Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Deutsche Geschichte - Ricarda Huch Sachbücher bei Null Papier

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konn­te er sei­nem Fein­de eine Nie­der­la­ge nur bei­brin­gen, in­dem er sich ihm un­ter­warf. Die Voraus­set­zun­gen des Chris­ten­tums wa­ren so, dass der Papst ei­nem reui­gen Sün­der die Los­spre­chung vom Ban­ne nicht ver­sa­gen konn­te. Man sah ihm nicht ins Herz; es war die Kehr­sei­te der kirch­li­chen Äu­ßer­lich­keit, dass die fest­ge­setz­ten äu­ße­ren Zei­chen der Reue als sol­che gel­ten ge­las­sen wer­den muss­ten. In­dem Hein­rich als Bü­ßer er­schi­en, zwang er den Papst, ihn wie­der in den Schoß der Kir­che auf­zu­neh­men. Den Papst trös­te­te über das er­trotz­te Zu­ge­ständ­nis der in­ne­re Vor­be­halt, dass der Kö­nig zwar vom Ban­ne be­freit, aber nicht als Kö­nig wie­der ein­ge­setzt sei, wäh­rend der Kö­nig zu­frie­den war, die au­gen­blick­li­che Ge­fahr be­sei­tigt zu ha­ben. Nach­dem Gre­gor die Lö­sung vom Ban­ne aus­ge­spro­chen hat­te, ga­ben sich Papst und Kö­nig den Frie­dens­kuss.

      Eine furcht­ba­re Pau­se starr­te zwi­schen den Ge­wit­ter­schlä­gen des Rie­sen­kamp­fes. Kö­nig und Papst, der ger­ma­ni­sche und der rö­mi­sche Wel­t­herr­scher, stan­den sich Auge in Auge ge­gen­über, die Brust voll Hass und Ra­che, aber ge­lähmt durch das Be­wusst­sein, un­trenn­bar mit­ein­an­der ver­bun­den zu sein. Sie wa­ren nicht zwei Herr­scher, von de­nen je­der des an­de­ren Reich be­sit­zen, von de­nen je­der den an­de­ren ver­nich­ten möch­te, sie wa­ren un­lös­lich mit­ein­an­der ver­wach­sen und in­ein­an­der ver­bis­sen, und im­mer wie­der ka­men Au­gen­bli­cke, wo ih­nen das klar wur­de. Der Papst be­grün­de­te sei­nen welt­li­chen Be­sitz auf Schen­kun­gen der Kai­ser, die Kai­ser emp­fin­gen ihre Kro­ne in Rom durch den Papst, die Völ­ker sa­hen zu ih­nen bei­den als zur Spit­ze der Chris­ten­heit auf; sie wa­ren auf­ein­an­der an­ge­wie­sen und konn­ten höchs­tens durch einen Per­so­nen­wech­sel vor­über­ge­hend zu ge­win­nen hof­fen. Bei­de wa­ren mäch­tig, wenn auch auf ver­schie­de­ne Wei­se: dem Papst ge­hör­te nur eine klei­ne Pro­vinz, aber er herrsch­te über die re­li­gi­ösen Ge­füh­le und Ge­dan­ken al­ler Chris­ten, und sein Thron stand auf den Trüm­mern der al­ten Welt­stadt Rom; der Kö­nig war der An­füh­rer der deut­schen Rit­ter, die an die Stel­le rö­mi­scher Le­gio­nen ge­tre­ten wa­ren, aber ihm ge­hör­te nur, was er sich durch ei­ge­ne Kraft un­ter­warf. Bei­de konn­ten sich ge­gen­ein­an­der ih­rer Macht nur so­weit be­die­nen, als sie nicht sich selbst da­durch ver­letz­ten.

      Hein­rich, der sei­ne hohe Ge­stalt und sein blon­des Haupt vor dem häss­li­chen klei­nen Mönchs­papst ge­beugt hat­te, blieb im Her­zen un­beug­sam. Wäh­rend der Papst im ge­hei­men die Krö­nung des Ge­gen­kö­nigs be­trieb, trat er als recht­mä­ßi­ger Kö­nig auf und hoff­te auf einen Waf­fen­sieg über die Geg­ner. Ru­dolf fiel in der Schlacht und wur­de in Mer­se­burg be­gra­ben; schon vor­her hat­te Hein­rich einen treu­en An­hän­ger, den Gra­fen Fried­rich von Bü­ren, zum Her­zog von Schwa­ben er­ho­ben und dem bis da­hin in be­schei­de­nen Ver­hält­nis­sen le­ben­den jun­gen Mann sei­ne Toch­ter Ag­nes zur Frau ge­ge­ben. Nach­dem Gre­gor den Kö­nig von Neu­em ex­kom­mu­ni­ziert hat­te, er­klär­te Hein­rich auf ei­ner Synode in Bri­xen mit meh­re­ren Bi­schö­fen in maß­lo­ser Spra­che und un­ter un­ge­heu­ren Be­schul­di­gun­gen Gre­gor für ab­ge­setzt und Bi­schof Wi­bert von Ra­ven­na zum Papst. Dann zog er nach Ita­li­en, er­kämpf­te sich den Ein­zug in Rom, wo ein Teil der Be­völ­ke­rung ihm an­hing, und ließ sich von Wi­bert zum Kai­ser krö­nen. Gre­gor wäre ver­lo­ren ge­we­sen, hät­te er sich nicht den Bei­stand der Nor­man­nen ge­si­chert ge­habt, die in Un­ter­ita­li­en nach Ver­drän­gung der Grie­chen und Sa­ra­ze­nen ein Reich ge­bil­det und vom Papst zu Le­hen ge­nom­men hat­ten. Wie einst die Päps­te bei den Fran­ken Schutz ge­gen die Lan­go­bar­den ge­sucht hat­ten, so such­ten sie jetzt ge­gen die zu Nach­barn ge­wor­de­nen Deut­schen Schutz bei den neu ein­ge­drun­ge­nen Bar­ba­ren, die ihre Erobe­rung gern durch die Aner­ken­nung von sei­ten ei­ner recht­mä­ßi­gen Macht stütz­ten. Ob­wohl Hein­rich be­deu­ten­de Er­fol­ge er­run­gen hat­te, ging in Deutsch­land und in Ita­li­en der Kampf wei­ter. Die großen grund­sätz­li­chen Ge­gen­sät­ze, die aus­ge­spro­chen wa­ren, zo­gen wie weit­hin sicht­ba­re Fah­nen An­hän­ger an sich und zwan­gen je­den, Par­tei zu neh­men. Streit­schrif­ten wur­den ge­wech­selt, die zwar la­tei­nisch ver­fasst wa­ren, de­ren In­halt sich aber doch auch un­ter den Lai­en ver­brei­te­te.

      Die ita­lie­ni­schen Bi­schö­fe wa­ren dem Kai­ser im All­ge­mei­nen an­häng­li­cher als die deut­schen. Vie­le von ih­nen wa­ren Deut­sche, al­lein der scharf­sin­nigs­te und fol­ge­rich­tigs­te un­ter ih­nen, Ben­zo von Alba, scheint ein Sü­dita­lie­ner, viel­leicht grie­chi­scher Ab­kunft ge­we­sen zu sein. Er brach­te die An­sich­ten der äl­te­ren Bi­schö­fe, die nicht dar­an zwei­fel­ten, dass der Kö­nig das recht habe, die Bi­schö­fe ein­zu­set­zen, in eine zu­sam­men­hän­gen­de Theo­rie. Da die Bi­schö­fe vom Kö­ni­ge welt­li­che Le­hen emp­fin­gen, schul­de­ten sie ihm Ge­hor­sam, be­glei­te­ten sie ihn doch auch wie an­de­re Va­sal­len auf sei­nen Feld­zü­gen als An­füh­rer der Kriegs­leu­te, die sie ihm zu stel­len hät­ten. Da nun alle Bi­schö­fe ein­an­der gleich sei­en, sag­te Ben­zo, ste­he auch der Papst un­ter dem Kai­ser, und wenn er den Papst nicht ein­set­ze, so dür­fe doch we­nigs­tens ohne sei­ne Zu­stim­mung kein Papst kon­se­kriert wer­den. Über dem Kai­ser ste­he nur Gott, ver­gli­chen mit dem Kai­ser wä­ren alle Kö­ni­ge der Erde nur klei­ne Pro­vinz­kö­ni­ge. Da­mit die­se mys­ti­sche Kö­nigs­macht eine ir­disch si­che­re Grund­la­ge be­kom­me, mach­te Ben­zo den merk­wür­di­gen Vor­schlag, eine all­ge­mei­ne Steu­er zu er­he­ben, die den Kai­ser in den Stand set­zen wür­de, Be­am­te an­zu­stel­len und Söld­ner zu un­ter­hal­ten, so­dass er von sei­nen Le­hens­leu­ten un­ab­hän­gig wür­de. Das Bei­spiel für eine sol­che Ein­rich­tung fand er in Un­ter­ita­li­en, wo ähn­li­che Ein­rich­tun­gen aus der rö­mi­schen Zeit sich er­hal­ten hat­ten. Kaum hät­te ein der­ar­ti­ger Vor­schlag in Deutsch­land un­ter Deut­schen ge­macht wer­den kön­nen, die jede Auf­la­ge von Steu­ern als einen un­er­träg­li­chen An­griff auf die Rech­te des frei­en Man­nes be­trach­te­ten. Vi­el­leicht er­klärt sich auch dar­aus, dass die Idee des zen­tra­li­sier­ten Staa­tes sich in Ita­li­en er­hal­ten hat­te, die An­häng­lich­keit der ita­lie­ni­schen Bi­schö­fe an den Kai­ser.

      Ei­ner der nam­haf­tes­ten Ver­fech­ter des Kai­ser­rech­tes in Deutsch­land, Wal­ram von Naum­burg, such­te auch dem Papst ge­recht zu wer­den. Ei­nig­keit zwi­schen Kai­ser und Papst müs­se herr­schen, sag­te er, da bei­de über das Reich ge­setzt wä­ren, in die welt­li­che Herr­schaft aber habe der Papst sich nicht zu mi­schen. Der Kai­ser sei un­ab­setz­bar, dem Papst be­stritt er das Recht, die Un­ter­ta­nen vom Treu­eid zu lö­sen und da­durch eine Spal­tung her­bei­zu­füh­ren. Die Be­stim­mung des Paps­tes, der Nach­fol­ger Chris­ti zu sein, wur­de her­an­ge­zo­gen, um ihm das Ent­zün­den von Krie­gen zum Vor­wurf zu ma­chen.

      Die An­hän­ger des Paps­tes be­rie­fen sich auf das Recht des Vol­kes, den Kö­nig zu wäh­len, was das Recht, ihn ab­zu­set­zen, in sich schlie­ße. Der Chor­herr Ma­ne­gold von Lau­ten­bach be­leuch­te­te das Ver­nunft­ge­mä­ße die­ses Rech­tes, in­dem er dar­auf hin­wies, dass je­der Ver­stän­di­ge einen Schwei­ne­hir­ten, der die Her­de nicht hü­te­te, son­dern ver­kom­men lie­ße, mit Schimpf und Schan­de da­von­ja­gen wür­de; wie viel mehr

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