Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer

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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer

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legten die ganze Strecke von 15 Meilen in drei Stunden zurück, — eine schnelle, aber auch nur durch die Schnelligkeit angenehme Fahrt, denn die ganze Gegend bot nichts als ungeheure Ebenen, Torf- und Moorgründe, sandige Stellen und Haiden und nur gar wenig Wiesen- oder Ackerland. Das Wasser in den Gräben und auf den Feldern sah, in Folge des dunkeln Grundes, so schwarz aus, wie Tinte.

      Bei Binneburg bemerkt man einige verkrüppelte Waldpartieen. Von Elmsholm geht eine Seitenbahn nach Glücksstadt, und von Neumünster, einem großen Orte mit bedeutenden Tuchfabriken, eine nach Rendsburg. — Nun sieht man aber auch nichts mehr als ein Kloster, in welchem mehrere Herzoge von Holstein begraben liegen, und mehrere unbedeutende Seen, als den Bernsholmer, den Einfelder und den Schulhofer. — Das Flüßchen Eider würde mir gar nicht aufgefallen sein, hätten nicht einige der Reisenden großes Aufheben davon gemacht. — In den herrlichsten Ländern fand ich die Eingebornen lange nicht so entzückt über wirklich Schönes und Großartiges, als sie es hier über ein Nichts waren. — Ja, eine recht artige Frau, meine Reisenachbarin, konnte in Lobpreisung ihres so wunderschönen Vaterlandes gar nicht ermüden. Der verkrüppelte Wald schien ihr ein herrlicher Park, die öde Fläche ein unermeßlicher Spielraum für das Auge, — jede Kleinigkeit wußte sie groß zu deuten. — Ich wünschte ihr zu dieser reichen Fantasie im Stillen Glück, konnte aber leider meinem kalten Gemüthe nichts davon einhauchen.

      Gegen Kiel zu gestaltet sich die Ebene zu einem niedrigen Hügellande. — Kiel selbst liegt recht artig an der Ostsee, die von hier gesehen, einem mittelgroßen See gleicht. Der Hafen soll gut sein, doch lagen nur wenige Schiffe davor, darunter das Dampfboot, das mich weiter nach Kopenhagen bringen sollte, und von dem ich mir nicht dachte, daß es mir so unvergeßlich bleiben würde.

      Durch die liebevolle Fürsorge meines Vetters Schmidt empfing mich bereits an der Eisenbahn Einer seiner Verwandten, Herr Brauer, welcher mich gleich in den Kreis seiner Familie einführte, und mir die paar Stunden meines Aufenthalts recht angenehm vergehen machte.

      Kiel hat ein hübsches königliches Schloß, das gegenwärtig von der jüngern Tochter des letzt verstorbenen Königs bewohnt wird. Der daran stoßende öffentliche Park ist mehr durch seine Lage an der See, als durch sonst etwas ausgezeichnet. — Die Umgebung besteht aus Hügelketten, auf und an welchen die Landhäuser und Gärten der Städter liegen. Eine der schönsten Villa's gehört Herrn Brauer, Die höchsten Punkte sind mit Kiosken oder Lauben geziert, von welchen aus man eine schöne Fernsicht über die nicht sehr breite See bis an's jenseitige Ufer genießt. — Seit ich Dresdens Umgebung Lebewohl gesagt hatte, war dieß die lieblichste Landschaft, die mir bis jetzt zu Gesichte gekommen war.

      Kiel gehört eben nicht zu den größeren Städten Dänemarks, sieht aber nett und freundlich aus. Viele der Häuser sind nicht mit Kalk und Sand beworfen, was ihnen das Ansehen gibt, als wären sie noch nicht fertig gebaut; die Dachungen bestehen aus Ziegeln, die oft noch mit einer Art Firniß überzogen sind, der ihnen nebst einem schönen Glanz auch eine größere Dauerhaftigkeit verleiht. — Auch hier bemerkte ich hin und wieder jene theuern Hamburger Spiegelgläser; es scheint, daß sich dieser Luxus sehr weit verbreitet.

      Der Abend und mit ihm die Stunde der Einschiffung rückte heran. Die liebenswürdige Familie Brauer geleitete mich an Bord, wo ich mit Dank erfülltem Herzen Abschied von ihnen nahm.

      In dem Dampfschiffe „Christian VIII." von 1 Pferdekraft lernte ich ein so schmutziges und unbequemes Schiff kennen, wie es mir auf all meinen bisherigen See-Reisen noch nicht vorgekommen war. Scheuern und Fegen schien hier durchaus nicht Sitte zu sein. Die Treppe, welche in die Kajüte führte, war so abschüssig, daß man sehr auf der Hut sein mußte, nicht gar zu eilig z. B. durch einen Sturz hinab zu gelangen. Von Abtheilungen für Herren und Frauen war auf dem zweiten Platze gar keine Rede. — Kurz, Alles war darauf eingerichtet, jedem Reisenden dieses Schiff für immer unvergeßlich zu machen.

      Um neun Uhr verließen wir Kiel. — Da der Tag und die Dämmerung hier schon länger währen, als in den westlich und südlich gelegenen Ländern, so war es mir noch möglich die Festung Friedrichsort, an der wir gegen 10 Uhr vorübersegelten, aus dem Schatten des sie umhüllenden Dunkels zu scheiden.

      27. April.

      Heute stand ich noch mit der Sonne auf, bald wird dieß aber eine sehr schwere Sache sein, da die gute Göttin des Lichtes dem Norden im Frühjahre und Sommer vergilt, was sie ihm im Winter entzieht. — Ich ging auf das Deck und überblickte die weite endlose Meeresfläche. Es war kein Land zu sehen; doch bald erschien eine Küste, die dann wieder verschwand, bis eine neue, fernere aus dem Meere auftauchte. Gegen Mittag erreichten wir die Insel Möen, die ungefähr 40 Meilen [Zur See rechne ich Seemeilen, wovon vier auf eine geographische gehen.] von Kopenhagen liegt. Sie bildet eine kleine wunderschöne Felsgruppe, deren Wände weiß wie Kreide, glatt und glänzend, schroff dem Meere entsteigen. Die höchste dieser Wände ragt 400 Fuß über dem Meeresspiegel empor.

      Bald sahen wir auch Schwedens Küste, dann die Insel Malmö und endlich Kopenhagen, wo wir um 4 Uhr nach Mittag landeten. — Die Entfernung von Kiel bis Kopenhagen beträgt 136 See-Meilen.

      Kopenhagen.

      Ich blieb hier sieben Tage und hätte daher Muße genug gehabt, Alles genau zu besichtigen, wäre nur das Wetter etwas freundlicher gewesen. So aber stürmte und regnete es der Art, daß ich auf die ferneren Umgebungen gänzlich Verzicht leisten, und nur einige der nahen Spaziergänge mir mühsam erkämpfen mußte.

      Schon die erste Straße Kopenhagens, die man vom Hafen kommend, betritt, macht einen großartigen Eindruck. Es ist dieß die breite Gasse, die vom Hafen an durch einen großen Theil der Stadt führt. Sie ist sehr breit, was aber noch mehr sagen will, auch lang, regelmäßig, und durch die beiderseitigen Fronten der herrlichen Palläste und Häuser wirklich wunderbar schön.

      Einen ganz eigenen Eindruck macht es, inmitten dieses stolzen Stadtviertels plötzlich eine Ruine zu erblicken, ein großartiges Gebäude, auf riesenhaften Säulen ruhend, halb geendet, mit Gras und Moos theilweise überwachsen. — Es sollte einst eine prachtvolle Kirche werden, ganz von Marmor, doch der weiche Boden ertrug diese Last nicht, und das halb geendete Gebäude fing an zu sinken, so, daß man der Fortsetzung des Baues auf immer entsagen mußte.

      Noch gibt es viele andere Gassen, die der breiten an Pracht und Größe gleichen. Darunter besonders die Amalienstraße. — Die belebtesten, aber bei Weitem nicht die schönsten, sind die Oster- und Gotherstraße. Da zu gehen ist für den Fremden anfänglich eine wahre Kunst. Auf der einen Seite des Trottoirs, das ungefähr einen Fuß höher als die Fahrstraße ist, stößt man bei jedem Schritte auf Stufen, die theils zu Gewölben hinauf, theils an Vertiefungen in Gewölbe hinab führen. Die Stufen, welche in die Tiefe hinab führen, sind nicht, wie jene zu Hamburg, mit Geländern umgeben. — Die andere Seite des Trottoirs ist durch ein kleines bescheidenes Bächlein begrenzt, das die unpoetischen Leute „Kanal" nennen, und in welches aus allen Häusern eben so liebliche Quellen hinein sprudeln. Da heißt es denn gehörig Acht geben, um nicht rechts oder links, oder wohl auch gerade vor sich in eine der verrätherischen Tiefen zu stolpern, oder sich an den hervorragenden Stufen anzustoßen und zu beschädigen. An der Seite der Straße ist das Trottoir mit anderthalb Fuß breiten Steinplatten belegt, auf welchen es sich natürlich herrlich geht. Die sucht aber auch Jeder zu erringen, um dem höckerigen und spitzigen Pflaster darneben ein Schnippchen zu schlagen. — Dazu füge man noch das entsetzliche Gedränge, und man wird gerne glauben, daß sich Niemand diese Straße zum Spazierengehen wählt, um so weniger, da weder die Läden schöne Auslagen enthalten, noch die Häuser pallastähnlich

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