Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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In unserer Unwissenheit über die meisten niedern Thiere können wir nur sagen, daß ihre prachtvollen Farben das directe Resultat entweder der chemischen Beschaffenheit oder der feineren Structur ihrer Körpergewebe sind und zwar unabhängig von irgend einem daraus fließenden Vortheile. Kaum irgend eine Farbe ist schöner als das arterielle Blut; es ist aber kein Grund vorhanden zu vermuthen, daß die Farbe des Blutes an sich irgend ein Vortheil sei; und wenn sie auch dazu beiträgt, die Schönheit der Wangen eines Mädchens zu erhöhen, so wird doch Niemand behaupten wollen, daß sie zu diesem Zwecke erlangt worden sei. So ist ferner bei vielen Thieren, und besonders bei den niederen, die Galle intensiv gefärbt; in dieser Weise ist z. B. die außerordentliche Schönheit der Eoliden (nackter Seeschnecken), wie mir Dr. Hancock mitgetheilt hat, hauptsächlich eine Folge der durch die durchscheinenden Hauptbedeckungen hindurch gesehenen Gallendrüsen; und wahrscheinlich ist diese Schönheit von keinem Nutzen für diese Thiere. Die Färbungen der absterbenden Blätter in einem amerikanischen Walde werden von Allen, die sie gesehen haben, als prachtvoll beschrieben; und doch nimmt Niemand an, daß diese Färbungen für die Bäume von dem allergeringsten Nutzen sind. Erinnert man sich daran, wie viele Substanzen neuerlich von Chemikern gebildet worden sind, welche natürlichen organischen Verbindungen äußerst analog sind und welche die prachtvollsten Farben darbieten, so müßten wir es doch für eine befremdende Thatsache erklären, wenn nicht ähnlich gefärbte Substanzen oft auch unabhängig von einem dadurch erreichten nützlichen Zwecke in dem complicierten Laboratorium der lebenden Organismen entstanden wären.
Fußnote
533 Archives de Zoologie expérimentale. Tom. I. 1872, p. 563.
Unterreich der Mollusken. – Durch diese ganze große Abtheilung des Thierreichs kommen secundäre Sexualcharaktere, solche wie wir sie hier betrachten, so weit ich es ausfindig machen kann, nirgends vor. In den drei niedrigsten Classen, nämlich den Ascidien, Bryozoen und Brachiopoden (die Molluscoiden mehrerer Zoologen bildend) wären solche auch nicht zu erwarten gewesen, denn die meisten der hierher gehörigen Thiere sind beständig an irgend eine Unterlage befestigt oder haben die Geschlechter in einem und demselben Individuum vereinigt. Bei den Lamellibranchiern, oder den zweischaligen Muscheln, ist Hermaphroditismus nicht selten. In der nächst höheren Classe, der der Gastropoden oder einschaligen Schnecken, sind die Geschlechter entweder vereint oder getrennt. In diesem letzteren Falle aber besitzen die Männchen niemals specielle Organe zum Finden, Festhalten oder Reizen der Weibchen oder zum Kämpfen mit andern Männchen. Die einzige äußerliche Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern besteht, wie mir Mr. Gwyn Jeffreys mittheilt, darin, daß die Schalen zuweilen ein wenig in der Form abweichen; so ist z. B. die Schale der gemeinen Strandschnecke ( Litorina litorea) beim Männchen etwas schmäler und hat eine etwas verlängertere Spindel als die des Weibchens. Aber Verschiedenheiten dieser Art stehen, wie wohl vermuthet werden kann, direct im Zusammenhang mit dem Acte der Reproduction oder mit der Entwicklung der Eier.
Wenn auch die Gastropoden einer Ortsbewegung fähig und mit unvollkommenen Augen versehen sind, so scheinen sie doch nicht mit hinreichenden geistigen Kräften ausgerüstet zu sein, um den Individuen eines und desselben Geschlechts einen Kampf der Nebenbuhlerschaft zu gestatten und dadurch secundäre Sexualcharaktere erlangen zu lassen. Nichtsdestoweniger geht bei den lungenathmenden Gastropoden oder Landschnecken der Paarung eine Werbung voraus; denn wenn diese Thiere auch Hermaphroditen sind, so sind sie doch durch ihre Structur gezwungen, sich zu paaren. Agassiz bemerkt534 »Quiconque a eu l'occasion d'observer les amours des limaçons, ne saurait mettre en doute la séduction déployée dans les mouvements et les allures qui préparent et accomplissent le double embrassement de ces hermaphrodites«. Es scheinen diese Thiere eines geringen Grades dauernder Anhänglichkeit fähig zu sein. Ein sorgfältiger Beobachter, Mr. Lonsdale, theilt mir mit, daß er einmal ein Paar Landschnecken ( Helix pomatia), von denen die eine schwächlich war, in einen kleinen und schlecht versorgten Garten gethan habe. Nach einer kurzen Zeit war das kräftige und gesunde Individuum verschwunden und konnte nach der schleimigen Spur, die es hinterlassen hatte, über die Mauer in einen benachbarten gut versorgten Garten verfolgt werden. Mr. Lonsdale folgerte daraus, daß es seinen kränklichen Genossen verlassen habe; aber nach einer Abwesenheit von vierundzwanzig Stunden kehrte es zurück und theilte offenbar das Resultat seiner erfolgreichen Entdeckungsreise seinem Gefährten mit, denn beide machten sich nun auf denselben Weg und verschwanden über die Mauer.
Selbst in der höchsten Classe der Mollusken, der der Cephalopoden oder der Tintenfische, bei welchen die Geschlechter getrennt sind, kommen secundäre Sexualcharaktere von der Art, welche wir hier betrachten, so viel ich sehen kann, nicht vor. Dieser Umstand überrascht wohl allerdings, da diese Thiere hoch entwickelte Sinnesorgane besitzen und auch beträchtlich ausgebildete geistige Kräfte haben, wie alle die zugeben werden, welche die kunstvollen Bestrebungen dieser Thiere, ihren Feinden zu entgehen, beobachtet haben. Gewisse Cephalopoden sind indessen durch ein außerordentliches Geschlechtsmerkmal charakterisiert: das männliche Sexualelement wird nämlich bei diesen in einem der Arme oder Tentakeln angesammelt, welcher dann abgeworfen wird und, sich mit seinen Saugnäpfen an den Weibchen festhaltend, eine Zeit lang ein selbständiges Leben führt. Dieser abgeworfene Arm ist einem besonderen Thiere so vollständig ähnlich, daß er von Cuvier als parasitischer Wurm Hectocotylus beschrieben wurde. Diese wunderbare Bildung dürfte aber eher als ein primärer denn als ein secundärer Geschlechtscharakter bezeichnet werden.
Obgleich nun bei den Mollusken geschlechtliche Zuchtwahl nicht in's Spiel gekommen zu sein scheint, so sind doch viele einschalige Schnecken und zweischalige Muscheln, wie Voluten, Conus, Pilgrimmuscheln u. s. w. schön gefärbt und geformt. Die Farben sind dem Anscheine nach in den meisten Fällen von keinem Nutzen als Schutzmittel; sie sind wahrscheinlich wie in den niedrigsten Classen das directe Resultat der Beschaffenheit der Gewebe und die Formen und die Sculptur der Schale hängt von der Art und Weise ihres Wachsthums ab. Die Menge von Licht scheint bis zu einem gewissen Maße von Einfluß zu sein; denn obgleich, wie mir Mr. Gwyn Jeffreys wiederholt, bestätigt hat, die Schalen mancher in größter Tiefe lebender Arten glänzend gefärbt sind, so sehen wir doch im Allgemeinen, daß die unteren Schalenflächen und die vom Mantel bedeckten Theile weniger hell gefärbt sind als die oberen und dem Lichte ausgesetzten Flächen.535536 In manchen Fällen, wie bei Schalthieren, welche mitten unter Corallen oder hell gefärbten Meerpflanzen leben, dürften die hellen Farben als Schutzmittel dienen.537 Aber viele der Nudibranchier oder nackten Seeschnecken sind ebenso schön gefärbt wie irgendwelche Schneckenschalen, wie in dem prachtvollen Werke der Herren Alder und Hankock nachgesehen werden kann; und nach einer mir freundlichst von Mr. Hankock gemachten Mittheilung ist es äußerst zweifelhaft, ob diese Farben gewöhnlich den Thieren zum Schutze dienen. Bei einigen Arten mag dies wohl der Fall sein, wie bei einer, welche auf den grünen Blättern von Algen lebt und selbst schön grün gefärbt ist. Aber viele hellgefärbte, weiße oder in anderer Weise auffallende Species suchen kein Versteck; während andererseits einige gleichmäßig auffallende Species, ebenso wie andere düster gefärbte Arten unter Steinen und in dunklen Höhlungen leben. Offenbar steht daher bei diesen nudibranchen Mollusken die Färbung in keiner innigen Beziehung zu der Beschaffenheit der Örtlichkeiten, welche sie bewohnen.
Diese nackten Seeschnecken sind Hermaphroditen; trotzdem paaren sie sich aber, wie es auch die Landschnecken thun, von denen viele außerordentlich nette Schalen besitzen. Es wäre wohl denkbar,