Der neue Dr. Laurin Box 2 – Arztroman. Viola Maybach

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Der neue Dr. Laurin Box 2 – Arztroman - Viola Maybach Der neue Dr. Laurin Box

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wird das anders sein. Ich sehe mich schon in deren elegantem Wohnzimmer sitzen und herumstottern, weil mich zwei solche Respektspersonen so einschüchtern, dass ich keinen ganzen Satz herausbringe. Du kannst das einfach nicht beurteilen, weil du noch nicht dort gewesen bist. Glaub mir, es ist der Hammer!«

      Die zwölfjährige Lisa erschien an der Tür, ihre jüngste Schwester. Lisa hatte Simon nach dem Tod ihrer Eltern die meisten Sorgen bereitet. Sie war in der Schule nicht mehr mitgekommen, schüchtern und völlig verängstigt gewesen. Erst seit sie wussten, dass sie eine Lese-Rechtschreibschwäche hatte und seit er sie mehrmals zu einer Psychologin begleitet hatte, wachte sie nachts nicht mehr schreiend auf oder weinte vor Angst, wenn sie mal für kurze Zeit allein bleiben sollte. Und sie geriet nicht mehr ständig in Panik, weil sie glaubte, auch Simon und Lili würden sterben und sie ganz allein auf dieser Welt zurücklassen.

      Sie ging auf ihren großen Bruder zu und umarmte ihn. »Die nehmen dich«, sagte sie ganz ruhig. »Wenn sie dich sehen und mit dir reden, nehmen sie dich. Zwei Ärzte sind nämlich bestimmt nicht blöd, und deshalb erkennen sie auch, wie toll du bist.«

      Lili grinste über das ganze Gesicht. »Bravo, Lisa, besser hätte ich es auch nicht sagen können. Und jetzt hau ab, Simon, wenn du nämlich noch lange vor dem Spiegel stehst und dich anstarrst wie ein Gespenst, machst du dich nur noch mehr verrückt, das bringt nichts. Und sag den Laurins, wenn sie dich nicht nehmen, bekommen sie es mit zwei wütenden Schwestern zu tun.«

      Simon konnte nicht anders, er musste lachen, aller Anspannung zum Trotz. »Dann macht’s mal gut, ihr beiden«, sagte er, umarmte seine Schwestern noch einmal und verließ die Wohnung. Letzten Endes: Was konnte schon passieren? Wenn sie ihm den Job nicht gaben, würde er doch sogar erleichtert sein, weil ihn das Haus so eingeschüchtert hatte. Oder etwa nicht?

      »Nein, eher nicht«, murmelte er.

      Er gab es ungern zu, aber seit er in dieser fantastisch ausgestatteten und sehr aufgeräumten Küche sein erstes Menü für die Familie gekocht hatte, wollte er den Job unbedingt haben, obwohl er sich eingeschüchtert und ein bisschen ängstlich fühlte.

      Also: Auf in den Kampf!

      *

      »Schläft Mama?«, fragte Flora, als sie nach Hause kam und leise Miros Zimmer betrat. »Ich habe ins Schlafzimmer geguckt, aber sie hat nichts davon gemerkt.«

      »Hallo, Flo. Ja, sie schläft, sie hat ein Bad genommen, danach ging es ihr ein bisschen besser. Wie war’s bei deiner Freundin?«

      Flora strahlte. »Ganz toll. Zuerst haben wir gespielt, aber dann haben wir die Schritte geübt, die wir neu gelernt haben. Willst du mal sehen?«

      »Unbedingt.«

      Flora stellte sich in Positur, ganz aufrecht, den Kopf erhoben. Sie war ein zartes Kind mit feinen Gesichtszügen und großen blauen Augen. Ihre schönen Haare hatte sie, wie beim Ballett üblich, streng zurückgebunden und zu einem Knoten geschlungen. Normalerweise trug sie ihre blonden Locken offen.

      In einer anmutigen Geste hob sie die Arme, und dann vollführte sie mit großem Ernst einige Schritte, die irgendwie lustig aussahen, aber er hütete sich, das laut zu sagen. Wenn es ums Ballett ging, war Flora empfindlich.

      »Sieht sehr elegant aus«, bemerkte er, als sie ihn auffordernd ansah.

      »Das waren Katzenschritte«, sagte sie. »Auf Französisch heißt das ›pas de chat‹, das spricht man ›padöscha‹ aus. Wusstest du das?«

      »Ja, ich glaube, das habe ich mal gelernt«, sagte Miro.

      »Schön, nicht? Wenn man Musik dazu hört, ist es noch schöner.«

      »Ich hoffe, ich darf irgendwann mal bei euch in der Schule zugucken, wenn ihr übt«, sagte er. »Als ich dich letztes Mal abgeholt habe, war die Tür zur, und ich habe mich nicht getraut, sie zu öffnen. Die anderen, die da waren, um ihre Kinder abzuholen, haben sich auch nicht getraut.«

      »Du wärst sonst auch ausgeschimpft worden«, erklärte Flora. »Wir müssen uns nämlich immer ganz stark konzentrieren, weil wir sonst keine Fortschritte machen.«

      »Aber irgendwann kann man euch doch mal tanzen sehen, oder?«

      »Oh ja, es wird eine Aufführung geben. Aber da tanze ich wahrscheinlich nur ganz hinten, weil wir ja erst angefangen haben.«

      Sie hörten, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Flora rannte in den Flur. »Papa!«

      Rainer Flossbach breitete beide Arme auf und fing seine kleine Tochter auf. Anke und er waren zuerst bestürzt gewesen über die späte, unerwartete Schwangerschaft, aber wie froh waren sie jetzt über dieses Kind! Flora hatte zwar alle Planungen über den Haufen geworfen, aber es gab keinen Tag, an dem Anke und er nicht dankbar für ihre Tochter waren – vor allem jetzt, da Miro nicht mehr lange bei ihnen sein würde.

      »Schläft Mama?«

      »Sie hat gebadet und war danach müde, hat Miro gesagt. Da hat sie sich noch mal hingelegt.«

      »Müde bin ich auch«, gestand Rainer, »leider muss ich morgen schon wieder los. Aber nach der nächsten Tour habe ich eine ganze Woche frei und kann mich mal richtig ausschlafen. Und nachmittags können wir zusammen etwas unternehmen.«

      Auch Miro kam jetzt in den Flur. »Hallo, Papa, das ist ja toll, dass du schon da bist.«

      Er umarmte seinen Vater.

      »Ja, das ist schön, aber der Preis dafür ist hoch: Die haben mir für morgen noch eine Tour aufgedrückt. Ich dachte ja eigentlich, ich hätte morgen schon frei, aber ein Kollege ist krank geworden, ich konnte mich nicht drücken.« Er schnupperte. »Was duftet denn hier so gut?«

      »Brathähnchen«, sagte Miro. »Mama hatte auch Lust drauf, da habe ich welche gekauft und in den Backofen geschoben.«

      »Ich dusche noch schnell, bevor ich eure Mutter begrüße – ich bin zwölf Stunden durchgefahren, um schneller hier zu sein.«

      Rainer verschwand im Bad, und Miro ging in die Küche, um sich ums Essen zu kümmern. Während der Krankheit seiner Mutter war das seine Aufgabe gewesen. Er konnte nur ein paar Gerichte, aber die immerhin ganz gut. Zum Glück war Flora keine anspruchsvolle Esserin, und seine Mutter hatte ohnehin kaum Appetit gehabt. Wenn sich das jetzt wieder änderte, war sie also offenbar doch endlich auf dem Weg der Besserung.

      Als Rainer aus dem Bad kam, weckte er seine Frau, und zum ersten Mal seit längerer Zeit saßen sie wieder zu viert am Tisch. Flora erzählte von ihrer Ballettschule, Rainer berichtete von ein paar eher lustigen Begebenheiten von seiner letzten Fahrt, Anke und Miro beschränkten sich mehr oder weniger aufs Zuhören.

      Zum ersten Mal bekam Miro Angst vor der Zukunft. Das hier war seine Familie, er fühlte sich geborgen, wenn er mit diesen drei Menschen zusammen war. Aber sobald er sein Studium beendet hatte, würde er nicht mehr hier wohnen, seine Eltern und seine kleine Schwester nicht mehr regelmäßig sehen, sich ein eigenes Leben aufbauen müssen.

      Noch konnte er es sich nicht vorstellen.

      *

      Es war wie beim ersten Mal: Als Simon das Haus sah, drohte ihn der Mut zu verlassen, aber er riss sich zusammen. Seine Schwestern erwarteten von ihm, dass er es schaffte, nach den Kindern auch die Eltern Laurin von sich und seinen Fähigkeiten zu

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