Sigurd 3: Im Auftrag des Königs. Thomas Knip
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Читать онлайн книгу Sigurd 3: Im Auftrag des Königs - Thomas Knip страница 7
»Ihr werdet morgen unserer Gottheit geopfert!«, fuhr er fort. »In den Kerker mit ihnen!«, richtete er sich an alle Anwesenden, die in Jubel ausbrachen. Mehrere von ihnen nahmen die Gruppe in ihre Mitte und führten sie aus der Halle davon.
»Nur durch Eure Schuld sind wir jetzt in dieser verzweifelten Lage«, stieß Dagmar aus, der es schwerfiel, noch ihre Beherrschung zu bewahren. Sie konnte hören, wie Bettina neben ihr unentwegt schluchzte, und musste selbst mit den Tränen kämpfen.
»Ich weiß, Gräfin Dagmar«, antwortete der Abenteurer und senkte den Blick. »Ich habe unrecht gehandelt. Aber ich ahnte nicht, dass es so kommen würde!« Er stemmte sich gegen seine Fesseln, bis sich eine Speerspitze in seine Seite bohrte. Unterdrückt schrie er auf. »Wüsste ich nur einen Ausweg …«
DREI
Im Morgengrauen des nächsten Tages erreichte auch Sigurd mit seinen Gefährten die Insel. Ihnen schauderte beim Anblick der dunklen Rauchsäule, die aus dem Vulkankegel quoll, der hoch über der Insel in den Himmel ragte.
Obgleich die Strömung, wie von Arnulf, dem Fischer, angekündigt, nachgelassen hatte, musste dieser all sein Geschick aufwenden, um das Boot durch das tückische Wasser zu steuern. Überall ragten schroffe Felsen für einen Augenblick empor, nur um im nächsten Moment von einer Welle verdeckt zu werden.
Er hielt auf einen Küstenabschnitt zu, der flach zum Wasser abfiel. Sigurd stand am Bug und blickte angespannt aufs Ufer. Mit einem Mal sah er die gesplitterten Planken und einen zerborstenen Mast, die von den Wellen gegen die Felsen getrieben wurden.
»Dort ist Gubos Boot gestrandet!«, rief er, und sofort eilten Bodo und Cassim zu ihm.
»Lasst uns schnell an Land gehen«, mahnte er sie zur Eile, und seine Gefährten packten die Ausrüstung zusammen. Er sah sich angestrengt um. Zu seiner Erleichterung entdeckte er keinen leblosen Körper am Strand. Alle Insassen schienen sich ans Ufer gerettet zu haben.
Als das Wasser flach genug war, sprangen Bodo und er mit einem Seil in der Hand aus dem Boot und zogen den Rumpf so weit aus dem Meer, dass das Boot nicht von der Strömung mitgezogen werden konnte.
»Warte hier auf uns«, bat er den Fischer. »Aber sieh dich besser vor, Alter.«
Das brauchte er Arnulf nicht zweimal zu sagen. Dessen Augen suchten den dichten Wald voller Scheu ab, und er entschied sich, das Boot nicht zu verlassen. Zum Abschied winkten sie sich zu, dann drangen Sigurd, Bodo und Cassim in das Innere der Insel vor. Auf ihr Rufen hatte sich niemand gemeldet, also gingen sie davon aus, dass sich Gubo mit den Frauen in den Wald zurückgezogen hatte.
Sigurd blieb nur zu hoffen, dass der Schurke so einsichtig war, die Ausweglosigkeit seiner Lage zu erkennen und sich stellte. Ansonsten würde er mit seinen Geiseln für alle Zeit auf der Insel gefangen sein.
Die Freunde nutzten ihre Schwerter, um einen Pfad in das Dickicht zu schlagen. Immer wieder blieben sie stehen und lauschten in die Stille, in der die unberührt scheinende Natur vor ihnen lag. Sigurd rief die Namen der Gesuchten, doch niemand antwortete ihm.
Unverdrossen setzten sie ihren Weg fort. Je tiefer sie in die Insel vordrangen, desto beklemmender wurde die Atmosphäre. Ein fahles Licht beherrschte den Himmel, kein Windhauch fuhr mehr durch das Blattwerk der Bäume, die nun spärlicher wuchsen und den Blick auf die Umgebung freigaben.
Cassims Schrei schreckte die Begleiter aus ihren Überlegungen.
»Sigurd, sieh dort!« Der Junge wies nach vorne. »Da liegt ein Mann, er scheint verwundet!«
Der Körper lag in verkrümmter Haltung am Boden und war zwischen den fleischigen Blättern der Büsche kaum auszumachen gewesen.
Sie eilten auf die Stelle zu und fanden einen Mann mit einer Augenklappe, der sich nur schwach bewegte. In seinem Rücken steckte ein Pfeil, und das Hemd war an der Stelle tiefrot getränkt.
»Ihr seid verwundet!«, rief Bodo aus. »Was ist geschehen? Schnell, berichtet!«
Der Verwundete blickte auf. Ein schmerzvoller Laut drang aus seinem Mund. Er schüttelte müde den Kopf, als er die Ankömmlinge sah und sackte ins Gras.
»Ich bin ein Gefährte Gubos …«, brachte Benno stöhnend hervor. »Wir fielen den Inselbewohnern in die Hände … alle wurden gefangen …«
Sigurd ging neben ihm in die Knie und stützte ihn. Benno hustete und schnappte nach Luft. »Nur ich konnte fliehen …«, fuhr er fort. »Aber diese Teufel schossen mir einen Pfeil in den Rücken!« Sein Blick ging von einem zum anderen. »Die ganze Nacht habe ich hier gelegen – mir kann keiner mehr helfen …«
Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz und Resignation. Sigurd legte ihn behutsam ins Gras.
»Lasst mich hier sterben«, bat Benno mit kaum vernehmbarer Stimme. »Rettet … die beiden Frauen …«
Dann fiel sein Kopf zur Seite.
Sigurd atmete tief durch und erhob sich. »Er ist tot.«
Er presste seine Lippen aufeinander und warf dann Bodo und Cassim einen Blick zu. »Dagmar und Bettina sind in größter Gefahr! Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.«
Er sah sich um und wies auf ein Mauerwerk, das undeutlich hinter den Bäumen zu erkennen war. »Seht nur! Dort beginnt die Stadt dieser Dämonen. Seid vorsichtig, damit wir nicht entdeckt werden.«
Bodo und Cassim nickten nur stumm.
*
Unterdessen war für das große Opferfest alles vorbereitet worden.
Alle Bewohner der Insel hatten sich in der Arena versammelt, die aus einer lange vergangenen Zeit zu stammen schien. Die grob behauenen Steine waren verziert mit fremdartig anmutenden Reliefs und fratzenhaften Gesichtern.
Gespannt blickten die Anwesenden auf die fünf Gefangenen, die an lange Pfähle inmitten der Arena gefesselt waren. Sie schienen sich in ihr Schicksal ergeben zu haben, denn keiner von ihnen rüttelte an seinen Fesseln oder begehrte auf.
In einer Loge thronte Vathu zusammen mit den Hohepriestern und Ältesten der Stadt. Er erhob sich, und unwillkürlich richteten sich alle Augen auf ihn.
»Die Stunde eures Todes ist gekommen, ihr Fremden!«, hallte seine Stimme durch die Arena. »Der Dämon wird seine Opfer nicht verschmähen!«
Die Zuschauer jubelten auf. Vathu wies auf eine Gruppe von Männern, die an einem gewaltigen Tor am anderen Ende ihre Posten bezogen hatte.
»Beginnt euer Werk, Männer! – Öffnet das Tor.«
Ohne zu zögern, stellten sich die Angesprochenen an eine große Winde und setzten sie in Bewegung. Ein Knirschen und Krachen ging durch das ungeheure Tor, das sich Zoll um Zoll öffnete.
Ein heiseres Grollen drang dahinter hervor, das mit jedem Moment lauter wurde …
*
Sigurd