Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Deutsche Geschichte - Ricarda Huch Sachbücher bei Null Papier

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im Süd­os­ten des Rei­ches Bi­schof Pil­grim von Passau ihn ge­hegt hat­te.

      Aus ei­ge­ner An­schau­ung hat­te Adal­bert kei­ne Kennt­nis der nor­di­schen Län­der; aber er sam­mel­te so viel Nach­rich­ten über sie wie mög­lich. Mit den Sla­wen, die Meck­len­burg und Pom­mern be­wohn­ten, gab es Be­zie­hun­gen, denn an der Mün­dung der Oder lag Jum­ne, die reichs­te Han­dels­stadt der Welt, wo kost­ba­re Er­zeug­nis­se fer­ner Län­der ge­tauscht wur­den. Es war be­kannt, dass man von dort zu Lan­de nach Grie­chen­land ge­lan­gen konn­te, wenn auch die­ser Weg we­gen der un­be­re­chen­ba­ren Sin­nes­art der an­woh­nen­den Völ­ker ver­mie­den wur­de. Wei­ter­hin nach Os­ten warf das Meer den gold­gel­ben Bern­stein ans Ufer, mit dem die Frau­en des Sü­dens sich schmück­ten, und noch wei­ter oben lag das selt­sa­me Land der Ama­zo­nen, von de­nen man sag­te, dass sie durch ein Was­ser, das dort flie­ße, schwan­ger wür­den, an­de­re mein­ten durch vor­über­rei­sen­de Kauf­leu­te, die sie ge­fan­gen­näh­men und nach dem Ge­brauch wie­der vers­tie­ßen. Sie er­zeug­ten Mäd­chen von wun­der­ba­rer Schön­heit und Söh­ne mit Hun­de­köp­fen. Zur­zeit des Erz­bi­schofs Ale­brand, der vor Adal­bert re­gier­te, ta­ten sich ei­ni­ge vor­neh­me Frie­sen zu­sam­men, um zu er­kun­den, ob es wahr sei, dass man von der Mün­dung der We­ser aus im­mer nord­wärts fah­rend zum gren­zen­lo­sen Welt­meer kom­me. Nach­dem sie sich eid­lich mit­ein­an­der ver­bun­den hat­ten, fuh­ren sie ab, ru­der­ten an Dä­ne­mark, Schott­land und Is­land vor­über und ge­rie­ten plötz­lich in den Ne­bel des wel­ten­den­den Mee­res. Dort riss sie ein Stru­del mit, der ih­rer Mei­nung nach da­durch ent­stan­den sei, dass dort alle Strö­mun­gen Ur­sprung und Aus­mün­dung hät­ten, ver­schlang ei­ni­ge Schif­fe und spie an­de­re wie­der aus. Sie kehr­ten nach Bre­men zu­rück und er­zähl­ten dem Erz­bi­schof ihre Er­leb­nis­se. Bei Is­land, sag­ten sie, sei das Eis des Ozeans schwarz und so tro­cken vor Al­ter, dass es an­ge­zün­det bren­ne. Si­che­re­re Nach­rich­ten gab es über die skan­di­na­vi­schen Län­der. Nicht nur dass schon der hei­li­ge Ans­gar am Mälar­see ge­we­sen war, Adal­bert stand in freund­schaft­li­cher Be­zie­hung zum schwe­di­schen Kö­nig Sven Es­thrit­son, in des­sen Ge­dächt­nis die Ge­schich­te der nor­di­schen Völ­ker wie in ei­nem Bu­che ge­bor­gen war. Man kann­te Fü­nen mit der großen Stadt Oden­se, See­land mit Rös­kil­de, dem dä­ni­schen Kö­nigs­sitz, Scho­nen mit Lund, die frucht­bars­te dä­ni­sche Land­schaft, wo es schon 300 Kir­chen gab. Schwe­den schil­der­te der Kö­nig als ein eben­falls an Vieh, Früch­ten und Ho­nig rei­ches Land, dem auch viel Wa­ren aus der Frem­de zu­ge­führt wür­den; herr­lich sei der gol­de­ne Tem­pel von Upp­sa­la, wo alle neun Jah­re, zur­zeit der Früh­lings-Tag­und­nacht­glei­che alle schwe­di­schen Völ­ker zu­sam­men­kämen und ein Fest fei­er­ten. Nor­we­gen da­ge­gen sei rau, un­ge­heu­er kalt, un­frucht­bar, arm. Das Volk lebe von Vieh­zucht, nur an Milch und Wol­le sei es reich. Er er­zähl­te von den schwar­zen Füch­sen und Ha­sen, wei­ßen Mar­dern und Bä­ren, die es oben im Nor­den gäbe, und von den Fin­nen, die auf Schnee­schu­hen die Ure, Büf­fel und El­che über­flü­gel­ten, die sie jag­ten. Alle Nord­leu­te, aber ganz be­son­ders die Fin­nen, kann­ten noch die al­ten Zau­ber; so wuss­ten sie durch ge­mur­mel­te Sprü­che die Wal­fi­sche in ihre Ge­walt zu brin­gen. Je mehr man nach Nor­den kam, de­sto mehr war heid­nische Zau­be­rei im Schwan­ge.

      Den Cha­rak­ter der Nord­leu­te stell­te man an Adal­berts Hofe nach al­lem, was man da­von sah und hör­te, sehr hoch. Sie be­sa­ßen die von den Deut­schen so ge­schätz­ten Ei­gen­schaf­ten der Tap­fer­keit und des Stol­zes; sie lie­ßen sich lie­ber tö­ten als züch­ti­gen; von ei­nem zum Tode Ver­ur­teil­ten er­for­der­te der An­stand, un­be­küm­mert fröh­lich zu er­schei­nen. Sie ver­ach­te­ten Gold und Sil­ber, Pelz­werk und fei­ne Stof­fe, und ihre Gast­frei­heit war un­be­grenzt. Es mach­te tie­fen Ein­druck, dass in man­chen Ge­gen­den Schwe­dens und Nor­we­gens die vor­nehms­ten Män­ner Vieh­hir­ten wa­ren wie die Erz­vä­ter der Bi­bel, dass die Schwe­den noch kei­ne Städ­te hat­ten und ihr Le­ben in Ar­mut und hei­li­ger Ein­falt zu­brach­ten. Sie wa­ren so lie­be­vol­ler Ge­sin­nung, dass sie al­les ge­mein­sam be­sa­ßen, und zwar nicht nur die Ein­hei­mi­schen un­ter­ein­an­der, son­dern die Frem­den in­be­grif­fen. Dies, sag­te man, sei nicht eine Fol­ge des Chris­ten­tums, son­dern ihre Na­tur sei christ­lich, ohne dass sie von Chris­ti Leh­re et­was wüss­ten. Die ge­bil­de­ten Deut­schen be­trach­te­ten die Nord­leu­te ge­rührt wie etwa Ta­ci­tus die Ger­ma­nen.

      So­wohl in Dä­ne­mark wie in Schwe­den gab es schon christ­li­che Kir­chen und Gläu­bi­ge, über­haupt ließ sich das Volk dort oben gern von Chris­tus und sei­nen Ta­ten er­zäh­len; aber die deut­schen Chris­ten wa­ren es, so er­fuhr man, die die Aus­brei­tung des Chris­ten­tums er­schwer­ten. Ihr Bei­spiel schreck­te ab, da sie das, was sie lehr­ten, nicht durch ihr Le­ben ver­wirk­lich­ten. Be­son­ders die Hab­gier, mit der sie Steu­ern auf­leg­ten, und die Här­te der Ein­for­de­rung der­sel­ben er­reg­ten Un­wil­len; bei­des wur­de dem Her­zog Bern­hard von Sach­sen vor­ge­wor­fen, der oh­ne­hin Adal­berts Feind war. Auch der Sla­wen Frei­ge­big­keit und Gast­frei­heit hob sich preis­wür­dig ab von der christ­li­chen Hab­gier. Die Aner­ken­nung schö­ner und ed­ler Ei­gen­schaf­ten der Hei­den führ­te nicht etwa zur Her­ab­set­zung des Chris­ten­tums, son­dern zu dem ver­stärk­ten Wun­sche, die­se Hei­den zu Chris­ten zu ma­chen, da­mit sie das ein­zi­ge er­wür­ben, was ih­nen fehl­te. Denn erst als Chris­ten wa­ren sie Glie­der des Rei­ches, tra­ten sie ein in den got­t­er­füll­ten Raum des Him­mels und der Erde, des Le­bens in der Ewig­keit. Es war ein Zau­ber, der die Men­schen ver­klär­te, auch wenn er ihr In­ne­res nicht ver­wan­del­te.

      In ei­nem Punk­te nur fand man die Nord­leu­te zu ta­deln, in der Maß­lo­sig­keit näm­lich, mit der sie sich sinn­li­chen Genüs­sen hin­ga­ben. Sie be­rausch­ten sich im Trunk und in der Lie­be, und we­der das Trin­ken noch die Frau­en woll­ten sie sich neh­men las­sen. Kö­nig Sven wur­de vom Vol­ke we­gen der großen Zahl sei­ner na­tür­li­chen Kin­der Kö­nig Va­ter ge­nannt. Die Men­ge der Be­zie­hun­gen hin­der­te nicht, dass sie ei­ner ein­zel­nen Frau mit be­harr­li­cher Lei­den­schaft an­hin­gen. Sven hat­te nach dem Tode sei­nes Vor­gän­gers auf dem schwe­di­schen Thro­ne des­sen Wit­we Gun­hild ge­hei­ra­tet, die nach der An­sicht der Kir­che in ei­nem ver­bo­te­nen Gra­de mit ihm ver­wandt war. Da die dä­ni­schen Bi­schö­fe ihn bei Adal­bert des­we­gen an­klag­ten und Adal­bert, in die­sem Punk­te un­er­bitt­lich, ihm riet, sich von sei­ner Frau zu schei­den, wei­ger­te er sich, muss­te schließ­lich aber doch nach­ge­ben. Adal­bert hat­te Mühe, den Er­bit­ter­ten zu ver­söh­nen. Die Frau, die er dann hei­ra­te­te, wur­de von sei­ner Ge­lieb­ten ver­gif­tet. Adal­bert, der selbst, au­gen­schein­lich mehr in­fol­ge na­tür­li­cher Ver­an­la­gung als aus As­ke­se, keusch war, ver­ach­te­te die, wel­che ihre sinn­li­chen Ge­lüs­te nicht be­herr­schen konn­ten. Da­von ab­ge­se­hen moch­te er sich dem Aus­schwei­fen­den und Fan­tas­ti­schen der nor­di­schen Men­schen ver­wandt füh­len. Mön­chi­sche Dür­re war ihm fremd; es war, als bre­che die ver­hal­te­ne Sinn­lich­keit mit dop­pel­tem Über­schwang aus sei­nem Geis­te her­vor. Er war ein Ver­schwen­der, der nur in der Fül­le at­men konn­te. Nach ei­nem großen Bran­de bau­te er den Dom von Bre­men nach dem Mus­ter des Doms von Be­ne­vent fremd­ar­tig und über alle Ge­wohn­heit präch­tig. Er lieb­te das Alte Te­sta­ment, wo der Herr sich in sei­ner Ma­je­stät

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