Deutsche Geschichte. Ricarda Huch

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Deutsche Geschichte - Ricarda Huch Sachbücher bei Null Papier

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näm­lich Aa­chen, Are­lat, Mai­land und Rom, sind sei­ne Mau­ern. Die Schrift hat­te den Zweck, die Fein­de der Deut­schen, na­ment­lich die Kir­che und Frank­reich, zu war­nen. Es ist gött­li­che Be­stim­mung, das ist ihr Grund­ge­dan­ke, nicht mensch­li­che Er­fin­dung, dass das Kai­ser­tum den Deut­schen ge­ge­ben ist. Wie die Kir­che die Kir­che Got­tes ist, so ist das Reich das Reich Got­tes, Kir­che und Reich sind nicht zu tren­nen. Stürzt das Im­pe­ri­um, so stürzt auch die Kir­che, und der Welt­un­ter­gang ist da. Es war die all­ge­mei­ne An­nah­me, dass dem Un­ter­gang des rö­mi­schen Wel­trei­ches die Herr­schaft des An­ti­christ fol­gen wer­de.

      Ma­g­na­ni­mi­ter et im­pe­ria­li­ter, mit großem Herr­scher­sinn, soll­ten die Deut­schen das Reich in­ne­ha­ben; die­ser Auf­ga­be ha­ben die deut­schen Kai­ser ent­spro­chen. Sie er­fass­ten die Pf­lich­ten, die das Im­pe­ri­um, die Wel­t­herr­schaft ih­nen auf­er­leg­te, als die größ­te und wich­tigs­te. Nach ih­rer Mei­nung und der ih­res Vol­kes un­ter­schie­den sie sich durch­aus von al­len an­de­ren Kö­ni­gen und Fürs­ten da­durch, dass sie nicht nur ih­rem Vol­ke, son­dern dass sie der ge­sam­ten Welt, ins­be­son­de­re der Chris­ten­heit vor­stan­den. Sie voll­zo­gen zwar, nach­dem sie zu Kö­ni­gen ge­krönt wa­ren, zu­erst den Um­ritt durch Deutsch­land, um sich von al­len Stäm­men hul­di­gen zu las­sen; denn als den Kö­ni­gen der Deut­schen stand ih­nen das Im­pe­ri­um zu, und die­se Grund­la­ge muss­te also zu­erst ge­si­chert wer­den; dann aber hat­te der Zug nach Rom zu fol­gen, wo durch die Krö­nung des Paps­tes die Über­nah­me der höchs­ten ir­di­schen Wür­de be­sie­gelt wur­de. Wäh­rend an­de­re Krie­ge und Feld­zü­ge nur mit Zu­stim­mung der Gro­ßen des Rei­ches un­ter­nom­men wer­den konn­ten, wa­ren alle Reichs­glie­der ohne wei­te­res ver­pflich­tet, dem Kö­ni­ge zur Rom­fahrt Zu­zug und Bei­trä­ge zu leis­ten. An eine Wel­t­herr­schaft im alt­rö­mi­schen Sin­ne dach­ten die deut­schen Nach­fol­ger der Cäsa­ren nicht, und es hät­te das auch dem ger­ma­ni­schen Staats- und Rechts­ge­fühl gar nicht ent­spro­chen; nur auf eine per­sön­li­che Ober­ho­heit des Kai­sers kam es an, die auch lan­ge Zeit all­ge­mein an­er­kannt wur­de. Die Rei­che des Nor­dens und Os­tens, die zum Teil von Deutsch­land aus chris­tia­ni­siert und ko­lo­ni­siert wa­ren, un­ter­war­fen sich, wenn auch nur nach im­mer wie­der­hol­ten Auf­leh­nun­gen, der Le­hens­ho­heit des Kai­sers, was sich dar­in aus­drück­te, dass sie ihn nicht be­kämpf­ten, zu­wei­len so­gar ihm Hee­res­fol­ge leis­te­ten. Auch Eng­land und Frank­reich an­er­kann­ten das Im­pe­ri­um, Frank­reich al­ler­dings mit dem (nur so lan­ge es schwach war) zu­rück­ge­hal­te­nen Ge­dan­ken, dass sie, die West­fran­ken, mehr Recht dar­an hät­ten, als die Ost­fran­ken. Das Be­wusst­sein der Ein­heit, das in den Völ­kern des Abend­lan­des le­ben­dig war, kam in der Aner­ken­nung der mit­ein­an­der ver­bun­de­nen päpst­lich-kai­ser­li­chen Herr­schaft zum Aus­druck. Man hät­te sich aus der abend­län­di­schen Ge­mein­schaft aus­ge­schal­tet, wenn man die Ho­heit der bei­den Häup­ter, die zu­sam­men das Ewi­ge Rom be­herrsch­ten, ge­leug­net hät­te. Da­ran al­ler­dings konn­te man zwei­feln, ob die Deut­schen durch­aus Trä­ger des Im­pe­ri­ums sein müss­ten. Dass sie es wa­ren, konn­te man, wenn man Lust hat­te, auf Pria­mus und Äne­as zu­rück­füh­ren; tat­säch­lich wa­ren sie es ge­wor­den durch ihre mi­li­tä­ri­sche Über­macht und ihre geo­gra­fi­sche Lage. Als das Reich der Mit­te, als ein Land, reich an star­ken Män­nern und Waf­fen, als ein emp­fäng­li­ches Volk, das frem­den Ein­flüs­sen zu­gäng­lich und zu­gleich fä­hig war, sie ei­gen­ar­tig zu ver­ar­bei­ten, als ein fan­ta­sie­vol­les Volk, das zwar kriegs­tüch­tig, aber nicht ei­gent­lich er­obe­rungs­süch­tig war, be­sa­ßen die Deut­schen vie­le Ei­gen­schaf­ten, die sie ge­eig­net mach­ten, Ver­mitt­ler, Trä­ger der Ein­heit zu sein.

      Was den Kai­sern ob­lag, dem Reich, des­sen Gren­zen der Idee nach mit den Gren­zen der Welt zu­sam­men­fie­len, Rich­tung, Recht und Frie­den zu ge­ben, über­stieg Men­schen­kraft; des­halb hat­ten die Kai­ser fast alle, mit Aus­nah­me Karls des Gro­ßen und Ot­tos des Gro­ßen, einen tief­tra­gi­schen Zug. Al­ler Le­ben war ein fort­wäh­ren­der Kampf, ein fort­wäh­ren­des ver­geb­li­ches Be­mü­hen, das Un­mög­li­che zu ver­wirk­li­chen, wo­bei sie sich auf­rie­ben. Die meis­ten star­ben jung, Otto II. und Otto III. er­reich­ten nicht ein­mal das Man­nes­al­ter, Kon­rad II. wur­de 50, Hein­rich III. nur 40 Jah­re alt, Hein­rich IV. starb mit 56 Jah­ren, Hein­rich V. mit 44 Jah­ren. Vor­tei­le gab es kaum zu er­lan­gen au­ßer grö­ße­re Ehre und grö­ße­re Verant­wor­tung. Dass es trotz­dem nie an Be­wer­bern um die Kro­ne fehl­te, er­klärt sich dar­aus, dass es im Krei­se de­rer, die sich be­rech­tigt füh­len konn­ten, im­mer Hoch­her­zi­ge gab, die eben die Ehre und die Verant­wor­tung lock­te. Schon Deutsch­land zu ei­ni­gen er­for­der­te eine un­ge­heue­re An­span­nung der Kräf­te, die ge­leis­tet wer­den muss­te nicht mit Söld­nern und ei­nem Volks­heer, son­dern mit Hil­fe von Va­sal­len, von de­nen die meis­ten nur dann ge­horch­ten, wenn sie da­bei zu ge­win­nen hoff­ten. Es kam nie vor, dass alle Stäm­me, alle Reichs­glie­der sich frei­wil­lig dem ge­wähl­ten Kai­ser un­ter­war­fen; das Deut­sche Reich war nichts fest Um­grenz­tes, es muss­te fort­wäh­rend neu ge­bil­det wer­den. Zu die­ser Auf­ga­be, das Reich im In­ne­ren zu ei­nem Gan­zen zu­sam­men­zu­fas­sen, ka­men die Ein­fäl­le der frem­den Völ­ker im Nor­den, Os­ten und Sü­den, die stets wach­sa­me An­griffs­lust Frank­reichs und die Geg­ner­schaft des Paps­tes. War es das Ge­fahr­vol­le, so war es doch auch das Wun­der­vol­le in der Ver­fas­sung des Rö­mi­schen Rei­ches Deut­scher Na­ti­on, dass es dar­in kei­ne Ge­walt gab, die nicht einen Ge­gen­spie­ler ge­habt hät­te, der es ihr un­mög­lich mach­te, un­be­schränkt zu herr­schen. Nie­mand konn­te nur be­feh­len, nie­mand hat­te nur zu ge­hor­chen. Selbst die hö­ri­gen Bau­ern hat­ten we­nigs­tens in den ers­ten Jahr­hun­der­ten des Mit­tel­al­ters ih­ren Grund­her­ren ge­gen­über be­stimm­te Rech­te, die es ih­nen er­mög­lich­ten, über­mä­ßi­gen Druck ab­zu­weh­ren; erst in der Ver­fall­zeit wur­den sie ganz wehr­los. Je­der Stand muss­te sich sein Be­ste­hen und Ge­dei­hen im täg­li­chen Kampf er­obern. Ein Spiel von lei­den­schaft­li­chen Ge­gen­sät­zen, die nie auf­hör­ten, sich aus­zu­wir­ken, führ­te oft zu un­heil­vol­len Er­schüt­te­run­gen, er­zeug­te aber doch Jahr­hun­der­te hin­durch groß­ar­ti­ge Schöp­fun­gen auf al­len Ge­bie­ten und gab Men­schen und Er­eig­nis­sen großen Um­riss. Am Ge­gen­satz ent­brennt das Feu­er der Ge­schich­te. – Hein­rich III, Her­zog von Bay­ern, war nach dem Tode Ot­tos III. der Nächst­be­rech­tig­te zur Kö­nigs­kro­ne als nächs­ter Ver­wand­ter der Lu­dol­fin­ger; er war der En­kel von Ot­tos des Gro­ßen Bru­der Hein­rich und ihm we­nigs­tens im Herr­scher­be­wusst­sein ähn­lich; aber er war klü­ger und be­däch­ti­ger, er ver­stand zu war­ten und ver­such­te es mit di­plo­ma­ti­schen Küns­ten, be­vor er Ge­walt an­wen­de­te. Da zu sei­ner Zeit im Os­ten un­ter be­deu­ten­den Herr­schern, Ste­phan von Un­garn und Bo­les­law von Po­len, selbst­stän­di­ge Staa­ten sich bil­de­ten, muss­te er sich an­stren­gen, um den Deut­schen die bis­he­ri­ge Sphä­re des Ein­flus­ses zu er­hal­ten. Er brach­te es dazu, dass Bo­les­law, viel­mals be­siegt und im­mer wie­der ab­fal­lend, die Ober­ho­heit des Rei­ches an­er­kann­te. Der Kir­che ver­stand er sei­nen Wil­len auf­zu­zwin­gen, ohne sie sich zum Fein­de zu ma­chen, ist er doch als ein­zi­ger un­ter den deut­schen Kai­sern un­ter die Hei­li­gen auf­ge­nom­men wor­den. Nicht ein­mal dass er vom sla­wi­schen

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