Richter und Henker - Roland Benito-Krimi 8. Inger Gammelgaard Madsen
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Читать онлайн книгу Richter und Henker - Roland Benito-Krimi 8 - Inger Gammelgaard Madsen страница 10
Roland pickte eine schwarze Pastille aus der Packung.
„Danke. Ist jemand zu Schaden gekommen?“
„Einer der flüchtigen Täter ist getroffen worden. Ich und Kjær, wir haben uns den Tatort am Telefonplatz angesehen, weil wir diese Woche ja Bereitschaftsdienst hatten, aber das Projektil ist nirgends zu finden. Die Techniker der Reichspolizei hatten bis jetzt auch kein Glück. Armer Dalum – er ist für diesen Fall zum Pressekontakt berufen worden. Hast du nicht gesehen, wie er dort unten von der Presse ausgesaugt wurde?“
Roland nickte. „Was ist mit dem Opfer passiert?“
Mark setzte sich. „Anscheinend nichts, jedenfalls sind die Diebe in einem gestohlenen Wagen geflohen. Nimm dir ruhig noch ein paar“, ermunterte er ihn und streute ein paar Lakritzpastillen auf den Tisch neben Rolands Tastatur.
„Möchtest du den Spruch hören? Der Gerechtigkeitssinn der meisten ist vorbildlich, solange sie selbst kein Teil der Angelegenheit sind“, las er laut vom Deckel der Packung ab. „Der ist gut!“, grinste er.
„Stimmt. Sollten wir fast vergrößern und einrahmen lassen“, antwortete Roland und benutzte Daumen und Zeigefinger seiner linken Hand dazu, noch ein paar von den kleinen, schwarzen Lakritzstücken vom Tisch aufzusammeln. Die Finger seiner rechten Hand folgten ihm nicht immer so, wie er es wollte. Die Ärzte hatten ihm gesagt, er würde von der verhängnisvollen Begebenheit auf Sizilien keine dauerhaften Schäden davontragen, und er hatte auch niemandem davon erzählt – nicht einmal Irene. Doch dieses Problem hatte zur Entscheidungsfindung, sich bei der DUP zu bewerben, beigetragen, als er gesehen hatte, dass sie einen neuen Ermittler suchten. Er wollte nie wieder die Möglichkeit haben, eine Waffe zu benutzen, und das hatte er hier nicht. Ermittler machten keinen Gebrauch von Machtinstrumenten, weder von Pistolen noch von Handschellen, Schlagstöcken oder Pfefferspray. Es hatte ihn gefreut und auch verwundert, dass er den Job bekommen hatte – dass er mit seiner Vorgeschichte überhaupt in Betracht gezogen wurde. Die Entscheidung hatte sich auch ziemlich lange hingezogen, sodass er schon fast die Hoffnung verloren hatte und sich nach etwas anderem umsehen wollte, doch dann war er zu einem weiteren Gespräch eingeladen worden. Man kannte ihn in der Polizeibeschwerdestelle und wusste, dass er ein guter Ermittler mit einer hohen Erfolgsquote war und dass er einen guten Ruf im gesamten Korps hatte. Die DUP hatte einen der Anklagepunkte in seinem Disziplinarverfahren behandelt und großen Wert darauf gelegt, dass er kooperativ war. Das war eine der wichtigsten Eigenschaften ihrer Ermittler: ein sehr hoher Grad an Integrität. Er war gebeten worden, sich zu überlegen, ob er sich von seinen alten Kollegen losreißen könnte, die ihn danach vielleicht schief ansehen oder gar als Verräter betrachten würden, aber er hatte nicht lange gezögert. Und nicht eine Sekunde lang hatte er seine Entscheidung bereut. Bis jetzt hatte er auch noch keinen der Kollegen aus dem Präsidium getroffen. Bewusst? Er wusste es nicht recht und grübelte oft darüber nach, wie es werden würde, wenn es geschah. Stimmte es wirklich, dass sie ihn als einen Verräter ansahen? Er diente ihnen doch auch. Dem Recht. Er arbeitete im Namen der Wahrheit. Es war seine Aufgabe, die Wahrheit in den zu untersuchenden Fällen ans Licht bringen, ohne dabei Partei zu ergreifen. Die Wahrheit für alle Beteiligten. Konnten seine ehemaligen Kollegen das wirklich als Verrat bezeichnen?
„Aber weiß man mit Sicherheit, dass es der Polizist war, der geschossen hat?“, fragte er kauend.
„Zeugen, Roland. Heutzutage gibt es zu jeder Tages- und Nachtzeit Zeugen. Smartphones hat man schnell zur Hand und einer, der dort auf den Bus gewartet hat, hat die ganze Szene aufgenommen.“
„Haben sie wirklich einen Einbruch in so einer stark belebten Gegend durchgezogen? Das ist doch total riskant.“
„Eigentlich gar keine so schlechte Idee. Keiner rechnet damit und der Adrenalinkick ist bestimmt auch größer. Einige Mitarbeiter waren gerade am Zuschließen, als vier Typen reingeplatzt sind und Pfefferspray versprüht haben. Einer der Verkäufer ist gestorben. Er litt an einer Lungenkrankheit und hat das Spray nicht vertragen.“
„Stimmt einen nachdenklich, dass die Kriminellen nun auch schon Pfefferspray benutzen.“
„Naja, man kann es eben legal und billig in Deutschland kaufen.“
„Hmm. Ein gewöhnlicher Raub endet also in Totschlag?“
„Ja, aber das ist wirklich nicht unser Bier, Roland. Darum muss sich das Präsidium kümmern. Du spielst doch nicht etwa mit dem Gedanken, wieder zurückzugehen, oder?“ Mark lächelte scherzhaft.
„Nein, gar nicht, wir …“
Er wurde vom Telefon unterbrochen, das klingelte. Mark hob ab und lauschte ernst, nickte und legte nach ein paar kurzen Kommentaren, denen Roland keine Informationen entnehmen konnte, wieder auf.
„Wer war das?“
„Der Chef. Sie haben drei der Räuber gefunden. Alles Jugendliche. Die Beschreibung trifft zu. Einer von ihnen hat offenbar in diesem Laden gearbeitet, in dem der Raub stattgefunden hat. Ein anderer ist von einer Kugel am Arm getroffen worden. Man kann jedoch noch nicht sagen, ob er aus der Dienstwaffe stammt. Nicht solange das Projektil noch nicht gefunden nicht, es ist jedoch erst kürzlich passiert, also …“
Mark starrte gedankenverloren aus dem Fenster.
Roland räusperte sich.
„Werden die Jungs auf dem Präsidium verhört?“
„Das ist leider nicht mehr möglich. Man hat sie alle drei erhängt im alten Tulip-Gebäude aufgefunden.“
Kapitel 7
Benjamin Trolle wusste nicht genau, was er erwartet hatte, aber jedenfalls nicht den Luxus, der sich ihm präsentierte, als er die Tür zu ihrem Reihenhaus aufsperrte. Er warf die schwere Tasche im Flur ab, rieb seine Schulter und steuerte sogleich auf das Panoramafenster im Wohnzimmer zu, das eine atemberaubende Aussicht auf die Umgebung bis hin zur Aarhuser City bot. Im Garten standen alte Obstbäume und kleine Büsche, die noch immer halb von Schnee bedeckt waren. Eine Katze hatte Spuren um das Vogelhäuschen hinterlassen. Die Sitzmöbel waren alle mit hellen Stoffen überzogen, ohne einen einzigen Kaffeefleck, die Tische aus hellem Holz. Vielleicht ein wenig zu lieblich auf dem ebenso blanken Parkettboden, doch es verlieh dem ganzen einen sauberen und reinlichen Eindruck. Nur ein paar bunte Kissen brachen das Bild.
„Heilige Scheiße“, rief er gedämpft, während er die Umgebung besichtigte. Automatisch machte sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breit. Eine ganz neue Seite von ihr. Die Malereien an den Wänden glichen echter Kunst – ob sie es waren, konnte er nicht beurteilen. Die Küche sah mit ihrer Kücheninsel und dem freihängenden Dunstabzug völlig neu aus. Eine ganze Sammlung aus Flaschen mit Olivenöl, Essig und Kräutern waren auf dem Schrank neben dem Herd aufgereiht. Standmixer, Saftpresse und Eismaschine. Auf einem Regal stand eine Reihe verschiedener Kochbücher. Ob sie eine gute Köchin war, oder ob es nur so aussehen sollte? Lächelnd ging er zum Waschraum und ins Schlafzimmer. Das Doppelbett strotzte nur so vor Kissen und Decken mit gestreiften, pastellfarbenen Bezügen. Er stellte sich vor, wie die Daunen unter ihm knistern würden, wenn er sich darunterlegte und verspürte plötzlich eine überwältigende Müdigkeit. Als hätte er vier Jahre lang nicht geschlafen. Über einem Stuhl lag ein flüchtig darüber geworfenes Unterkleid. Er hatte sie immer nur in Uniform gesehen, dunkelblaue Hose, hellblaue Bluse samt Krawatte – nicht gerade sexy und feminin. Der Gedanke an ihren nackten Körper und die Haut unter diesem Kleidchen löste unmittelbar eine Erektion bei ihm aus. Scheiße, wie lange es hergewesen war, also so richtig. Die nächste Tür führte ins Badezimmer. Eine