Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Wenn man sieht, wie allgemein dieses Gesetz der Empfindlichkeit des Reproductionssystems gegen veränderte Lebensbedingungen ist und daß es auch für unsere nächsten Verwandten, die Quadrumanen, gilt, so kann ich kaum zweifeln, daß es auch auf den Menschen in seinem ursprünglichen Zustande Anwendung erleidet. Wenn daher Wilde irgend einer Rasse plötzlich dazu veranlaßt werden, ihre Lebensgewohnheiten zu verändern, so werden sie mehr oder weniger unfruchtbar, und ihre Nachkommen leiden in der Jugend an ihrer Gesundheit in derselben Weise und aus derselben Ursache, wie es der Elefant und der Jagdleopard in Indien, viele Affen in Amerika und eine große Menge von Thieren aller Arten bei der Entfernung aus ihren natürlichen Bedingungen thun.
Wir können einsehen, woher es kommt, daß Ureinwohner, welche lange Zeit Inseln bewohnt haben und welche lange Zeit nahezu gleichförmigen Bedingungen ausgesetzt gewesen sind, von irgend welchen Veränderungen in ihren Gewohnheiten speciell afficiert werden, wie es der Fall zu sein scheint. Civilisierte Rassen können sicher Veränderungen aller Art viel besser widerstehen als Wilde; und in dieser Hinsicht sind sie domesticierten Thieren ähnlich; denn obschon dieselben zuweilen in ihrer Gesundheit leiden (wie z. B. europäische Hunde in Indien), so werden sie doch nur selten unfruchtbar, wenngleich einige wenige derartige Fälle bekannt geworden sind.400 Die Immunität civilisierter Rassen und domesticierter Thiere ist wahrscheinlich Folge des Umstandes, daß sie in größerem Maße variierenden Bedingungen ausgesetzt worden sind und daher sich auch mehr an solche gewöhnt haben, als die Mehrzahl wilder Thiere, daß sie früher eingewandert sind oder von Land zu Land gebracht worden sind, und daß sich verschiedene Familien oder Unterrassen gekreuzt haben. Allem Anscheine nach giebt eine Kreuzung mit civilisierten Rassen einer ursprünglichen Rasse sofort eine gewisse Immunität gegen die übeln Folgen veränderter Bedingungen. So nahm die gekreuzte Nachkommenschaft der Tahitianer und Engländer, als sie sich auf der Pitcairn-Insel niederließ, so rapid zu, daß die Insel bald übervölkert war; im Juni 1856 wurde sie nach der Norfolk-Insel übergeführt. Sie bestand dann aus 60 verheiratheten Personen und 134 Kindern, eine Gesammtzahl von 194 ergebend. Hier nahm sie gleicherweise so rapid zu, daß, obgleich sechzehn von ihnen im Jahre 1859 nach Pitcairn-Insel zurückkehrten, sie im Januar 1868 aus 300 Seelen bestand, wobei männliche und weibliche Individuen in genau gleichen Zahlen vorhanden waren. Was für einen Contrast bietet dieser Fall mit dem der Tasmanier dar! Die Norfolk-Insulaner vermehrten sich in nur zwölf und einem halben Jahre von 194 auf 300, während die Tasmanier sich während fünfzehn Jahren von 120 auf 46 verminderten, unter welcher letzteren Zahl nur zehn Kinder waren.401
Ferner nahmen in dem Zwischenraum zwischen den Zählungen von 1856 und 1872 die Eingeborenen reinen Blutes auf den Sandwich-Inseln um 8081 ab, während die für gesünder gehaltenen Mischlinge um 847 zunahmen; ich weiß indessen nicht, ob die letztere Zahl die Nachkommenschaft der Mischlinge oder nur die Mischlinge der ersten Generation enthält.
Die Fälle, welche ich hier mitgetheilt habe, beziehen sich sämmtlich auf Ureinwohner, welche in Folge der Einwanderung civilisierter Menschen neuen Bedingungen ausgesetzt worden sind. Wahrscheinlich würde aber Unfruchtbarkeit und schwächliche Gesundheit als Folge eintreten, wenn Wilde durch irgend welche Ursache, wie z. B. das Eindringen eines erobernden Stammes, gezwungen würden, ihre Heimstätten zu verlassen und ihre Lebensgewohnheiten zu ändern. Es ist ein interessanter Umstand, daß das hauptsächlichste Hindernis der Domesticierung wilder Thiere, welche ja die Fähigkeit einer reichlichen Vermehrung nach der ersten Gefangennahme mit einschließt, und eines der hauptsächlichsten Hindernisse gegen das Lebenbleiben wilder Menschen und ihrer Umwandlung in eine civilisierte Rasse, wenn sie mit der Civilisation in Berührung gebracht worden sind, ein und dasselbe ist, nämlich Unfruchtbarkeit in Folge veränderter Lebensbedingungen.
Obgleich endlich die allmähliche Abnahme und endliche Erlöschung der Menschenrassen ein dunkles Problem ist, – beides hängt von vielen Ursachen ab, welche an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten verschieden gewesen sind – so ist es doch dasselbe Problem wie das, was sich beim Aussterben irgend eines der höheren Thiere darbietet – z. B. des fossilen Pferdes, welches aus Süd-Amerika verschwand, um bald nachher innerhalb derselben Bezirke von zahllosen Herden des spanischen Pferdes wieder ersetzt zu werden. Der Neu-Seeländer scheint sich dieses Parallelismus bewußt zu sein, denn er vergleicht sein künftiges Schicksal mit dem der eingeborenen Ratte, welche von der europäischen Ratte jetzt fast ganz ausgerottet ist. Ist auch die Schwierigkeit einer Erklärung sowohl für unsere Vorstellung, als auch factisch groß, wenn wir die Ursachen genau festzustellen wünschen, so sollte sie es doch nicht unserem Verstande sein, so lange wir beständig vor Augen behalten, daß die Zunahme jeder Species und jeder Rasse fortwährend durch verschiedene Hindernisse aufgehalten wird, so daß, wenn irgend ein neues Hindernis, wenn auch noch so unbedeutend, hinzutritt, die Rasse sicherlich an Zahl abnehmen wird. Eine Abnahme der Zahl wird früher oder später zum Aussterben führen. Das Ende wird dann in den meisten Fällen durch das Eindringen erobernder Stämme mit Sicherheit herbeigeführt.
Fußnote
377 Tylor, Early History of Mankind. 1865; in Bezug auf Belege für eine Gestensprache s. p. 54. Lubbock, Prehistoric Times. 2. edit. 1869.
378 Über analoge Formen der Werkzeuge s. H. M. Westropp in den Memoirs of Anthropol. Soc.; s. auch Nilsson, The Primitive Inhabitants of Scandinavia. Engl. transl. ed. by Sir J. Lubbock. 1868, p. 104.
379 Hodder M. Westropp, On Cromlechs etc., in: Journal of Ethnolog. Soc., mitgetheilt in Scientific Opinion, 2. June, 1889, p. 3.
380 Reise eines Naturforschers (übers. von Carus), p. 52.
381 Prehistoric Times. 1869, p. 574.
382 Übersetzung in: Anthropolog. Review. Oct. 1868, p. 431.
383 Transact. Internat. Congress of Prehistor. Archaelog. 1868, p. 172–175. s. auch Broca in: Anthropolog. Review, Oct. 1868, p. 410.
384 Gerland, Über das Aussterben der Naturvölker, 1868, p. 82.
385 Gerland führt a. a. 0. p. 12 Thatsachen zur Unterstützung