Abendland. Richard Faber

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Abendland - Richard Faber

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geistigen Lebens« sollten nach ihm »in das Becken des großen Begriffes« Europa münden.

      Hofmannsthals Projekt war vorausschauend, ja ›zukunftsweisend‹, gerade weil er in seiner Europa-Synthese die abendländische Reichskomponente dennoch dominieren ließ, nicht anders als der ihm stark verpflichtete Romanist Ernst Robert Curtius noch nach 1945. Auch jetzt erwies sich das prätendierte integrale Europa vornehmlich als ein lateinisches, ja römisches und speziell Vergilsches Europa. »Rom«, so heißt es knappstens beim Hofmannsthal-Freund Rudolf Pannwitz, »war das erste Europa« – sei es das ›heidnische‹ oder das christliche, das römisch-katholische Europa, dessen Propagandisten sich, wie Konrad Adenauer, Heinrich von Brentano usw., als Christliche Humanisten verstanden.

      Es handelte sich um einen recht militanten »Humanismus«, daran läßt Moenius noch in seinem Neuen Weltmonarchen von 1948 keinen Zweifel: »Die kompaktesten Legionen bringt sowohl zum Schutze des Abendlandes als zur stetigen Erweiterung und zum Hinaustragen der Grenzen die katholische Kirche auf.« Selbst der späte, franziskanischpazifistisch argumentierende Schneider verehrt noch das inkonsistente Konstrukt eines »Virgilius christianus« und unterscheidet sich darin weder von Moenius noch von dessen maßgeblichem Inspirator Haekker. Diese sind extreme Vertreter einer durchaus imperialen Reichstheologie, wie sie mutatis mutandis auch protestantische, neopagane und schließlich nationalsozialistische Reichsvisionäre vertreten haben, zugunsten eines Reichs- bzw. Deutscheuropas, das sie in eine ausdrückliche Kontinuität mit dem »Heiligen Römischen Reich deutscher Nation« stellten. Dennoch kann man von einem »Nationalsozialistischen ›Imperium Europaeum‹« sprechen, so romanophil, wie nicht zuletzt Hitler selbst gewesen ist. Eine Feststellung, die endlich Anlaß gibt, auf meinen entscheidenden Lehrer in Sachen »Reich, Rom und Abendland« zu verweisen: auf den bedeutenden und zu Unrecht vergessenen österreichischen Universalhistoriker Friedrich Heer, der mit Adorno und Bloch ebenso befreundet war wie mit Schneider. Ich nenne hier nur seine Habilitationsschrift von 1949, Aufgang Europas, und seine beiden Bücher aus den Jahren 1968 bzw. 1969, Der Glaube des Adolf Hitler und Kreuzzüge – gestern, heute, morgen?.9

      Heer ist um so interessanter, als zeitweise selbst er, der so früh wie kaum ein anderer Katholik das »Gespräch der Feinde« gefordert hatte, an der »Karolingischen Internationale« partizipierte und damit seinerseits »reichsdienstpflichtig« blieb. Ich thematisiere nicht zuletzt das karolingische West- bzw. Rheineuropa, also das – noch für die EU zentrale – Deutsch-Französische Europa, war und ist doch die »deutschfranzösische Verständigung« die conditio sine qua non der Europäischen Vereinigung: der Ausgleich zwischen »Germanismus« und »Latinité« bzw. der Abbau der jahrhundertealten jeweiligen Hegemonialbestrebungen. Natürlich ist auch das Konzept eines Französischen Europa ihnen zuzurechnen gewesen; denn Germanozentrik und Frankozentrik waren – im Abstand betrachtet – weithin identisch, mit der Pointe, daß die jeweiligen Extremisten voneinander lernten. Ich beschließe dieses Kapitel mit der Analyse des »Gaullistischen« Europa-Konzepts der sechziger Jahre, nicht zuletzt, weil in ihm Schmittsche Überlegungen nochmals eine bedeutende Rolle spielten: eine spezifische Vorstellung vom »Europäischen Großraum«, wie ihn der NS-Völkerrechtler zuerst entworfen und damit noch den Widerständler Goerdeler und den ersten EWG-Präsidenten Walter Hallstein inspiriert hatte, wie später dann die »deutschen Gaullisten« um Franz Josef Strauß.

      Im letzten Kapitel stelle ich schließlich die Wandlungen des Reichsgedankens im Nationalsozialismus dar. In seiner Entstehungsphase diente Schmitts sich so defensiv gebende »Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte« den nationalsozialistischen Weltreichsambitionen an, also dem »Dritten Reich« – das sich nach den ersten Blitzsiegen nur noch »Das Reich« nannte und somit unverhohlen seinem Monopolanspruch Ausdruck gab. Römisch bzw. vergilisch auf nationalsozialistische Art formulierte Schmitt damals: »Die Tat des Führers hat dem Gedanken unseres Reiches politische Wirklichkeit, geschichtliche Wahrheit und eine große völkerrechtliche Zukunft verliehen. – ›Ab integro nascitur ordo.‹« Konsequent knüpfte das (Dritte) Reich aber auch an das mittelalterlich-deutsche, selbst römische Reich an. Heer hatte nur zu sehr recht, als er, früh die abendländische Restauration der Adenauer-Zeit erkennend, urteilte: »Der Totalstaatsversuch Hitlers läßt sich nur von reichischen Bezügen her verstehen – aus der Perversion, gewiß, aber auch aus der echten Nachfolge des alten Sacrum Imperium.« Jenes Sacrum Imperium, dessen »erster Dichter-Prophet« Vergil war: der »Prophet des Weltimperiums«. Mit dieser Passage endet das Buch, so wie es mit einem Carl-Schmitt-Zitat aus dessen Begriff des Politischen medias in res geht. Dies ist nur eine stilistische Eigenschaft, die den Band als wissenschaftlichen Essay ausweist. Unter anderem sein Materialreichtum macht ihn zum Collage- Essay, eine Darstellungsform, die ich 1979 in meinem in Hildesheim erschienenen Buch Der Collage-Essay. Eine wissenschaftliche Darstellungsform. Hommage à Walter Benjamin entwickelt und begründet habe.

      Auch neuere Sekundär-Literatur habe ich kaum in die Zweitauflage eingearbeitet. Um so mehr möchte ich hier nachdrücklich hinweisen auf: Dagmar Pöpping, Abendland. Christliche Akademiker und die Utopien der Antimoderne 1900–1945, Berlin 2002 sowie last not least auf: Noam Chomsky, War against people. Menschenrechte und Schurkenstaaten, Hamburg/Wien 2001.

      Richard Faber

      Aus Anlass der dritten Auflage verweise ich auf: Volker Weiß, Die autoritäre Revolte. Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes, Stuttgart, 2017; Richard Faber und Olaf Briese (Hrsg.), Heimatland, Vaterland, Abendland. Über alte und neue Populismen, Würzburg, 2018; Richard Faber, Hopfen und Pfalz, Gott erhalts. Historische Reflexionen und persönliche Erinnerungen aus Anlass europaweiter Reregionalisierung und Renationalisierung, Würzburg, 2019.

      *Was den Kulturbetrieb angeht, verweise ich auf die drei großen ›abendländischen‹ Ausstellungen (und ihre Kataloge): »Europas Mitte um 1000«, »Otto der Große. Magdeburg und Europa« und – bereits im Jahr 2000 – »Krönungen. Könige in Aachen – Geschichte und Mythos«.

      *Die ersten zwanzig Jahre nach dem 2. Weltkrieg waren unverhältnismäßig katholisch bestimmt. Vgl. H. Maier (Hrsg.), Deutscher Katholizismus nach 1945. Kirche – Gesellschaft – Geschichte, München 1964 sowie kritisch G. Kraiker, Politischer Katholizismus in der BRD, Stuttgart 1972.

      *Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi erklärte sogar am 26. September 2001 in Berlin: »Der Westen wird weiterhin Völker erobern, so wie es ihm gelungen ist, die kommunistische Welt und einen Teil der islamischen Welt zu erobern« (zit. nach Frankfurter Rundschau vom 28.9.2001).

      I. Einleitung oder: »Das neue Reich«

      »Die reichische Idee wird in Gestalt

      der europäischen Einigung neu erstehen.«

      (Otto von Habsburg, 1977)

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