Sigurd 3: Im Auftrag des Königs. Thomas Knip
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Sigurd 3: Im Auftrag des Königs - Thomas Knip страница 8
Über seine Schulter sah er zu Bodo hinüber. Dieser erwiderte den Blick mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Sie beschleunigten ihren Schritt und achteten dennoch darauf, so lautlos wie möglich voranzukommen.
Sigurd war froh, dass er Cassim aufgefordert hatte, sich im Wald zu verstecken. Er wusste nicht, welche Gefahren sie hier im Inneren dieser verlassen anmutenden Stadt erwarteten, und er war nicht bereit, das Leben des Jungen aufs Spiel zu setzen. Cassim hatte zwar gemurrt und aufbegehrt, sich aber dann doch in Sigurds Wunsch gefügt.
Sie drangen durch ein offenes Tor in die Stadt ein. Nach wenigen Schritten schon wich das Licht des Tages der Dämmerung, in der die Durchgänge lagen. So hätte Sigurd auch beinahe den einzelnen Mann übersehen, der im Schatten einer Säule stand.
»Vorsicht, Bodo«, raunte er seinem Freund zu. »Eine Wache.«
Er zog seinen Dolch und schlich langsam vorwärts. Erst als er den Mann, der in eine echsenhaft anmutende Rüstung gekleidet war, fast erreichte hatte, machte er eine schnelle Bewegung nach vorne. Er packte den rechten Arm, mit dem die Wache eine Lanze mit mächtiger Klinge hielt, und legte seinen linken Arm so um die Schulter des Mannes, dass sein Dolch an dessen Kehle ruhte.
»Keinen Laut, wenn dir dein Leben lieb ist!«, machte Sigurd ihm unmissverständlich klar, und der Wachposten nickte zögerlich.
Er drehte den Mann herum und packte ihn mit einer Hand an der Kehle, während er den Dolch drohend auf die Brust seines Gegners richtete. »Sage mir sofort, wo ihr die beiden Frauen gefangen haltet oder …«
Er musste seine Drohung nicht zu Ende sprechen.
»Gnade!«, stieß die Wache hastig aus und wies mit dem freien Arm in eine Richtung. »Sie sind in der Arena! – Aber ihr kommt zu spät. Der Dämon ist frei …« Bei diesen Worten lachte der Mann unterdrückt auf.
Sigurd versetzte ihm einen Schlag, der ihn zu Boden schickte. Bodo nahm zudem die Lanze der Wache an sich und reichte seinem Freund ein Seil. Nachdem sie die Wache gefesselt und geknebelt hatten, eilten sie mit gezogenen Schwertern in die angegebene Richtung. In dem Gewirr an Gängen hätten sie beinahe die Orientierung verloren, hätte ihnen nicht der lauter werdende Jubel von Menschen den Weg gewiesen. Vor ihnen wurde das Licht in den Gängen wieder heller. Übergangslos blickten sie auf eine gewaltige Arena.
Sigurd wurde der Gefangenen gewahr, die an die Pfähle gebunden waren.
»Schrecklich!«, murmelte er. »Wir müssen versuchen, sie zu befreien.« Er drehte sich zu seinem Freund um und sah dessen entschlossenen Ausdruck in den Augen. »Komm. Jetzt gibt es kein Zurück mehr!«
Sie stürmten in die Arena, an einer Gruppe von Männern vorbei, die an einer Winde standen und sie verwundert ansahen. Sigurd erkannte, dass sie unbewaffnet waren und eilte weiter.
»Schnell, Bodo! Wir müssen die Überraschung der Inselbewohner ausnutzen!« Doch dabei übersah er, dass sich das riesenhafte Tor, das die Männer an der Winde bedienten, nun ganz geöffnet hatte.
Bodo sah das Ungetüm, das sich aus dem Schatten dahinter löste, als Erster.
»Teufel, was ist das?!«, stieß er aus.
Sigurd wusste zuerst nicht, was sein Freund meinte, als ein ohrenbetäubendes Brüllen aus dem Tor drang. Er drehte sich um und hatte das Gefühl, das Blut gefriere bei dem Anblick der Bestie in seinen Adern.
»Alle guten Geister! Welch ein Scheusal!«, rief er und rannte, so schnell er konnte, vor dem Ungetüm davon, das sich im Torbogen abzeichnete.
In diesem Augenblick stürzte das grauenvolle Untier auf den Schauplatz. Es mochte gut fünf Mannslängen hoch sein und wischte mit einem langen Schwanz um sich. Die echsenhafte Kreatur richtete sich auf ihre Hinterbeine auf und stieß einen urwelthaften Schrei aus. Ihre funkelnden, bernsteinfarbenen Augen fuhren suchend umher, und dann richtete sich der drachenartige Kopf, der von einem gewaltigen Horn auf der Stirn gekrönt wurde, auf die Gefangenen an den Pfählen.
Sigurd mochte kaum glauben, dass es sich bei dieser Bestie um die Gottheit der Inselbewohner handelte. Doch die Begeisterung von den Rängen machte ihm deutlich, dass die Menschen keine Angst vor ihr hatten.
Er konnte den Odem des Ungetüms förmlich in seinem Rücken spüren, als er die Pfähle fast schon erreicht hatte. Unter den Jubel der Zuschauer mischten sich nun auch zornige Rufe, und zahlreiche Finger deuteten auf Bodo und ihn.
»Gib mir die Lanze, Bodo!«, forderte Sigurd seinen Freund auf. »Ich lenke das Untier von dir ab, während du die Gefangenen befreist.«
Dieser sah sich um und blickte mit einem entsetzten Gesichtsausdruck auf das Monster, das immer näher kam. Im Laufen reichte er die Lanze an Sigurd weiter und hastete auf den ersten Pfahl zu.
»Schaut, die Fremden dort!«, schallte auf einmal eine Stimme zu ihnen herab. Sigurd sah empor und erblickte einen Mann, der ebenso in eine echsenhafte Rüstung gewandet war wie die Wache. »Sie kommen zur rechten Zeit! Der Dämon erhält zwei Opfer mehr!«
Sigurd lächelte grimmig. Er hatte nicht vor, im Bauch dieser Bestie zu enden.
Er wedelte mit den Armen und schrie aus Leibeskräften, und wie erhofft richtete das Untier seine Aufmerksamkeit auf ihn. Mit schnellen Schritten brachte er so viel Abstand, wie er konnte, zwischen sich und die Pfähle, damit Bodo genug Zeit blieb, die Gefangenen loszuschneiden. Grollend stapfte das Ungetüm auf ihn zu und öffnete hungrig sein breites Maul. Unterarmlange Reißzähne funkelten drohend, und eine Zunge leckte über die schuppigen Lippen.
Sigurd sah seine Chance gekommen.
Mit aller Kraft holte er aus und schleuderte den Speer in den geöffneten Rachen des Ungeheuers. Die breite Klinge bohrte sich tief in den Gaumen. Vor Schmerzen bäumte sich das Untier auf und stieß grollende Schreie aus.
Es wand sich und taumelte und schnappte mit dem Maul ins Leere, um sich von der peinigenden Waffe zu befreien. Doch mit jeder Bewegung drang die Klinge tiefer in das weiche Fleisch.
Sigurd verlor keine Zeit und rannte auf eine der beiden hoch aufragenden Säulen zu, auf denen mächtige Feuerbecken ruhten. Auf dem rauen Stein fand er sicheren Halt und konnte so rasch in die Höhe klettern.
Die Bestie suchte inzwischen nach ihrem Gegner, der ihr diese Schmerzen zugefügt hatte. Halb wahnsinnig vor Schmerz lief sie durch die Arena und erkannte den Junker, der gerade das obere Ende der Säule erreicht hatte. Wütend blitzten ihn die blutunterlaufenen Augen an. Das Ungeheuer stellte sich auf die Hinterbeine und wollte nach ihm schnappen.
Auf diesen Augenblick hatte Sigurd gewartet!
Er stemmte sich mit dem Rücken gegen die Unterseite der Feuerschale. Zuerst schien es, als könne es ihm nicht gelingen, sie zu bewegen, als ein Knirschen folgte und die Schale in ihrer Verankerung wankte. Gerade als das Ungetüm ein weiteres Mal in die Höhe sprang, um nach seinem Gegner zu schnappen, überschlug sich das Feuerbecken und ergoss seinen glühend heißen Inhalt über den Kopf des Ungeheuers.
Von der Glut geblendet und durch schwere Brandmale gezeichnet, taumelte das vor Schmerz brüllende Untier hilflos umher. Sigurd rutschte die Säule auf der abgewandten Seite so schnell wie möglich herab und eilte zu Bodo herüber, der gerade Gubo als Letzten von seinen Fesseln befreite.