich ein Lächeln ab. »Schlapp bin ich doch schon!«
Als sie gegangen war, räumte Miro das Teegeschirr weg, dann setzte er sich in das kleine Zimmer, das er für sich allein hatte. Es würde Floras Zimmer werden, sobald er sein Studium beendet hatte und sich eine eigene Wohnung leisten konnte. Aber Flora beteuerte ihm immer wieder, es mache ihr nichts aus, im Wohnzimmer auf dem Sofa zu schlafen. »Ich will nicht, dass du ausziehst, Miro. Ich will gerne ein eigenes Zimmer haben, aber wenn du dafür ausziehen musst, schlafe ich lieber weiter auf dem Sofa.«
Er setzte sich an seinen Laptop und las, was er zuletzt geschrieben hatte. Nach einer Viertelstunde klopfte er an die Badezimmertür, um sich zu vergewissern, dass mit seiner Mutter alles in Ordnung war.
Sie öffnete sie von innen, in ein großes Handtuch gehüllt, die Haare noch feucht. Ihre Wangen waren rosig, sie sah viel besser aus. »Das hat gutgetan, danke, mein Großer.« Sie küsste ihn auf beide Wangen. »Ich lege mich gleich wieder hin, ich glaube, ich schlafe noch eine Runde, jetzt bin ich richtig schön müde.«
Froh über ihre Worte kehrte er in sein Zimmer zurück. Bald darauf hörte er, wie seine Mutter das Bad verließ und ins Schlafzimmer ging. Dann war nichts mehr zu hören.
Er fing an zu schreiben.
*
»Du hast die Kinder überzeugt, was soll denn da jetzt noch schiefgehen?«, fragte Lili Daume, als sie das Gesicht ihres großen Bruders sah, der vor dem Spiegel stand und sich anstarrte, als hätte er sich noch nie zuvor gesehen. »Ich verstehe nicht, wieso du dich so aufregst. Der Käse ist doch im Grunde längst gegessen.«
»Das glaube ich eben nicht. Die beiden sind Ärzte, Lili«, erwiderte Simon. »Herr Dr. Laurin leitet die Kayser-Klinik, Frau Dr. Laurin hat eine eigene Kinderarztpraxis. Das Haus ist riesig, es kam mir wie ein Palast vor, verglichen mit unserer Wohnung.«
»Verglichen mit unserer Wohnung könnte man viele Häuser als Paläste bezeichnen«, erwiderte Lili trocken. »Na, und?«
»Der Garten ist eher ein Park. Sie haben schöne Möbel, alte und neue, an den Wänden hängen richtige Bilder, keine Plakate wie bei uns. Sie haben ein Zimmer, das aussieht wie eine Bibliothek, so viele Bücher stehen da in den Regalen. Es ist einfach so …« Er unterbrach sich für mehrere Sekunden, bevor weitersprach. »Es ist so, dass ich ein solches Haus noch nie zuvor von innen gesehen habe. Das schüchtert mich ein. Ich weiß nicht, ob ich dem gewachsen bin. Ich bin eigentlich schon selbstbewusst, glaube ich, aber so eine Umgebung, ich weiß nicht, ob ich da arbeiten kann.«
»Klar kannst du«, sagte Lili ungerührt. »Du bist unser großer Bruder, du kannst alles. Du konntest sogar ein Menü zaubern, das die Eltern aus den Socken gehauen hat. Schon vergessen? Und vier Teenager zu beeindrucken ist auch nicht so einfach,