Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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Wenn etwas darin schlecht ist, daß man es mir zurechne! Nicht, wenn Gutes darin ist, daß ich es mir zur Ehre mache. Wenn das ganze Buch nichts taugt, so bin ich um so mehr schuldig, mich dazu zu bekennen; ich will nicht für besser gelten, als ich bin.

      In Betreff der geschichtlichen Wahrheit erkläre ich, daß ich an dem Wohnort der beiden Liebenden und in der Gegend dort, wo ich öfters gewesen bin, von einem Baron von Étange und seiner Tochter, oder einem Herrn von Orbe, oder einem Milord Eduard Bomston, oder einem Herrn von Wolmar nie etwas gehört habe; auch muß ich bemerken, daß an mehreren Stellen die Ortsangaben sehr unrichtig sind, sei es, daß der Verfasser den Leser habe irreführen wollen oder daß er selbst nicht besser Bescheid gewußt. Das ist Alles, was ich sagen kann; denke nun Jeder, was ihm beliebt!

      Dieses Buch ist nicht danach, daß man es sich aus den Händen reißen wird; es paßt nur für wenige Leser. Den Leuten von Geschmack wird sein Styl widerwärtig, den Sittenrichtern sein Inhalt anstößig sein; alle Empfindungen darin werden Denen unnatürlich dünken, die nicht an Tugend glauben. Es muß den Frommen, den Lebeleuten und den Philosophen mißfallen; die galanten Frauen muß es aufbringen und die ehrbaren ärgern. Wem wird es denn aber gefallen? Vielleicht nur mir allein. Aber nur so so gefallen wird es sicher Keinem.

      Wer sich entschließen will diese Briefe zu lesen, der waffne sich mit Geduld gegen Fehler der Sprache, gegen Ueberladung und Flachheit des Styls, gegen Ueberschwänglichkeit im Ausdruck alltäglicher Gedanken; er gehe davon aus, daß meine Briefsteller keine Franzosen, keine Schöngeister, keine Akademisten, keine Philosophen sind, sondern Leute aus der Provinz, Ausländer, einsam Aufgezogene, junge Personen, halb noch Kinder, die, in dem Schwunge ihrer Phantasie, jeden ausschweifenden Einfall, der ihnen ungesucht kommt, für einen tiefen Gedanken halten.

      Warum sollte ich nicht ungescheut sagen, was ich denke? Für Frauen paßt diese Versammlung mit ihrem altmodigen Tone besser als die philosophischen Werke; sie wird denen unter ihnen auch nützen können, die bei einem ungeregelten Leben doch noch einigen Sinn für Ehrbarkeit bewahrt haben. Mit jungen Mädchen ist es ein anderes Ding. Nie hat ein unverdorbenes Mädchen Romane gelesen, und den Titel des vorliegenden habe ich so deutlich gefaßt, daß man nur das Buch zu öffnen braucht, um zu wissen, was man daran hat. Diejenige, die, trotz dieses Titels, nur eine Seite davon zu lesen wagt, ist zu Grunde gerichtet; aber daß sie nur nicht das Buch dafür verantwortlich mache! Der Schade war schon zuvor gethan. Da sie angefangen hat, so lese sie nur zu Ende: sie hat nichts weiter zu befahren.

      Wenn ein ernster Mann, der diese Sammlung durchblättert, sich durch die ersten Abteilungen entrüstet findet, das Buch mit Unwillen wegwirft und dem Herausgeber zürnt, so werde ich mich nicht beklagen, daß er mir Unrecht thue; ich an seiner Stelle würde es vielleicht ebenso gemacht haben. Wenn aber Jemand das Buch ganz gelesen hat und sich dann noch getraut, mir die Veröffentlichung desselben zum Vorwurf zu machen, der sage das, wenn er will, der ganzen Welt; nur mir nicht: ich fühle, daß ich diesen Mann in meinem Leben nicht achten könnte.

      Die spätere Vorrede.

       Inhaltsverzeichnis

      Nachricht.

      In den ersten Ausgaben habe ich der Sammlung der Briefe dieses vorgebliche Gespräch, seiner Form und Länge wegen, nur im Auszuge voranstellen können; ich theile es aber in dieser neuen Ausgabe ganz mit, indem ich hoffe, daß man darin einige nützliche Andeutungen über Schriften dieser Gattung finden wird. Es schien mir übrigens auch nöthig, die Wirkung des Buches abzuwarten, ehe ich mich über das, was schlimm und was gut daran ist, auslassen dürfte, denn ich wollte weder dem Buchhändler Schaden thun, noch die Nachsicht des Publikums erbetteln.

      N. Ich bringe Ihnen Ihr Manuscript zurück; ich habe es ganz zu Ende gelesen.

      R. Ganz zu Ende? Ich verstehe; Sie glauben, daß Wenige Ihnen das nachthun werden.

      N. Vel duo, vel nemo. [„Zwei oder Keiner.“]

      R. Turpe et miserabile [„O schändlich und Jämmerlich. Satyr. I, 3.“]. Aber ich wünsche ein bestimmtes Urtheil.

      N. Ich wage nicht —.

      R. Was wäre noch zu wagen, nachdem dies Wort heraus ist? Also sprechen Sie!

      N. Mein Urtheil hängt von der Antwort ab, welche Sie mir jetzt geben werden. Ist dieser Briefwechsel wahr oder erdichtet?

      R. Ich sehe nicht ein, was das zur Sache thut. Was nutzt es, um zu entscheiden, ob ein Buch gut oder schlecht sei, daß man wisse, wie es entstanden ist?

      N. In diesem Falle nutzt es viel. Ein Porträt hat immer seinen Werth, wenn es gleicht, möge das Original noch so wunderlich sein. Aber in einem erfundenen Gemälde muß jede menschliche Gestalt die allgemeinen menschlichen Züge an sich tragen, sonst taugt das Gemälde nichts. Gesetzt, es sind beide Bilder gut, so ist noch der Unterschied, daß das Porträt für wenige Personen ein Interesse hat; nur das Gemälde kann Allen gefallen.

      R. Ich merke, wohin Sie wollen. Wenn diese Briefe Porträts sind, so interessiren sie nicht; sollen sie Gemälde sein, so schildern sie schlecht. Nicht wahr?

      N. Das ist es.

      R. Sie wollen mich Ihre Antworten weghaschen lassen, ehe Sie sie mir geben. Gut, aber da ich nicht im Stande bin auf Ihre Frage zu antworten, so werden Sie schon davon absehen müssen, um die meinige zu entscheiden. Setzen Sie den schlimmsten Fall: meine Julie —

      N. O, wenn sie eine wirkliche Person wäre!

      R. Nun?

      N. Aber es ist sicher bloße Dichtung.

      R. Nehmen Sie es so an.

      N. In diesem Falle kenne ich nichts Abgeschmackteres. Diese Briefe sind keine Briefe, dieser Roman ist kein Roman; die handelnden Personen sind Wesen aus jener Welt.

      R. Es thut mir leid, um diese Welt.

      N. Trösten Sie sich! Es fehlt ihr ganz und gar nicht an Narren; die Ihrigen sind aber unnatürlich.

      R, Ich könnte Ihnen .... Nein! ich sehe, wie Ihre Neugier hinten herum kommt. Was berechtigt Sie zu diesem Urtheil? Wissen Sie denn, wie weit die Verschiedenheit der Menschen gehen kann? Wie weit die Charaktere aus einander liegen und wie mannichfaltig sich nach Zeit, Ort, Alter die Sitten gestalten können? Wer darf es wagen, der Natur unwandelbare Grenzen zu setzen und zu sprechen: Bis hierher und nicht weiter?

      N. Mit dieser schönen Floskel könnten Sie das Ungeheuerste, Riesen, Pygmäen, kurz, jede Ausgeburt der Einbildungskraft in die Natur hereinschaffen und das Unterste zu oberst kehren; wir würden gar kein allgemeines Vorbild mehr haben. Ich wiederhole, in einem Menschengemälde muß man den Menschen erkennen.

      R. Das gebe ich zu, vorausgesetzt, daß man Alles, was dem Wechsel unterworfen ist, von dem, was der Gattung wesentlich angehört, zu unterscheiden wisse. Was würden Sie dazu sagen, wenn Einer den Menschen nur im modernen Leibrock erkennen wollte?

      N. Was würden Sie dazu sagen, wenn Einer einen Menschen malen wollte und malte eine Gestalt ohne Gesicht, ohne Körper, ganz und gar in einen weiten Schleier gehüllt? Würden Sie nicht mit Recht fragen, wo denn der Mensch sei?

      R. Ohne Gesicht, ohne Körper! Sind Sie gescheit? Keine vollkommene Menschen; das ist das ganze

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