Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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aqua effusus sum. (Ich bin ausgeschüttet wie Wasser.) Psalm XXII, 15 – Omnes morimur et quasi dilabimur in terram. (Wir sterben des Todes, und wie das Wasser in die Erde verschliefet, das man nicht aufhältII. Reg. (Samuel) 14, V. 14.] Kehre um, noch ist es Zeit, kehre um, meine Julie, von diesem verderblichen Irrthum. Laß deine Pläne fahren und sei glücklich! Komm, meine Seele du, komm, in den Armen deines Freundes die beiden Hälften unseres Wesens zu vereinigen: komm, um im Angesichte des Himmels, der unsere Flucht leite und Zeuge unserer Schwüre sei, einander Treue in Leben und Tod zu schwören. Du, o, ich weiß es wohl, du hast nicht nöthig, daß man dich über die Furcht vor Dürftigkeit erst noch beruhige. Laß uns glücklich und arm sein, ach! welchen Schatz werden wir gewonnen haben! Aber laß uns nicht der Menschheit diesen Schimpf anthun, zu glauben, daß die ganze Erde keinen Zufluchtsort für zwei unglücklich Liebende haben werde. Ich habe Arme, ich bin rüstig; das mit unserer Arbeit erworbene Brot wird dir köstlicher dünken als die Leckerbissen der Schmäuse. Kann eine Mahlzeit, welche die Liebe würzt, je unschmackhaft sein? O, meine zärtliche, theure Geliebte! sollten wir auch nur einen einzigen Tag glücklich sein, willst du denn dieses kurze Leben verlassen, ohne das Glück geschmeckt zu haben?

      Ich habe Ihnen nur noch Ein Wort zu sagen, Julie! Sie kennen den alten Dienst des Felsens der Leucate, der letzten Zuflucht so vieler unglücklich Liebenden. Dieser Ort hier gleicht ihm in vieler Hinsicht: der Felsen ist steil, das Wasser ist tief und ich bin in Verzweiflung.

      Siebenundzwanzigster Brief.

       Von Clara.

       Inhaltsverzeichnis

      Mein Schmerz läßt mir kaum Kraft genug, Ihnen zu schreiben. Ihr Unglück und das meinige ist auf dem Gipfel. Die liebenswürdigs Julie ist in den letzten Zügen und hat vielleicht nur noch zwei Tage zu leben. Die Anstrengung, welche es sie kostete, Sie von sich zu entfernen, machte zuerst ihre Gesundheit wankend; die Unterredung mit ihrem Vater in Betreff Ihrer fügte neue Erschütterungen hinzu: anderer späterer Kummer hat ihre Aufregung gesteigert und Ihr letzter Brief hat das Uebrige gethan. Er hat sie so ergriffen, daß sie nach einer in fürchterlichem Kampfe hingebrachten Nacht gestern in ein hitziges Fieber verfiel, welches beständig im Wachsen blieb und sie endlich zum Phantasiren gebracht hat. In diesem Zustande nennt sie Sie jeden Augenblick und spricht von Ihnen mit einer Heftigkeit, welche zeigt, wie sehr sie mit Ihnen beschäftigt ist. Man hält ihren Vater so viel möglich fern; dieses beweist hinlänglich, daß meine Tante Verdacht geschöpft hat: sie hat mich sogar mit Unruhe gefragt, ob Sie noch nicht zurück wären, und ich sehe, daß da die Gefahr ihrer Tochter für den Augenblick jedes andere Bedenken ausschließt, sie Sie nicht ungern hier sehen würde.

      Kommen Sie also ohne Verzug. Ich habe dieses Boot expreß gemiethet, um Ihnen diesen Brief zu bringen; es ist zu Ihrem Befehl, bedienen Sie sich desselben, um herüber zu kommen, und vor allen Dingen, verlieren Sie keinen Augenblick, wenn Sie die zärtlichste Geliebte, die je gelebt hat, noch sehen wollen.

      Achtundzwanzigster Brief.

       Julie an Clara.

       Inhaltsverzeichnis

      Wie verbittert mir deine Abwesenheit das Leben, das du mir wieder geschenkt hast! Welche Genesung! Eine Leidenschaft, fürchterlicher als das Fieber und die Irre reißt mich ins Verderben hin. Grausame! Du verlässest mich, da ich deiner am meisten bedarf; auf acht Tage hast du mich verlassen, du wirst mich vielleicht nie wiedersehen. O, wenn du wüßtest, was mir der Unsinnige anzutragen wagt! .... Und mit welchem Tone! Fliehen! Ihm folgen! Eine Entführung! .... Der Unselige! .... Ueber wen beklage ich mich? Mein Herz, mein schnödes Herz treibt mich hundertmal mehr dazu als er .... Großer Gott! wie würde es erst sein, wenn er Alles wüßte? er würde wüthen, ich würde fortgerissen werden, ich müßte fort .... Ich bebe ....

      Endlich hat mich mein Vater denn verkauft! er macht aus seiner Tochter eine Waare, eine Sklavin! er trägt seine Schuld auf meine Kosten ab! er bezahlt sein Leben mit dem meinigen! .... denn, das fühle ich wohl, ich werde es nicht überleben .... Hartherziger, unnatürlicher Vater! Verdient er .... Was! Verdienen! er ist der beste der Väter, er will seine Tochter mit seinem Freunde verbinden, das ist sein Verbrechen. Aber meine Mutter, meine zärtliche Mutter! was hat sie mir zu Leide gethan? .... Ach, viel, sie hat mich zu sehr geliebt, sie hat mich ins Verderben gebracht.

      Clara, was werde ich thun? was wird aus mir werden? Hans kommt nicht. Ich weiß nicht, wie ich dir diesen Brief schicken soll. Ehe du ihn empfängst .... ehe du zurück bist .... wer weiß? .... flüchtig, umherirrend, entehrt .... es ist aus, die Entscheidung ist da. Ein Tag, eine Stunde, ein Augenblick vielleicht .... Wer kann seinem Schicksale entgehen? .... Oh! An welchem Ort ich lebe und sterbe, in welchen finsteren Winkel ich meine Schande und Verzweiflung schleppe, Clara, vergiß deine Freundin nicht .... O Gott! Elend und Schmach verwandeln die Herzen Ach! Wenn je das meinige dich vergißt, muß es sehr verwandelt sein.

      Neunundzwanzigster Brief.

       Julie an Clara.

       Inhaltsverzeichnis

      Bleibe, o bleibe, komm nie zurück! du kommst zu spät. Ich darf dich nicht mehr sehen; wie könnte ich deinen Anblick aushalten?

      Wo warest du, meine süße Freundin, mein Schirm, mein Schutzengel? Du hast mich verlassen und ich bin vernichtet. Wie! war sie so nöthig, oder so dringend, diese unglückselige Reise? konntest du mich mir selbst überlassen in dem gefährlichsten Augenblicke meines Lebens? Was für Leid hast du mir bereitet durch diese sträfliche Versäumniß! Es wird ewig sein wie meine Thränen. Dein Verlust ist nicht weniger unersetzlich als der meinige, und eine andere Freundin, deiner werth, ist nicht leichter wieder zu erlangen als meine Unschuld.

      Was habe ich da gesagt, Elende ich? Ich kann nicht reden, nicht schweigen. Was nutzt schweigen, wenn das Gewissen schreit? Wirft nicht die ganze Welt mir meinen Fehltritt vor? Ist meine Schande nicht auf jedes Ding geschrieben? Wenn ich nicht mein Herz ausschütte in das deine, so muß ich ersticken. Und du, machst du dir keinen Vorwurf, leichtsinnige, allzu willfährige Freundin? Ach! warum verriethest du mich nicht? Deine Treue, deine blinde Freundschaft, deine unselige Nachsicht hat mich zu Grunde gerichtet.

      Welcher böse Geist hat es dir eingegeben, ihn zurückzurufen, den Grausamen, der mich in die Schande stürzt? Mußten seine verrätherischen Bemühungen mir das Leben wiedergeben, um es mir verhaßt zu machen? Möge er fliehen, auf ewig, der Barbar! O, rührte ihn ein Rest von Mitleid; käme er nicht, um meine Qualen durch seine Gegenwart zu verdoppeln; entsagte er dem wilden Triumph, sich an meinen Thränen zu letzen! Wehe! was rede ich? Ach, er ist nicht strafbar; ich, ich bin es, ich allein; all mein Unglück ist mein Werk, und ich habe Keinem etwas vorzuwerfen als nur mir. Aber das Laster hat schon meine Seele angefressen; das ist die erste seiner Wirkungen, daß es uns reizt, Anderen unsere Verbrechen aufzubürden.

      Nein, nein, nimmer war er fähig, seine Schwüre zu brechen. Sein tugendhaftes Herz weiß nichts von der verworfenen Kunst, das zu schänden, was er liebt. Ach, ohne Zweifel kann er besser lieben

      als ich, da er sich besser bezwingen kann. Hundertmal waren meine Augen Zeugen seiner Kämpfe und seines Sieges; die seinigen funkelten von der Glut seiner Begierden, er stürzte auf mich zu mit dem Ungestüm einer blinden Raserei, blieb plötzlich stehen: eine unübersteigliche Schranke schien sich um mich zu erheben, und niemals hätte seine ungestüme, aber gesittete Liebe sie niedergestürzt. Ich wagte dieses gefährliche

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