Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen) - Чарльз Дарвин страница 58
Über die Beweise, daß alle civilisierten Nationen einst Barbaren waren. – Der vorliegende Gegenstand ist in einer so eingehenden und vorzüglichen Weise von Sir J. Lubbock.316 Mr. Tylor, Mr. M'Lennan und Anderen behandelt worden, daß ich hier nur nöthig habe, einen sehr kurzen Auszug ihrer Resultate zu geben. Die früher vom Herzog von Argyll317 und noch früher vom Erzbischof Whately zu Gunsten der Annahme, daß der Mensch als ein civilisiertes Wesen auf die Welt gekommen ist, und daß alle Wilden seit jener Zeit einer Entartung unterlegen sind, vorgebrachten Argumente scheinen mir im Vergleich mit den von der anderen Seite vorgebrachten schwach zu sein. Ohne Zweifel sind viele Nationen in ihrer Civilisation zurückgegangen und einige mögen in vollständige Barbarei verfallen sein, trotzdem mir in Bezug auf den letzteren Punkt keine Beweise begegnet sind. Die Feuerländer wurden wahrscheinlich durch andere erobernde Horden gezwungen, sich in ihrem unwirthbaren Lande niederzulassen, und sie können in Folge davon wohl noch etwas weiter entartet sein; es dürfte aber schwer zu beweisen sein, daß sie viel tiefer als die Botokuden gesunken sind, welche die schönsten Theile von Brasilien bewohnen.
Die Zeugnisse für die Annahme, daß alle civilisierten Nationen die Nachkommen von Barbaren sind, bestehen auf der einen Seite aus deutlichen Spuren ihres früheren niedrigen Zustandes, wie noch immer existierenden Gebräuchen, Glaubensansichten, ihrer Sprache u. s. w., auf der andern Seite aus Beweisen, daß Wilde unabhängig und selbständig im Stande sind, einige wenige Schritte in der Civilisationsstufe sich zu erheben und auch wirklich sich erhoben haben. Der thatsächliche Beweis für den ersten Punkt ist im äußersten Grade merkwürdig, kann aber hier nicht gegeben werden: ich beziehe mich auf solche Fälle, wie z. B. die Kunst des Zählens, welche, wie Mr. Tylor an den an einigen Orten noch immer gebrauchten Worten nachgewiesen hat, ihren Ursprung in dem Zählen der Finger, zuerst der einen Hand, dann der anderen und endlich auch der Zehen gehabt hat. Wir haben Spuren hiervon in unserem eigenen Decimalsystem und in den römischen Zahlzeichen, wo wir, nachdem die Ziffer V erreicht ist (von der man annimmt, daß sie eine zusammengezogene Abbildung der menschlichen Hand darstelle), zu den Zahlen VI u. s. w. übergehen, bei denen ohne Zweifel die andere Hand gebraucht wurde; – so ferner wenn die Engländer »von three score and ten sprechen, wo sie im Vigesimalsystem zählen, wobei jedes score als ideelle Einheit aufgefaßt für zwanzig steht – für »ein Mann« wie es ein Mexikaner oder Caraibe ausdrücken würde.«318 Den Ansichten einer großen und an Anhängern beständig zunehmenden Philologenschule zufolge trägt jede Sprache Merkzeichen ihrer langsamen und allmählichen Entwicklung an sich. Dasselbe ist der Fall mit der Kunst zu schreiben, da die Buchstaben Rudimente bildlicher Darstellungen sind. Es ist kaum möglich, Mr. M'Lennan's Werk319 zu lesen, ohne zuzugeben, daß fast alle civilisierten Nationen noch immer gewisse Spuren derartiger roher Gewohnheiten, wie des zwangweisen Gefangennehmens der Weiber, beibehalten. Welche Nation des Alterthums, fragt derselbe Schriftsteller, kann angeführt werden, welche ursprünglich monogam gewesen wäre? Die ursprüngliche Idee der Gerechtigkeit, wie sie sich durch das Gesetz des Kampfes und anderer Gebräuche zeigt, deren Spuren noch jetzt übrig sind, war gleichfalls äußerst roh. Viele noch jetzt existierende abergläubische Züge sind die Überbleibsel früherer falscher religiöser Glaubensansichten. Die höchste Form der Religion – die großartige Idee eines Gottes, welcher die Sünde haßt und die Gerechtigkeit liebt – war während der Urzeit unbekannt.
Wenden wir uns jetzt zu der anderen Form von Beweisen: Sir J. Lubbock hat nachgewiesen, daß einige Wilde neuerdings in einigen ihrer einfacheren Kunstfertigkeiten fortgeschritten sind. Nach dem äußerst merkwürdigen Berichte, welchen er von den Waffen, Werkzeugen und Künsten giebt, welche von Wilden in verschiedenen Theilen der Welt gebraucht oder geübt werden, läßt sich nicht daran zweifeln, daß dies fast alles unabhängige Entdeckungen gewesen sind, vielleicht mit Ausnahme der Kunst, Feuer zu machen.320 Der australische Bumerang ist ein gutes Beispiel einer solchen unabhängigen Entdeckung. Als man zuerst die Bewohner von Tahiti besuchte, waren sie in vielen Beziehungen gegen die Einwohner der meisten anderen polynesischen Inseln vorgeschritten. Für die Annahme, daß die hohe Cultur der eingeborenen Peruaner und Mexikaner aus irgend einer fremden Quelle geflossen sei, lassen sich keine triftigen Gründe anführen;321 viele eingeborene Pflanzen wurden dort cultiviert und einige wenige eingeborene Thiere domesticiert. Wir müssen im Auge behalten, daß eine wandernde Bootsmannschaft aus irgend einem halb civilisierten Lande, wenn sie an die Küsten von Amerika angetrieben worden wäre, nach dem geringen Einflüsse der meisten Missionäre zu urtheilen, keine ausgesprochene Wirkung auf die Eingeborenen geäußert haben würde, wenn diese nicht bereits in einem gewissen Grade fortgeschritten gewesen wären. Werfen wir unsern Blick auf eine äußerst entfernt zurückliegende Zeit in der Geschichte der Welt, so finden wir, um Sir J. Lubbock's bekannte Ausdrücke zu gebrauchen, eine palaeolithische und eine neolithische Periode: und Niemand wird behaupten, daß die Kunst, rohe Feuersteinwerkzeuge zu polieren, eine erborgte gewesen sei. In allen Theilen von Europa, und zwar im Osten bis nach Griechenland, dann in Palästina, Indien, Japan, Neu-Seeland und Afrika, mit Einschluß Egyptens, sind Feuersteinwerkzeuge in großer Menge entdeckt worden, und von ihrem Gebrauche hat sich bei den jetzigen Einwohnern auch nicht einmal eine Tradition erhalten. Wir haben auch indirecte Belege dafür, daß solche Werkzeuge früher von den Chinesen und alten Juden gebraucht wurden. Es besteht daher wohl kaum ein Zweifel darüber, daß die Bewohner dieser zahlreichen Länder, welche nahezu die ganze civilisierte Welt umfassen, einstmals in einem barbarischen Zustande sich befanden. Zu glauben, daß der Mensch vom Ursprung an civilisiert gewesen und dann in so vielen Gegenden einer Entartung unterlegen sei,