Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Deutsche Geschichte - Ricarda Huch Sachbücher bei Null Papier

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an­de­rer Hin­sicht ein­an­der ähn­lich wa­ren, in Sach­sen und Bay­ern. Bei­de Län­der be­durf­ten nach dem Ver­fall der Ka­ro­lin­ger vor­zugs­wei­se ein­hei­mi­scher Füh­rer, weil sie mehr als die an­de­ren den Ein­fäl­len feind­li­cher Völ­ker aus­ge­setzt wa­ren, Sach­sen der Nor­man­nen und Sla­wen, Bay­ern der Ava­ren und Magya­ren. Der Her­zog von Sach­sen, Brun, fiel im Jah­re 880 in der Nord­see ge­gen die Nor­man­nen, Luit­pold, Graf in Bay­ern, im Jah­re 907 ge­gen die Un­garn. Das große ge­mein­sa­me Er­leb­nis von Ge­fahr, Op­fer und Sieg knüpf­te das Volk fest an die­se Fa­mi­li­en. Wie nun die Ger­ma­nen dazu nei­gen, nir­gends ein ab­so­lu­tes Recht auf­kom­men zu las­sen und an­de­rer­seits nicht ab­so­lu­te Recht­lo­sig­keit zu dul­den, so be­stan­den die Frei­en und Ed­len auf dem Recht, den Kö­nig oder Her­zog zu wäh­len, lie­ßen aber in­so­fern den Grund­satz der Erb­lich­keit gel­ten, als sie die Ver­wand­ten der herr­schen­den Dy­nas­tie be­rück­sich­tig­ten, so­lan­ge sol­che vor­han­den wa­ren. So gab in Sach­sen Ver­wandt­schaft mit dem un­ver­ges­se­nen Wi­du­kind ein Recht auf die Füh­rer­schaft, und es ist an­zu­neh­men, dass die Fa­mi­lie der Bru­no­nen oder Lu­dol­fin­ger in ver­wandt­schaft­li­chem Zu­sam­men­hang mit dem al­ten Hel­den ge­stan­den hat. Lu­dolf, von Lud­wig dem Deut­schen zum Gra­fen er­ho­ben, in Kor­vey, Qued­lin­burg, an den Quel­len der Lip­pe be­gü­tert, ver­mähl­te sei­ne Toch­ter Li­ut­gard mit ei­nem Soh­ne Lud­wigs und stell­te da­durch auch eine Ver­wandt­schaft mit den Ka­ro­lin­gern her. Nach­dem Lu­dolfs Sohn Brun im Kamp­fe ge­gen die Nor­man­nen ge­fal­len war, folg­te ihm sein Bru­der Otto, von dem die Über­lie­fe­rung be­rich­tet, dass ihm die Kö­nigs­kro­ne an­ge­bo­ten sei, dass er aber als zu alt dar­auf ver­zich­tet und sei­ne Wäh­ler be­wo­gen habe, sie dem Her­zog der Fran­ken zu über­tra­gen. Sein Sohn Hein­rich mach­te sei­nen Na­men be­rühmt durch glück­li­che Be­kämp­fung der Sla­wen, konn­te aber der Un­garn, die sie her­bei­rie­fen, nicht so­fort Herr wer­den.

      Schö­ne Ge­stalt, schö­nes Ant­litz, kö­nig­li­che Hal­tung, Fes­tig­keit, Ge­las­sen­heit und ver­mut­lich die küh­le Kind­lich­keit, der gut­mü­ti­ge Hu­mor und die Spiel­freu­de, die dem nie­der­säch­si­schen Men­schen ei­gen sind, mach­ten Hein­rich zum Lieb­ling des Vol­kes und der Sage. Man ver­übel­te es ihm nicht, dass er Ha­t­he­burg, die der ers­te Ge­gen­stand sei­ner Lie­be war, als sie ihm gleich­gül­tig ge­wor­den war, in das Klos­ter zu­rück­schick­te, aus dem er sie ge­holt hat­te, die Gü­ter aber, die sie ihm zu­ge­bracht hat­te, be­hielt. Sei­ne Ehe mit der jun­gen Mat­hil­de, die durch ih­ren Va­ter von Wi­du­kind ab­stamm­te, be­frie­dig­te die An­häng­lich­keit der Sach­sen und mach­te ihn zum Va­ter aus­ge­zeich­ne­ter Söh­ne und Töch­ter. Die Fra­ge der Reichs­ein­heit lös­te er da­durch, dass er die ein­zel­nen Stäm­me in Güte zu ge­win­nen wuss­te; Her­zog Ar­nulf von Bay­ern ver­band er sich in per­sön­li­cher Un­ter­re­dung und in­dem er ihm al­ler­lei Son­der­rech­te, haupt­säch­lich auf kirch­li­chem Ge­bie­te, zu­ge­stand. Es kam Hein­rich al­ler­dings zu­gu­te, dass er von vorn­her­ein im Bun­de mit den Fran­ken war. Auf eine ei­gent­li­che Un­ter­ord­nung der Her­zog­tü­mer un­ter die Kö­nigs­ge­walt ver­zich­te­te er, die wei­te­re Aus­bil­dung der Ver­fas­sung sei­nem Nach­fol­ger über­las­send. Es ge­hört zu dem An­zie­hen­den sei­nes We­sens, dass er sich im Au­gen­blick be­schei­den konn­te, um für die Zu­kunft das Un­mög­li­che mög­lich zu ma­chen. So hielt er es mit den Un­garn, de­nen er jah­re­lang Tri­but zahl­te, um in­zwi­schen ein Heer und pas­sen­de Ver­tei­di­gungs­an­stal­ten aus­zu­bil­den und den Feind mit Si­cher­heit be­sie­gen zu kön­nen. So be­gnüg­te er sich da­mit, einen lo­sen Staa­ten­bund zu schaf­fen und we­nigs­tens das Aus­ein­an­der­fal­len des Rei­ches zu ver­hin­dern, so ver­fuhr er in Be­zug auf Rom und das Im­pe­ri­um. Als er in Fritz­lar zum Kö­nig der Sach­sen und Fran­ken ge­krönt wur­de, und der Erz­bi­schof von Mainz ihn sal­ben und krö­nen woll­te, lehn­te er das ab als sol­cher Ehre nicht wür­dig. Ob er am Ende des Le­bens dar­an dach­te, sich die Kai­ser­kro­ne in Rom zu ho­len, ist un­ge­wiss. Ste­tig, schlicht, frei von Prah­le­rei und Ei­tel­keit, si­cher in der ei­ge­nen Kraft ru­hend, ging er in das lie­be­vol­le Ge­dächt­nis nicht nur der Sach­sen, son­dern des gan­zen deut­schen Vol­kes ein.

      Dem vor­be­rei­ten­den, grund­le­gen­den Fürs­ten folg­te sein großer Sohn Otto, der von An­fang an mehr Kö­nigs­be­wusst­sein und hö­he­re Zie­le hat­te. Hein­rich blieb im­mer in ers­ter Li­nie Her­zog der Sach­sen, wenn er auch als ein pflicht­treu­er Mann die Auf­ga­ben, die das Schick­sal ihm zu­wies, er­füll­te; Otto fühl­te sich als Nach­fol­ger Karls des Gro­ßen. Wo sein Va­ter als Ers­ter un­ter Glei­chen auf­trat, war er Herr­scher, ohne dass ihm doch das schö­ne Gleich­ge­wicht der See­le, das je­nen aus­zeich­ne­te, ge­fehlt hät­te. Von al­len Sei­ten be­feh­det, von Ver­rat um­ge­ben, konn­te er wohl hef­tig zür­nen und stra­fen; aber er blieb im Her­zen ge­las­sen und frei. Wenn er auf ein­sa­men We­gen un­ter den Ei­chen sei­ner Wäl­der sich mit der Vo­gel­jagd be­lus­tig­te, sang er selbst­ver­ges­sen lieb­li­che Lie­der vor sich hin. Groß­mü­tig, gar nicht miss­trau­isch konn­te er den­sel­ben Fein­den, die ihn im­mer wie­der ver­rie­ten, im­mer wie­der ver­zei­hen.

      Ob­gleich zur­zeit Ot­tos die Zahl der frei­en Leu­te noch be­trächt­lich war, so hat­ten sich in­fol­ge der Le­hens­ver­fas­sung doch die Va­sal­len schon zu sehr zwi­schen Kö­nig und Volk ge­scho­ben, als dass er sich dar­auf hät­te stüt­zen kön­nen. Um ein Ge­gen­ge­wicht ge­gen das Un­ab­hän­gig­keitss­tre­ben der Stäm­me zu schaf­fen, be­dien­te er sich sei­ner Ver­wand­ten und der Bi­schö­fe. Da er in der Ver­wandt­schaft sei­ne ärgs­ten Fein­de hat­te, er­wies sich die erst­ge­nann­te Waf­fe als zwei­schnei­dig. Sehr wert­voll war ihm sein jüngs­ter Bru­der Brun, ein aus­ge­zeich­ne­ter Cha­rak­ter, sich selbst streng be­herr­schend und ge­recht ge­gen an­de­re, den er zum Erz­bi­schof von Köln und Her­zog von Loth­rin­gen mach­te. Bruns zu­gleich wis­sen­schaft­li­che und staats­män­ni­sche Be­ga­bung mach­ten ihn für die­se Dop­pel­stel­lung ge­eig­net. Hein­rich da­ge­gen woll­te selbst Kö­nig wer­den und mach­te sich zum Mit­tel­punkt al­ler Feind­se­lig­kei­ten ge­gen sei­nen Bru­der. Schweig­sam, ver­schlos­sen, rän­ke­süch­tig, da­bei maß­los hef­tig und rach­süch­tig er­scheint sein Cha­rak­ter durch­aus nicht an­zie­hend, aber eine Per­sön­lich­keit muss er doch ge­we­sen sein; weil er sei­nem blon­den Va­ter glich, be­vor­zug­te ihn die Mut­ter, über­haupt mach­te ihn sei­ne Schön­heit bei den Frau­en be­liebt. Nach­dem er sich end­gül­tig un­ter­wor­fen hat­te, er­hielt er das Her­zog­tum Bay­ern und er­wies sich seit­dem als zu­ver­läs­si­ge Stüt­ze des Kö­nigs. Durch sei­ne Hei­rat mit Ju­dith, der Toch­ter des ver­stor­be­nen Her­zogs Ar­nulf, nahm er an dem An­se­hen der ein­hei­mi­schen Dy­nas­tie teil. Sei­nen Schwie­ger­sohn Kon­rad mach­te Otto zum Her­zog von Loth­rin­gen, sei­nen Sohn Lu­dolf zum Her­zog von Schwa­ben, nach­dem er ihn mit der Toch­ter des letz­ten Schwa­ben­her­zogs Her­mann ver­hei­ra­tet hat­te; bei­de fie­len von ihm ab. In den Stäm­men war ein so star­ker Wi­der­stand ge­gen die kö­nig­li­che Ober­herr­schaft, dass die Stam­mes­häup­ter wie durch eine Na­tur­kraft da­von er­grif­fen wur­den; die Zeit­ge­nos­sen we­nigs­tens ha­ben den un­glück­li­chen Lu­dolf, be­vor er Her­zog wur­de, der Un­treue und Wi­der­setz­lich­keit nicht fä­hig ge­hal­ten, und Kon­rad hat durch den Ei­fer, mit dem er, um sein Ver­ge­hen gutz­u­ma­chen,

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