Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer
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So ging es fort bis Melnick; da wurden die Hügel höher und zwischen den zahllosen Weingärten standen Gruppen von Häusern. Dem Städtchen gegenüber strömt die Moldau in die Elbe. — Links in weiter Ferne erblickt man den berühmten St. Georgsberg, von dem die Sage erzählt, daß von ihm aus, Czech Besitz von ganz Böhmen nahm.
Unterhalb des Städtchens Raudnitz werden die Hügel zu Bergen, und da viele Schwärmer nur jene Gegenden romantisch finden, wo die Berge mit halb verfallenen Burgen und Schlössern geschmückt sind, so hat die gute alte Zeit auch dafür Sorge getragen, und zwei schöne Ruinen, Hafenberg und Skalt, erfreuen das Auge solch empfindsamer Beobachter.
Bei Leitmeritz, einem Städtchen mit einem artigen Schlosse und einer Kirche sammt Kloster, strömt die Eger in die Elbe, auch verbindet da beide Ufer eine hochgewölbte hölzerne Brücke. — Unsere armen Matrosen hatten da viele Mühe mit dem Umlegen des Schornsteines und des Mastes.
Das ziemlich hübsche Dorf Groß-Czernoseck ist merkwürdig durch die großartigen, in Felsen gehauenen Keller. — Man kann mit einem Postzuge hineinfahren und ganz bequem darin umkehren. Die Fässer sind natürlich den Kellern angemessen, besonders die zwölf Apostel, von denen jeder 200 Eimer enthält. — Hier sollte doch füglich angehalten werden, um jedem tüchtigen Weinhelden das Vergnügen zu verschaffen, diese Palläste von Kellern zu beschauen, und den Aposteln eine Libation darzubringen, — doch das Schiff glitt vorüber, und man mußte sich an den Beschreibungen Jener laben, die in diesen Gegenden heimischer waren, und gewiß oft ganz begeistert jenen Tiefen entstiegen sind.
Die Fahrt wird nun immer reizender, — die Berge rücken näher und engen das Flußbett ein; romantische Felspartieen, deren Spitzen noch romantischere Ruinen krönen, thürmen sich dazwischen. Besonders schön ist die alte, ziemlich gut erhaltene Burg Schreckenstein, welche auf einem an der Elbe liegenden, schroff empor ragenden Felskogel erbaut ist, und den ganzen obern Raum deckt; — Schlangenpfade in Fels gehauen, führen hinauf.
Bei dem Städtchen Aussig sind die größten Stein- und Braunkohlen-Gruben von ganz Böhmen. — In der Nähe liegt auch ein kleines Felsgebiet Paschkal, auf welchem eine Weingattung wächst, die dem Champagner ähnlich sein soll.
Die Berge werden immer höher; über alle aber ragt der Gigant Jungfernsprung; und die Schönheit dieser Gegend wird nur durch die Lage des Städtchens und Schlosses Tetschen übertroffen. Das Schloß steht auf einem 20 bis 30 Fuß hohen Fels, der sich aus der Elbe zu erheben scheint. Er ist von Gewächshäusern und schönen Garten-Anlagen umgeben, die sich zu dem Städtchen hinabziehen, das an einem kleinen Hafen in einem blühenden Thale liegt. Letzteres ist von einer hohen Bergkette umschlossen, und scheint dadurch wie von der übrigen Welt ganz abgeschieden zu sein.
Das linke Ufer ist dermaßen von Felsen und Felswänden eingenommen, daß nur hie und da für einen einzelnen Bauerhof oder eine Hütte Raum bleibt. — Da sieht man plötzlich zwischen den hohen Felsen die Spitzen von Masten emporragen, eine Erscheinung die jedoch bald natürlich wird, da ein großer Einschnitt in eine der Felsenwände das schönste Wasserbecken bildet.
Und nun kamen wir nach Schandau, das nur aus einigen Häusern besteht, und der sächsische Grenzort ist. — Zollbeamte, von einer Grenze unzertrennlich, kamen nun auf unser Schiff und stöberten Alles durch. — Mein, in einem Kistchen verschlossener Daguerrotyp-Apparat schien ihnen verdächtig, auf meine Versicherung aber, daß ich ihn nur zu meinem eigenen Gebrauche mitführe, wurde ich sammt ihm recht artig entlassen.
Auf der weiteren Reise sieht man Felsen von oft merkwürdigen Formen, denen auch ihre Namen entsprechen; so heißt einer Zirkelstein, ein anderer Lilienstein u.s.w. Der Königsstein besteht aus zackichten Felsmassen, auf welchen die Festung gleichen Namens liegt, und als Gefängniß für schwere Verbrecher dient. An den Fuß dieser Felsmassen lehnt sich das Städtchen Königsstein. — Unweit davon sieht man an der rechten Seite einen ungeheuren Felsblock auf andern ruhend, der die höchst natürliche Gestalt eines Kopfes bildet. — Die ferneren Felspartieen heißen jene von Rathen, welche aber schon zur sächsischen Schweiz gezählt werden. — Die Basteien dieser Schweiz, an welchen man nun unmittelbar vorübersegelt, sind eine der wunderbarsten Uebereinanderhäufungen hoher und seltsam gestalteter Felsmassen. — Leider trieb uns der Dampf so schnell dahin, daß während wir auf die eine Seite blickten, uns auf der andern die reizendsten Bilder schon wieder entschwunden waren. Viel zu schnell kamen wir an dem Städtchen Pirna vorüber, das an den Ausläufern dieses Gebirgszuges liegt. Ueber alle Gebäude dieses Städtchens ragt das sehr antike Stadtthor hoch empor.
Noch sieht man das große Schloß Sonnenstein auf Felsen liegend, das jetzt als Narrenhaus dient.
Das Reizende und Schöne dieser Stromfahrt war nun vorüber, und kleinlich nimmt sich gegen diese großartige Natur, das königliche Lustschloß Pilnitz mit seinen zahllosen chinesischen Dachspitzchen aus. — Daran reiht sich eine Kette von Hügeln, bedeckt mit den Landsitzen der Städter, und rechts eine große Ebene an deren fernem Ende uns Sachsens Hauptstadt entgegen schimmerte. — Doch was ist jetzt Ferne? — Kaum hatten wir Zeit das Gepäck zu ordnen, und schon war, unfern der schönen Dresdner Brücke, der Anker ausgeworfen.
Auch diese Brücke ließ das tobende Element nicht unbeschädigt. Einer der mittleren Pfeiler gab nach, und das Kreuz und Schildhäuschen, die darauf standen, wurden in die Fluthen gestürzt. Anfänglich konnte sie noch befahren werden, erst später entdeckte man die große Beschädigung dieser Brücke, und das Fahren wurde auf viele Monate eingestellt.
Dresden.
Da ich Dresdens Merkwürdigkeiten schon vor mehreren Jahren besehen, und mir nur das prächtige Theater neu war, so benützte ich die Paar Abendstunden meines Aufenthaltes um selbes zu besuchen.
Es steht in der Mitte des schönen Domplatzes, und zieht durch den rotundenartigen prachtvollen Bau gleich die Aufmerksamkeit auf sich. — Ein herrlicher, breiter und hoher Corridor mit schönen Bogenfenstern umgibt das innere Theater, und gerade aufsteigende, breite Treppen führen von verschiedenen Seiten zu den Gallerien. Das Innere des Theaters ist zwar nicht so groß, als man nach der Außenseite zu schließen berechtiget wäre, aber Bau und Decorirung sind wahrhaft prachtvoll und überraschend. — Die Logen sind alle offen, nur durch eine ganz niedere Wand getrennt, die Wände und Stühle derselben sind mit schweren Seidenstoffen überdeckt, und die Bänke der dritten und vierten Gallerie mit Halbseiden-Stoffen. — Nur Eines war mir in akustischer Hinsicht störend: — ich hörte nämlich das leiseste Geflüster des Souffleurs so deutlich, als säße Jemand hinter mir und läse die Rollen ab. — Kaum war der Vorhang gefallen, so war auch schon Alles leer, und doch nirgend ein Gedränge. Da wurde ich erst auf die schöne Einrichtung der vielen und bequemen Ausgänge aufmerksam.
16. April.
Die Dresdner Omnibuse kann man als Muster der Bequemlichkeit aufstellen; da hat man doch gehörig Platz, und weder übermäßige Beleibtheit der Mitfahrenden, noch deren Pelze und Mäntel zu befürchten. Im Innern des Wagens ist ein Glockenzug angebracht, und jeder Aussteigende kann so dem Kutscher ein Zeichen geben. — Diese Omnibuse fahren bei allen größeren Gasthöfen vor, halten einen Augenblick an; ist aber der Reisende nicht schon bereit, so muß er zurück bleiben.
Um halb 6 Uhr früh hielt er vor unserm Gasthofe; ich hatte ihn schon erwartet, und rollte ganz gemächlich zur Eisenbahn. Von hier bis Leipzig rechnet