Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer

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und gleichem Schicksal: die Motive und Begebenheiten freilich sind in jedem Stücke andere; aber der Geist der Begebenheiten ist der selbe: die Personen des einen Stücks wissen auch nichts von den Vorgängen im andern, in welchem doch sie selbst agirten: daher ist, nach allen Erfahrungen der früheren Stücke, doch Pantalone nicht behender oder freigebiger, Tartaglia nicht gewissenhafter, Brighella nicht beherzter und Kolombine nicht sittsamer geworden. –

      § 36

       Inhaltsverzeichnis

      Dem Faden der Begebenheiten geht die Geschichte nach: sie ist pragmatisch, sofern sie dieselben nach dem Gesetze der Motivation ableitet, welches Gesetz den erscheinenden Willen da bestimmt, wo er von der Erkenntniß beleuchtet ist. Auf den niedrigeren Stufen seiner Objektität, wo er noch ohne Erkenntniß wirkt, betrachtet die Gesetze der Veränderungen seiner Erscheinungen die Naturwissenschaft als Aetiologie, und das Bleibende an ihnen als Morphologie, welche ihr fast unendliches Thema sich durch Hülfe der Begriffe erleichtert, das Allgemeine zusammenfassend, um das Besondere daraus abzuleiten. Endlich die bloßen Formen, in welchen, für die Erkenntniß des Subjekts als Individuums, die Ideen zur Vielheit auseinandergezogen erscheinen, also Zeit und Raum, betrachtet die Mathematik. Diese alle, deren gemeinsamer Name Wissenschaft ist, gehn also dem Satz vom Grunde in seinen verschiedenen Gestaltungen nach, und ihr Thema bleibt die Erscheinung, deren Gesetze, Zusammenhang und daraus entstehende Verhältnisse. – Welche Erkenntnißart nun aber betrachtet jenes außer und unabhängig von aller Relation bestehende, allein eigentlich Wesentliche der Welt, den wahren Gehalt ihrer Erscheinungen, das keinem Wechsel Unterworfene und daher für alle Zeit mit gleicher Wahrheit Erkannte, mit Einem Wort, die Ideen, welche die unmittelbare und adäquate Objektität des Dinges an sich, des Willens, sind? – Es ist die Kunst, das Werk des Genius. Sie wiederholt die durch reine Kontemplation aufgefaßten ewigen Ideen, das Wesentliche und Bleibende aller Erscheinungen der Welt, und je nachdem der Stoff ist, in welchem sie wiederholt, ist sie bildende Kunst, Poesie oder Musik. Ihr einziger Ursprung ist die Erkenntniß der Ideen; ihr einziges Ziel Mittheilung dieser Erkenntniß. – Während die Wissenschaft dem rast- und bestandlosen Strohm vierfach gestalteter Gründe und Folgen nachgehend, bei jedem erreichten Ziel immer wieder weiter gewiesen wird und nie ein letztes Ziel, noch völlige Befriedigung finden kann, so wenig als man durch Laufen den Punkt erreicht, wo die Wolken den Horizont berühren; so ist dagegen die Kunst überall am Ziel. Denn sie reißt das Objekt ihrer Kontemplation heraus aus dem Strohme des Weltlaufs und hat es isolirt vor sich: und dieses Einzelne, was in jenem Strohm ein verschwindend kleiner Theil war, wird ihr ein Repräsentant des Ganzen, ein Aequivalent des in Raum und Zeit unendlich Vielen: sie bleibt daher bei diesem Einzelnen stehn: das Rad der Zeit hält sie an: die Relationen verschwinden ihr: nur das Wesentliche, die Idee, ist ihr Objekt. – Wir können sie daher geradezu bezeichnen als die Betrachtungsart der Dinge unabhängig vom Satze des Grundes, im Gegensatz der gerade diesem nachgehenden Betrachtung, welche der Weg der Erfahrung und Wissenschaft ist. Diese letztere Art der Betrachtung ist einer unendlichen, horizontal laufenden Linie zu vergleichen; die erstere aber der sie in jedem beliebigen Punkte schneidenden senkrechten. Die dem Satz vom Grunde nachgehende ist die vernünftige Betrachtungsart, welche im praktischen Leben, wie in der Wissenschaft, allein gilt und hilft: die vom Inhalt jenes Satzes wegsehende ist die geniale Betrachtungsart, welche in der Kunst allein gilt und hilft. Die erstere ist die Betrachtungsart des Aristoteles; die zweite ist im Ganzen die des Plato. Die erstere gleicht dem gewaltigen Sturm, der ohne Anfang und Ziel dahinfährt, Alles beugt, bewegt, mit sich fortreißt; die zweite dem ruhigen Sonnenstrahl, der den Weg dieses Sturmes durchschneidet, von ihm ganz unbewegt. Die erstere gleicht den unzähligen, gewaltsam bewegten Tropfen des Wasserfalls, die stets wechselnd, keinen Augenblick, rasten: die zweite dem auf diesem tobenden Gewühl stille ruhenden Regenbogen. – Nur durch die oben beschriebene, im Objekt ganz aufgehende, reine Kontemplation werden Ideen aufgefaßt, und das Wesen des Genius besteht eben in der überwiegenden Fähigkeit zu solcher Kontemplation: da nun diese ein gänzliches Vergessen der eigenen Person und ihrer Beziehungen verlangt; so ist Genialität nichts Anderes, als die vollkommenste Objektivität, d.h. objektive Richtung des Geistes, entgegengesetzt der subjektiven, auf die eigene Person, d.i. den Willen, gehenden. Demnach ist Genialität die Fähigkeit, sich rein anschauend zu verhalten, sich in die Anschauung zu verlieren und die Erkenntniß, welche ursprünglich nur zum Dienste des Willens daist, diesem Dienste zu entziehn, d.h. sein Interesse, sein Wollen, seine Zwecke, ganz aus den Augen zu lassen, sonach seiner Persönlichkeit sich auf eine Zeit völlig zu entäußern, um als rein erkennendes Subjekt, klares Weltauge, übrig zu bleiben: und dieses nicht auf Augenblicke; sondern so anhaltend und mit so viel Besonnenheit, als nöthig ist, um das Aufgefaßte durch überlegte Kunst zu wiederholen und »was in schwankender Erscheinung schwebt, zu befestigen in dauernden Gedanken«. – Es ist als ob, damit der Genius in einem Individuo hervortrete, diesem ein Maaß der Erkenntnißkraft zugefallen seyn müsse, welches das zum Dienste eines individuellen Willens erforderliche weit übersteigt; welcher frei gewordene Ueberschuß der Erkenntniß, jetzt zum willensreinen Subjekt, zum hellen Spiegel des Wesens der Welt wird. – Daraus erklärt sich die Lebhaftigkeit bis zur Unruhe in genialen Individuen, indem die Gegenwart ihnen selten genügen kann, weil sie ihr Bewußtseyn nicht ausfüllt: dieses giebt ihnen jene rastlose Strebsamkeit, jenes unaufhörliche Suchen neuer und der Betrachtung würdiger Objekte, dann auch jenes fast nie befriedigte Verlangen nach ihnen ähnlichen, ihnen gewachsenen Wesen, denen sie sich mittheilen könnten; während der gewöhnliche Erdensohn, durch die gewöhnliche Gegenwart ganz ausgefüllt und befriedigt, in ihr aufgeht, und dann auch seines Gleichen überall findend, jene besondere Behaglichkeit im Alltagsleben hat, die dem Genius versagt ist. – Man hat als einen wesentlichen Bestandtheil der Genialität die Phantasie erkannt, ja, sie sogar bisweilen für mit jener identisch gehalten: ersteres mit Recht; letzteres mit Unrecht. Da die Objekte des Genius als solchen die ewigen Ideen, die beharrenden wesentlichen Formen der Welt und aller ihrer Erscheinungen sind, die Erkenntniß der Idee aber nothwendig anschaulich, nicht abstrakt ist; so würde die Erkenntniß des Genius beschränkt seyn auf die Ideen der seiner Person wirklich gegenwärtigen Objekte und abhängig von der Verkettung der Umstände, die ihm jene zuführten, wenn nicht die Phantasie seinen Horizont weit über die Wirklichkeit seiner persönlichen Erfahrung erweiterte und ihn in den Stand setzte, aus dem Wenigen, was in seine wirkliche Apperception gekommen, alles Uebrige zu konstruiren und so fast alle möglichen Lebensbilder an sich vorübergehn zu lassen. Zudem sind die wirklichen Objekte fast immer nur sehr mangelhafte Exemplare der in ihnen sich darstellenden Idee: daher der Genius

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