Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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... sie ist's, sie ist's! ich lausche, ich habe sie gesehen, ich höre die Thüre schließen. Herz, schwaches Herz, erliege nicht; ach, suche Kraft, die Wonne zu ertragen, die dich zermalmt.

      Fünfundfünfzigster Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      O, laß uns sterben, meine süße Freundin! laß uns sterben, Geliebte meines Herzens! Was hinfort beginnen mit einer unschmackhaften Jugend, deren Wonnen wir ganz erschöpft haben? Erkläre mir, wenn du kannst, was ich in dieser unbegreiflichen Nacht gefühlt habe; gieb mir den Begriff eines so verfließenden Lebens, oder laß mich aus demjenigen scheiden, welches nichts mehr von dem hat, was ich mit dir erfahren habe. Ich hatte die Freude geschmeckt und glaubte das Glück zu begreifen. Ach, ich hatte nur einen leeren Traum empfunden, und stellte mir nur ein kindisches Glück vor. Meine Sinne führten meine grobe Seele irre; ich suchte nur in ihnen das höchste Glück, und ich habe gefunden, daß ihre erschöpften Freuden erst der Anfang der meinigen waren. O einziges Meisterstück der Natur! göttliche Julie! köstlicher Besitz, für welchen alle Entzückungen der heißesten Liebe kaum genug sind! nein, es sind nicht diese Entzückungen, deren Entschwinden ich am meisten beklage, o nein, entziehe sie mir, wenn es sein muß, diese berauschenden Gunstbezeigungen, für welche ich tausend Leben hingeben würde; aber gieb mir alles das wieder, was nicht sie ist, was sie tausendmal in Schatten stellte. Gieb mir wieder diese enge Vereinigung der Seelen, die du mir verkündigt hattest, die du mir so ganz zu schmecken gabst; gieb mir wieder diese süße Ermattung, deren Frist die Ergießungen unserer Herzen ausfüllen; gieb mir wieder diesen bezaubernden Schlummer, den ich an deinem Busen fand; gieb mir wieder dieses noch köstlichere Erwachen und diese abgebrochenen Seufzer, und diese süßen Thränen, und diese Küsse, die wir in wollüstigem Schmachten langsam einsogen, und dieses Stöhnen der Zärtlichkeit, bei welchem du an dein Herz dieses zur Vereinigung mit dir geschaffene Herz drücktest.

      Sage, Julie, die du nach deinem eigenen Fühlen das des Anderen so gut beurtheilen kannst, glaubst du, daß das, was ich zuvor fühlte, wirklich Liebe war? Meine Gefühle, zweifle nicht daran, sind seitdem verwandelt; sie haben etwas minder Ungestümes angenommen, aber etwas Süßeres, Zärtlicheres, Lieblicheres. Gedenkst du dieser ganzen Stunde, die wir damit hinbrachten, still von unserer Liebe zu sprechen und von dieser dunkeln, furchtbaren Zukunft, deren Gedanke uns die Gegenwart noch mehr zum Gefühle brachte, dieser, ach, zu kurzen Stunde, in der ein leichter Anflug von Schwermuth unser Gespräch so rührend machte? Ich war ruhig, und doch war ich bei dir; ich betete dich an und hatte keine Begierde; ich konnte mir gar kein anderes Glück denken, als so dein Gesicht an dem meinigen zu fühlen, deinen Athem auf meiner Wange und deinen Arm um meinen Hals, Welche Stille in allen meinen Sinnen! welche reine, dauernde Lust durch mein ganzes Wesen! In der Seele war der Zauber des Genusses, er wich nicht von ihr, er war ewig. Welch ein Abstich von der Raserei der Liebe zu diesem friedlichen Zustande! Es ist das erste Mal in meinem Leben, daß ich ihn bei dir empfunden habe; und doch, denke, welche Verwandlung in mir vorgegangen, es ist von allen Stunden meines Lebens die, welche mir die liebste ist, die einzige, der ich ewige Dauer gewünscht hätte. [Frauen, die ihr euch zu leicht hingebt, wollt ihr wissen, ob ihr geliebt seid? Erforschet eueren Geliebten, wenn ihn euere Arme entlassen. O Liebe, wenn es mir um das Alter leid ist, in welchem man dich genießt, so ist es nicht der Stunde des Genusses wegen, sondern der Stunde wegen, die auf ihn folgt.] Julie, sage mir doch, ob ich dich denn zuvor nicht geliebt habe, oder ob ich jetzt dich nicht mehr liebe.

      Ob ich dich nicht mehr liebe? Ist das ein Zweifel? Habe ich denn aufgehört zu sein? und ist nicht mein Leben mehr in deinem Herzen als in dem meinigen? Ich fühle, ich fühle, daß du mir tausendmal lieber bist denn je, und ich habe in meiner Ermattung neue Kräfte gefunden, um dich nur immer noch zärtlicher zu lieben. Ich habe Gefühle für dich gewonnen, die friedlicher sind, ja, aber auch liebevoller, und noch dazu von mannichfaltiger Art: ohne schwächer zu werden, haben sie sich vervielfältiget: das Süße der Freundschaft mäßigt die Glut der Liebe, und ich kann mir kaum eine Art der innigen Vereinigung denken, in der ich nicht mit dir verbunden wäre. O meine reizende Geliebte! o mein Weib, meine Schwester, meine süße Freundin! wie wenig drücke ich aus, was ich fühle, wenn ich auch Alles nenne, was dem Menschenherzen das Teuerste ist!

      Ich muß dir einen Argwohn gestehen, den ich in der Scham und Demüthigung meiner selbst gegen mich gefaßt habe; nämlich, daß du besser lieben kannst als ich. Ja, meine Julie, wohl bist du mein Leben und mein Sein, wohl bete ich dich an mit allen Kräften meiner Seele, aber die deinige ist liebereicher, die Liebe hat sie tiefer durchdrungen; man sieht es, man fühlt es, sie ist es, die deine Anmuth beseelt, die in deinen Reden herrscht, die deinen Augen diese eindringende Sanftheit, deiner Stimme diesen so rührenden Klang giebt; sie ist es, die, wo du nur weilst, den Herzen der Anderen, ohne daß sie es merken, die zärtliche Erregung des deinigen mittheilt. Wie weit bin ich entfernt von diesem reizenden Zustande, der sich selbst genügt! Ich will genießen und du willst lieben; ich habe Gluten und du Leidenschaft; alle meine Wallungen wiegen nicht dein köstliches Schmachten auf, und das Gefühl, das dein Herz nährt, allein ist die höchste Seligkeit. Erst seit gestern habe ich diese reine Wollust gekostet. Du hast etwas von dem unbegreiflichen Zauber, der in dir ist, in mich übergehen lassen, und ich glaube, du hast mit deinem süßen Athem mir eine neue Seele eingehaucht, Eile, ich beschwöre dich, dein Werk zu vollenden. Nimm von der meinigen Alles, was noch von ihr übrig ist, und setze ganz die deinige an ihre Stelle. Nein, Engelsschönheit, himmlische Seele; nur ein Gefühl dem deinigen gleich kann deine Reize würdig ehren; du allein bist werth, vollkommne Liebe einzuflößen, du allein fähig, sie zu fühlen. Ach, senke in mich dein Herz, meine Julie, damit ich dich liebe, wie du es verdienst.

      Sechsundfünfzigster Brief.

       Clara an Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Ich habe dir eine Nachricht zu geben, liebe Julie, die von Wichtigkeit für dich ist. Gestern Abend hatte dein Freund mit Milord Eduard einen Streit, der ernsthaft werden kann. Höre, was ich darüber von Herrn von Orbe weiß, der zugegen war, und der, in Unruhe wegen der Folgen dieses Handels, heute Morgen zu mir kam, um mit mir darüber zu sprechen.

      Sie hatten beide bei Milord zu Abend gegessen; nachdem eine oder ein Paar Stunden musicirt worden war, setzten sie sich, um zu plaudern und Punsch zu trinken. Dein Freund trank nur ein einziges Glas mit Wasser gemischt; die beiden Anderen waren nicht so mäßig, und obgleich Herr von Orbe nicht zugesteht, daß er berauscht gewesen, behalte ich mir doch vor, ihm zu einer anderen Zeit meine Meinung darüber zu sagen. Die Unterhaltung fiel natürlich auf dich, denn dir ist nicht unbekannt, daß Milord von nichts zu sprechen liebt als von dir. Dein Freund, dem vertrauliche Aeußerungen dieser Art nicht behagen, nahm sie mit so wenig Freundlichkeit auf, daß zuletzt Eduard, vom Punsch erhitzt und durch die Trockenheit des Anderen gereizt, sich zu sagen unterstand, indem er über deine Kälte klagte, sie wäre nicht so allgemein, als man glauben möchte, und daß ein Gewisser, der sich kein Wort merken ließe, keineswegs so übel behandelt würde wie er. Im Augenblick verwies ihm dein Freund, dessen Lebhaftigkeit du kennst, diese Rede mit einer so beleidigenden Heftigkeit, daß ihm der Andere Lüge an den Hals warf, und sie sprangen nach ihren Degen. Bomston, halb berauscht, verrenkte sich im Aufspringen den Fuß dergestalt, daß er sich niedersetzen mußte. Sein Bein schwoll im Augenblick, und dies stillte den Zwist besser als alle Mühe, die sich Herr von Orbe deswegen gegeben hatte. Aber da er auf Alles achtete, was vorging, sah er, daß sich dein Freund im Hinausgehen dem Ohre Milord Eduard's näherte, und hörte ihn halblaut sagen: „Sobald Sie im Stande sein werden, auszugehen, lassen Sie es mich wissen, oder ich werde nicht unterlassen, mich danach zu erkundigen." „Sparen Sie die Mühe," sagte Eduard mit einem spöttischen Lächeln; „Sie sollen bald genug von mir hören," „Wir werden sehen," antwortete dein

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