Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer

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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer

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blieb ich unwillkürlich stehen, und sah ihm nach bis er meinen Blicken entschwunden war; ich beneidete sogar den Postillon, denn ich dachte, er habe die ganze große Reise mitgemacht.

      Als Mädchen von zehn, zwölf Jahren las ich nichts mit größerer Begierde, als Reisebeschreibungen, und beneidete zwar keinen Postillon mehr, wohl aber jeden Weltumsegler, jeden Naturforscher.

      Oft stahlen sich Thränen in meine Augen, wenn ich einen Berg erstiegen hatte, andere wieder sich vor mir aufthürmten, und ich nicht hinüber gelangen, nicht sehen konnte was jenseits lag.

      Ich machte manche Reise mit meinen Eltern, und als ich verheirathet war, auch mit meinem Manne, und blieb erst zurück, als meine beiden Knaben heranwuchsen, und bestimmte Schulen besuchen mußten.

      Die Geschäfte meines Mannes forderten seine Gegenwart theils in Wien, theils in Lemberg. Er übergab mir daher gänzlich die Erziehung und Leitung der Knaben; er kannte meinen festen Charakter, meine Beharrlichkeit in Allem was ich unternahm; er wußte, daß ich ihnen Vater und Mutter sein würde.

      Als die Erziehung meiner Söhne geendet war, und ich in stiller Zurückgezogenheit lebte, da geschah es, daß meine Jugendträume und Phantasien nach und nach wieder auftauchten. Ich dachte an fremde Sitten und Gebräuche, an andere Welttheile, an einen andern Himmel und Boden. Ich träumte von dem unbeschreiblichen Glücke, jene Orte zu betreten, die unser Heiland durch seine Gegenwart heiligte, — und faßte endlich den Entschluß auch dahin zu wandern.

      Ich stellte mir alle Hindernisse und Gefahren vor, ich suchte mich von diesen Ideen loszureißen — doch vergebens. — Aus Entbehrungen machte ich mir wenig, mein Körper war abgehärtet und gesund, den Tod fürchtete ich nicht, und im vorigen Jahrhundert geboren, konnte ich auch allein reisen. Somit war jede Gefahr beseitiget, Alles reiflich überdacht und überlegt, und ich trat mit wahrem Entzücken die Reise nach Palästina an, — und siehe, ich kehrte glücklich zurück. — Ich glaube nun, weder vermessen gegen Gottes Güte zu handeln, noch der Sucht nach Bewunderung beschuldigt werden zu können, wenn ich meinem innern Drange folge, und mich noch weiter in der Welt umsehe. — Island wählte ich, weil ich da eine Natur zu finden hoffte, wie nirgends in der Welt. Ich fühle mich in der Anschauung erhabner Naturscenen so überirdisch glücklich, meinem Schöpfer so nahe gebracht, daß in meinen Augen keine Beschwerde, keine Mühe zu groß ist, wenn ich solche Empfindungen darum erkämpfen kann.

      Und sollte mich einst auf einer meiner Wanderungen der Tod ereilen, so werde ich ihm ruhig entgegen sehen, und Gott innig danken für die heiligen schönen Stunden, welche ich lebte, wenn ich seine Wunder schaute.

      Dich, lieber Leser, bitte ich, mir nicht zu zürnen, daß ich so viel von mir schrieb. Allein weil diese meine Reisebegierde sich, nach den Begriffen der meisten Menschen, für eine Frau nicht ziemt, so mögen diese meine angebornen Gefühle für mich sprechen und mich vertheidigen.

      Beurtheile mich nicht zu strenge, gönne mir vielmehr eine Freude, die Niemanden schadet und mich so glücklich macht.

      Die Verfasserin.

      Abreise von Wien.

       Inhaltsverzeichnis

      Im Jahre 1845 trat ich also abermal eine bedeutende Reise an, und zwar nach dem hohen Norden. — Island war eine jener Gegenden, nach denen ich mich seit dem Anfange meines Denkens sehnte. — In diesem von der Natur ganz eigenthümlich ausgestatteten Lande, das wohl nirgends auf Erden seines Gleichen finden mag, da hoffte ich Dinge zu schauen, die mich mit neuem, unnennbarem Erstaunen erfüllen würden, O, mein gütiger Gott, wie bin ich Dir so dankbar, meine Lieblingsträume sich in Erfüllung verwandeln zu sehen! —

      Von allen meinen Lieben nahm ich dießmal viel leichteren Abschied; ich hatte nun schon erprobt, daß eine Frau mit festem Willen in der Welt eben so gut fort kömmt, wie ein Mann, und daß man überall gute Menschen findet. — Dazu kam noch, daß die Beschwerden auf dieser Reise nur kurze Zeit währen dürften, und daß ich in fünf bis sechs Monaten wieder bei den Meinigen sein konnte.

      Am 10. April, Morgens 5 Uhr, reiste ich von Wien ab. — Da die Donau kürzlich einige Verheerungen angerichtet hatte, bei denen auch die Eisenbahn nicht leer ausgegangen war, so legte ich die erste Meile bis Florisdorf in einem Omnibus eben nicht am angenehmsten zurück. — Unsere Omnibuse sind so enge und knapp, daß man denken sollte, sie seien nur für Schwindsüchtige, aber nicht für gesunde, und mitunter recht stattliche Reisende, die noch zum Ueberfluße mit Mänteln, Pelzen und Reiseröcken reichlich versehen sind, berechnet.

      Kaum an der Linie angelangt, stellte sich uns ein neues Hinderniß entgegen. Wir gaben nach der Reihe unsere Passirscheine ab, nur der Letzte, ein junger Mann, war über dieses Begehren ganz erstaunt. Er hatte nichts bei sich als seinen Paß und seine Zeugnisse, und wußte nicht, daß ein Passirschein wichtiger sei als jene Beide. Er ging selbst in die Kanzlei, machte dem Beamten Vorstellungen; — doch vergebens — wir mußten ohne ihn die Reise fortsetzen.

      Nun erfuhren wir erst, daß es ein Studierender sei, der soeben seine Rigorosen geendet, und sich einige Wochen bei seinen Eltern, in der Nähe Prags, erholen wollte. — Ach der Arme! Er hatte soviel studiert, und doch zu wenig! — Er wußte nicht, daß ein solches Dokument von so außerordentlicher Wichtigkeit sein konnte. — Wegen dieses kleinen Versehens büßte er die Reisespesen bis Prag, die in vorhinein bezahlt waren.

      Doch weiter in meiner Reise.

      In Florisdorf überraschte mich freudig die Gegenwart meines Bruders und meines Sohnes, die mir ungesehen vorgefahren waren. — Wir bestiegen nun zusammen die Eisenbahn, um nach Stockerau (drei Meilen) zu fahren; doch auf halbem Wege mußten wir aussteigen, und ein Stück zu Fuß wandern, Der Eisenbahn-Damm war hier eingesunken. — Zum Glück begünstigte uns das Wetter so weit, daß wir zwar einen furchtbaren Sturm, aber wenigstens keinen Regen hatten; sonst wären wir ganz durchnäßt geworden, und würden bis an die Knöchel in Koth gesunken sein. An Ort und Stelle angelangt, mußten wir unter freiem Himmel so lange warten, bis die Dampfwagen von Stockerau kamen, ihre Reisenden ausluden und uns dagegen einnahmen.

      In Stockerau nahm ich von meinen Begleitern nochmal Abschied, und wurde in den Post-Stellwagen gehörig verpackt und weiter spedirt.

      Auf dieser kurzen Strecke war dieß nun der vierte Wagen, den ich bestieg, — eine große Unannehmlichkeit schon, wenn man nichts bei sich hat, eine um so größere, wenn man noch für Reisegepäck sorgen muß; und dafür wüßte ich keine andere Entschädigung, als daß wir diese 4 Meilen um eine halbe Stunde schneller zurücklegten, und anstatt, wie früher, von Wien bis Prag 9 fl, 36 kr., jetzt von Stockerau bis Prag 10 fl. 10 kr. zahlt, Omnibus und Eisenbahn noch gar nicht eingerechnet. — Gewiß, eine theuer erkaufte halbe Stunde.

      Das Städtchen Znaim mit einem Kloster in der Nähe, liegt in einer weiten Ebene, die sich von Wien bis gegen Budwitz, vier Meilen hinter Znaim, zieht, und deren Einförmigkeit nur hie und da durch niedere Hügel unterbrochen wird.

      Bei Schelletau gewinnt die Gegend ein freundlicheres Ansehen. — Links fesselt das Auge ein Kranz von höhern Bergen, geschmückt mit einer Burgruine, bei deren Anblick man sich an eine jener tragischen Rittergeschichten aus den vorigen Jahrhunderten erinnern kann; um den Weg selbst ziehen sich Nadelgehölze, oder sie liegen in schönen Gruppen auf den Hügeln und in den Thälern zerstreut.

      11. April.

      Schon gestern begünstigte uns die Witterung nicht im Geringsten. — Bei Znaim fanden wir die Thäler noch theilweise mit Schnee

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