Seekadett Jack Freimut. Фредерик Марриет

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Seekadett Jack Freimut - Фредерик Марриет

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die ich erwarte, nicht wohl einladen kann mitzuspeisen.“

      „Er ist toll; offenbar ganz toll“, mit diesen Worten stürzte der erste Leutnant zum Zimmer hinaus.

      Jack war selbst ein wenig verwundert. Wäre Herr Sawbridge in Uniform erschienen, so würde es vielleicht anders gegangen sein; aber dass ein schlicht aussehender Mann mit schwarzem Backenbart, einem alten blauen Frack und einer gelben Kasimirweste es wagen sollte, ihn so anzureden, war ihm ganz unerklärlich. Er nennt mich toll, dachte Jack, aber ich will dem Kapitän Wilson meine Meinung über seinen Leutnant sagen.

      Unterdessen hatte sich Sawbridge nach des Kapitäns Wohnung begeben und diesem einen getreuen Bericht über das Vorgefallene erstattet, den er in grosser Wut mit dem Verlangen schloss, unseren Helden Jack entweder sofort zu entlassen oder aber vor ein Kriegsgericht zu stellen.

      „Warten Sie einmal“, erwiderte Kapitän Wilson, „setzen Sie sich; wie Herr Freimut sagt, müssen wir diesen Punkt beleuchten. Was das Stellen vor ein Kriegsgericht anbelangt, so wird das nicht wohl gehen, denn erstens war Herr Freimut noch nicht auf dem Schiffe eingetroffen, und zweitens konnte man, da Sie nicht in Uniform kamen, nicht voraussetzen, dass er in Ihnen den ersten Leutnant oder überhaupt einen Offizier erkannte.“

      „Ganz richtig, Sir“, entgegnete Sawbridge, „das habe ich ganz vergessen.“

      „Was sodann seine Entlassung, oder vielmehr die Versagung des Eintritts betrifft, so bitte ich Sie, zu beachten, dass Herr Freimut auf dem Lande auferzogen wurde und vielleicht in seinem Leben vom Wasser nie mehr gesehen hat, als einen Fischteich. Was ferner den Dienst und dessen Wesen anbelangt, so glaube ich, dass er davon so wenig weiss, als ein Kind von einem Jahre — ich zweifle sogar, ob er nur den Rang eines Leutnants kennt.“

      „Das meine ich auch“, antwortete Sawbridge trocken.

      „Ich bin deshalb nicht der Ansicht, dass eine aus Unwissenheit hervorgegangene That so streng bestraft werden soll. — Herr Sawbridge, ich wende mich an Ihr eigenes Urteil.“

      „Nun ja, Sir, Sie haben vielleicht recht — aber er sagte doch zu mir, er sei ein Philosoph, und sprach von Gleichheit und Menschenrechten. Er sagte mir ferner, er könne bloss Gleichheit zwischen uns gelten lassen, und verlangte, diesen Punkt mit mir zu beleuchten. Wenn nun ein Kadett jedesmal, so oft ihm ein Befehl erteilt wird, den Punkt beleuchten will, so wird es mit dem Dienste schlecht vorwärts gehen.“

      „Das ist ganz wahr, Sawbridge, und jetzt erinnern Sie mich an etwas, das mir damals nicht einfiel, als ich versprach, Herrn Freimut in mein Schiff aufzunehmen. Ich entsinne mich, dass sein Vater, der ein entfernter Verwandter von mir ist, einige unsinnige Gedanken im Kopfe trägt, wie die, welche sein Sohn beim Zusammentreffen mit Ihnen ausgesprochen hat.

      „Ich habe bisweilen bei ihm gespeist, und Herr Freimut stellte fortwährend die Grundsätze über natürliche Gleichheit und Menschenrechte auf, zum grossen Vergnügen seiner Gäste, und wie ich gestehen muss, auch zu dem meinigen. Ich erinnere mich noch, wie ich ihm eines Tages sagte, ich glaube nicht, dass er je in dem Dienste, zu dem ich gehöre, seine Ansichten einzuführen vermöchte, denn sonst würde es bald mit aller Manneszucht ein Ende haben. Damals dachte ich nicht daran, dass sein einziger Sohn je mit mir segeln und diese Grundsätze auf ein Schiff mitbringen würde, über welches ich den Oberbefehl führe. Es ist schade, jammerschade.“

      „Er hätte nie seine Säue auf einen schlechteren Markt bringen können“, bemerkte Sawbridge. „Vielleicht haben diese Ideen bei dem jungen Manne tiefe Wurzel gefasst, und wir werden sie nicht leicht ausrotten können?“

      „Das glaube ich gerade nicht; bedenken Sie aber, dass sie ihm vielleicht von der frühesten Kindheit an eingeprägt worden sind, und zwar aus einem Munde, aus dem sie mit dem grössten Vertrauen vernommen werden mussten — vom Vater dem Sohne, und dass sich dieser Sohn bis jetzt noch nicht genug in der Welt umgesehen hat, um sich von der Unrichtigkeit solcher Grundsätze zu überzeugen.“

      „Ganz schön, Sir“, entgegnete Sawbridge, „würde es aber für den jungen Mann und für den Dienst nicht besser sein, wenn er wieder nach Hause geschickt würde? Als Offizier wird er sich selbst wenig Freude bereiten, wohl aber anderen viel schaden.“

      „Lieber Sawbridge“, erwiderte Kapitän Wilson, nachdem er zweimal im Zimmer auf und ab gegangen war, „wir traten miteinander in den Dienst, waren jahrelang Tischgenossen, und Sie müssen also wissen, dass es nicht bloss alte Freundschaft, sondern aufrichtige Anerkennung Ihrer Verdienste ist, die mich bestimmte, Sie zu bitten, als erster Leutnant mit mir zu segeln. Nun will ich Ihnen eine Frage vorlegen, und Sie sollen entscheiden; ja noch mehr, ich will nach Ihrer Entscheidung handeln.

      „Angenommen, Sie wären Befehlshaber eines Schiffes, wie ich, mit Frau und sieben Kindern, und sähen sich, nachdem Sie sich jahrelang abgequält, Ihre Familie zu ernähren, allmählich trotz der grössten Sparsamkeit in Schulden gestürzt; Sie wären nach langen und vielfachen Bemühungen so glücklich, durch Ernennung auf eine schöne Korvette eine Anstellung zu erhalten, die Ihnen durch das Prisengeld und den erhöhten Sold alle Aussicht böte, von Ihrer misslichen Lage sich zu erholen und vielleicht noch für die Ihrigen ein hinlängliches Vermögen zu erwerben — angenommen dann, alle diese Aussichten und Hoffnungen wären sozusagen in den Grund gebohrt dadurch, dass Sie kein Geld besässen, um sich aufzutakeln, keinen Kredit, keine Mittel, die Schulden zu bezahlen, und es wäre Ihnen nicht möglich, genügende Summen zum Unterhalte Ihrer Familie während Ihrer Abwesenheit zurückzulassen — angenommen, ferner, Sie würden in dieser hilflosen Lage als letzten Ausweg einen Mann ansprechen, mit dem Sie nur entfernt verwandt, nur oberflächlich bekannt wären — Sie hätten diesem Manne Ihre Bitte um ein Anlehen von zwei- oder dreihundert Pfund vorgetragen, im entschiedenen Vorgefühle einer abschlägigen Antwort — angenommen endlich, dieser grossmütige Mann würde Ihnen zu Ihrem Erstaunen eine Anweisung auf seinen Bankier im Betrage von tausend Pfund überreichen, ohne Zinsen, ohne eine gerichtliche Sicherheit zu verlangen, und sogar mit der Aufforderung, diese Schuld nach Bequemlichkeit wieder heimzuzahlen — welche Gefühle, Sawbridge, frage ich, würden Sie gegen einen solchen Mann hegen?“

      „Ich würde für ihn in den Tod gehen“, antwortete Sawbridge mit Rührung.

      „Und angenommen, der Sohn dieses Mannes würde durch blossen Zufall oder durch eine Laune des Augenblickes unter Ihren Schutz gestellt?“

      „Ich würde Vaterstelle an ihm vertreten.“

      „Aber wir müssen noch ein wenig weitergehen. Angenommen, Sie fänden, der Bursche wäre nicht ganz so, wie Sie es wünschten — er hätte falsche Lehren eingesogen, die wahrscheinlich, wenn sie nicht ausgerottet würden, von üblen Folgen für sein Wohl und Glück sein könnten — würden Sie ihm da Ihre Unterstützung entziehen und ihn der Gnade anderer überlassen, die nicht durch die Bande der Dankbarkeit verpflichtet wären, ihn auf den rechten Pfad zu führen?“

      „Ganz gewiss nicht, Sir; ich würde diesen Sohn im Gegenteil nicht von meiner Seite lassen, bis ich ihn durch Lehren und Mittel jeder Art gebessert sähe und so die Schuld meiner Dankbarkeit gegen den grossmütigen Vater so weit wie möglich abgetragen hätte.“

      „Nach dem Vorgefallenen habe ich wohl kaum nötig, Ihnen zu sagen, Sawbridge, dass der junge Mensch, von dem Sie eben herkommen, dieser Sohn, und Herr Freimut in Forest-Hill der Vater ist.“

      „Dann, Sir, kann ich Ihnen nur sagen, dass ich nicht bloss Ihnen zu Gefallen, sondern auch aus Achtung für einen Mann, der eine solche freundliche Bereitwilligkeit gegen einen unserer Flottenoffiziere an den Tag legte, alles, was zwischen mir und dem jungen Manne vorgekommen ist, sowie alles, was sich wahrscheinlich noch zutragen wird, ehe wir das aus ihm gemacht haben, was er werden soll, von Herzen gern vergebe.“

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