Deutsche Geschichte. Ricarda Huch
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Einmal jedoch begegnete Adalbert einem Ebenbürtigen, wenn auch im Charakter ganz von ihm Verschiedenen, in dem Slawen Gottschalk. Ein Obotritenfürst war so weit für das Christentum gewonnen worden, dass er seinen Sohn dem Michaelskloster in Lüneburg zur Erziehung übergab, wo er den Namen Gottschalk annahm. Als dem Jüngling die Kunde zukam, dass sein Vater von den Sachsen ermordet worden sei, floh er aus dem Kloster, um Rache zu nehmen. Tausend Sachsen sollten fallen für einen Wenden. Nach mörderischem Wüten unter den Feinden wurde er von Herzog Bernhard von Sachsen gefangengenommen, der aus Achtung vor der Tapferkeit des Gegners ihm die Freiheit schenkte unter der Bedingung, dass er das Land verlasse. Gottschalk ging nach Dänemark, befreundete sich mit König Knut und begleitete ihn nach England. Dort wurde er vom Christentum, das er als Knabe wie andere Schulaufgaben gelernt hatte, im Innersten ergriffen und wünschte nun, seinem Volke diesen Glauben mitzuteilen. Er kehrte zurück, setzte sich mit Adalbert ins Einvernehmen und entwarf mit ihm den Plan eines Bekehrungsversuches unter den Wenden. Was Adalbert angriff, bekam einen großen, schwungvollen Umriss: ein christliches Wendenreich sollte gebildet werden, an dessen Spitze Gottschalk stehen sollte unter dem Schutze des Erzbischofs. Als eingeborener Fürst, der Sprache kundig und von der Kraft des aufrichtigen Glaubens durchdrungen, erzielte Gottschalk bedeutende Erfolge; es konnte ein Bistum Aldenburg den Bistümern Mecklenburg und Ratzeburg hinzugefügt werden. Adalberts Freund Sven Esthritson trat in die Verbindung ein, indem er Gottschalk seine Tochter Sigrid zur Frau gab. Bremens beherrschender Einfluss über das benachbarte Slawenland schien gesichert zu sein.
Da verriet ein furchtbarer Aufstand, zu dem der Sturz Adalberts im Jahre 1066 das Zeichen gab, dass der Hass der Wenden gegen die Christen und ihren Gott nicht erloschen sei: Gottschalk wurde erschlagen, ebenso die Bischöfe von Mecklenburg und Ratzeburg; wie Opfertiere wurden sie den heidnischen Göttern geschlachtet.
Adalbert sang wie das Standbild der Sage einen Hymnus des Lebens, wenn die Sonne des Glücks ihn berührte; dem Unglück gegenüber hatte er keine Widerstandskraft. Um dem Bischof von Würzburg gleichzukommen, der fast alle Grafschaften in seiner Diözese und zugleich die Herzogsgewalt besaß, hatte er möglichst viele Grafschaftsrechte aufgekauft und den umwohnenden Adel zu Vasallen gemacht und war dadurch in Schulden geraten. Seine königlichen Lebensgewohnheiten aufzugeben, war ihm unmöglich, lieber verkaufte er die Kirchenschätze und gab dadurch seinen zahlreichen Feinden Anlass, ihn der Ketzerei und Zauberei zu beschuldigen. Als es ihnen gelungen war, ihn von Hofe zu verdrängen, und er schutzlos den Übergriffen der Herzöge von Sachsen preisgegeben war, flüchtete er aus der hässlichen Wirklichkeit tiefer in seinen Traum, der allmählich fast Wahn wurde. Um die Einzelheiten der Verwaltung hatte er sich nie kümmern mögen, die Folge war, dass er von allen Seiten betrogen wurde. Seine jähen Zornausbrüche, wenn er es erfuhr, wurden verlacht oder machten ihn verhasst. Wenn er auch nach drei Jahren in seine Würde wieder eingesetzt wurde und Beweise königlicher Gunst in Fülle davontrug, so vermochte er doch weder sein Erzbistum noch seine verwilderte Seele neu zu ordnen. Um ihn herum bröckelte alles ab. Anstatt dem Verfall ernstlich zu wehren, raffte er gewaltsam zusammen, so viel er konnte, und wenn er von nutzlosem Auftrieb ermüdet war, wiegte er sich mit Musik und Märchen in Schlaf.
Adalberts großartige Gedanken in Bezug auf ein nordisches Patriarchat fanden nach seinem Tode, als mit Gregor VII. eine dem deutschen Reiche feindliche Stimmung zur Herrschaft gekommen war, kein Verständnis mehr in Rom. Nun empfing König Sven schmeichlerische Briefe vom Papst mit Aufmunterungen, die nordischen Reiche durch Gründung eines eigenen Erzbistums von den Deutschen zu befreien. Sven jedoch, dem die Abhängigkeit von Rom nicht lockender erscheinen mochte als die vom Kaiser, antwortete nicht. Er starb fünf Jahre nach Adalbert. Sein Nachfolger verhielt sich gegenüber weiteren Bemühungen Gregors, eine schwedische Nationalkirche zu gründen, ebensowenig zugänglich, erst Paschalis II. erhob im Jahre 1104 das Bistum Lund zum Erzbistum und übertrug ihm die Leitung des ganzen skandinavischen Nordens. Einige Jahrzehnte später trat in Erzbischof Eskil ein Mann auf, der den neuen Anspruch energisch ins Werk setzte. So war denn im Norden ebenso wie im Südosten der deutschen Kirche der Einfluss abgeschnitten, den sie anfangs auf die heidnischen Völker ausgeübt hatte, und Skandinavien wie Ungarn und Polen unmittelbar dem Papst unterworfen. Tatsächliche Herrschaft über die umwohnenden Völker auszuüben, hatten die Deutschen nicht Kräfte und Mittel genug, und überall begegneten ihnen hervorragende Männer, die ihnen die Kraft des fremden Volkstums entgegensetzten. Innerhalb dieser Wechselwirkung aber hatte das deutsche Volk, das Träger des Weltreichsgedankens war, doch noch ein so großes Übergewicht, dass es Angriffe nicht zu fürchten brauchte und mit dem Glanz seines ruhmreichen Namens weithin wirken konnte. Den slawischen Nachbarn entriss es sogar in langen, schweren Kämpfen so große Gebiete, dass damit fast ein neues Reich dem alten hinzuwuchs.
Imperatoren
Zurzeit Rudolfs von Habsburg, also am Ende des 13. Jahrhunderts, schrieb Jordanus von Osnabrück ein Buch über das Römische Reich und seine Übertragung auf die Deutschen; als Verfasser wird jetzt ein anderer, aber auch ein Westfale angesehen. Er erzählt, wie Äneas und Priamus, des großen Priamus Sohn, von Afrika nach Italien zogen, wo Äneas blieb. Priamus sei nach Gallien gegangen, habe die Gallier nach Westen gedrängt, habe am Rhein