Handbuch der Sprachminderheiten in Deutschland. Группа авторов

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Teil des Herzogtums Schleswig bildete.

      Abb. 1: Nordschleswig und Südschleswig1

      In der deutschen Mehrheit wird der Landesteil als Schleswig bezeichnet, eine Benennung, die im Wesentlichen eine geschichtliche Reminiszenz ist. Südschleswig ist offiziell einsprachig (deutsch),2 was u.a. in den deutschen Orts- und Straßennamen zum Ausdruck kommt. Einige Städte haben aber seit 2000 eine zweisprachige Beschilderung wie Flensborg/Flensburg.

      Intern verwendet die dänische Minderheit ihre eigenen dänischen Bezeichnungen, und es besteht ein großer Wunsch nach einer weiterreichenden zweisprachig deutsch-dänischen Beschilderung.3 In Bezug auf die dänische Minderheit wird im Folgenden von Sydslesvig/Südschleswig gesprochen, und die Ortsnamen werden dänisch-deutsch angegeben.

      1.2 Demographie und Statistik

      Das Gebiet Sydslesvig/Südschleswig umfasst rund 4.000 km2 und hat ungefähr 400.000 Einwohner. Nach eigenen Angaben gehören der dänischen Minderheit zirka 50.000 Personen an, d.h. gut 12,5 Prozent der Gesamtbevölkerung des Gebietes.

      Sydslesvig/Südschleswig ist als Gebiet historisch definiert (mit der Eider als südliche Grenze) und bildet innerhalb von Schleswig-Holstein keine selbstständige Verwaltungseinheit. Administrativ ist es in die Kreise Nordfriesland und Schleswig-Flensburg, die kreisfreie Stadt Flensburg und den nördlichen Teil des Kreises Rendsburg-Eckernförde gegliedert. Die dänische Minderheit lebt nicht geschlossen in diesem Gebiet, sondern gemischt mit der Mehrheitsbevölkerung. Da keine offizielle Registrierung der Angehörigen der Minderheit stattfindet, ist es schwierig, sie demographisch genau zu erfassen. Die kulturelle Hauptorganisation der Minderheit, der Sydslesvigsk Forening (SSF; ‚Südschleswigscher Verein‘; vgl. Kap. 3.4), ist in 72 Ortsverbänden (distrikter) und sieben Kreisen (amter) (Stand: Oktober 2019) organisiert und vermittelt einen recht guten Eindruck der Gebiete, in denen die Minderheit vertreten ist (s. Abb. 2). Der SSF umfasst die folgenden Struktureinheiten: die Stadt Flensborg/Flensburg; die Kreise Flensborg/Flensburg Land, Sydtønder/Südtondern, Husum, Gottorp/Gottorf, Ejdersted/Eiderstedt sowie Rendsborg/Rendsburg in einer Einheit mit Egernførde/Eckernförde.

      Abb. 2: Sydslesvigsk Forenings amter/Kreise des Südschleswigschen Vereins1

      2 Geschichte

      2.1 Die historische Entwicklung bis ins frühe 20. Jahrhundert

      Ursprünglich ein fester Bestandteil des dänischen Königreiches, wurde Schleswig im Laufe des 13. Jahrhunderts zu einem selbstständigen Herzogtum. Als Lehen war es bis 1864 mit Dänemark verbunden. Schleswig war ein mehrsprachiges Herzogtum, in dem Dänen, Deutsche und Friesen lebten. Als sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedoch die ideologische Entwicklung des Nationalgedankens auszuwirken begann, führte dies zu Konflikten darüber, ob Reichsdänisch oder Deutsch Kirchensprache, Rechtssprache und Schulsprache in Teilen Südschleswigs sein sollte. In Verbindung mit weiteren Faktoren führte die Entwicklung schließlich zu den Schleswigschen bzw. Dänisch-Deutschen Kriegen von 1848–50 und 1864, die mit der Niederlage Dänemarks endeten; in der Folge fielen 1864 die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen. Hochdeutsch wurde als Schul- und Verwaltungssprache in ganz Schleswig eingeführt. Kirchensprache war Deutsch in den Gebieten südlich der heutigen Staatsgrenze und teilweise nördlich davon; 22 Gemeinden behielten jedoch Dänisch als Kirchensprache bei.

      An Sønderjysk/Südjütisch und Niederdeutsch, die Alltagssprachen im privaten und lokalen Bereich, war jedoch keinerlei nationale Zugehörigkeit geknüpft, und daher unterlagen diese Sprachen keinen nationalideologischen Zuweisungen. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts hatte sich ihre relative Ausbreitung jedoch verändert. Gegenüber Sønderjysk/Südjütisch hatte Niederdeutsch an Verbreitung gewonnen. Die Gründe dafür waren der intensive Handel mit den norddeutschen Städten sowie die Vorbildfunktion der holsteinischen Landwirtschaft, die beide mit der Verwendung von Niederdeutsch einhergingen, aber auch der Umstand, dass Deutsch als Bildungssprache in Schleswig (wie z.T. übrigens auch in Dänemark) eine wichtige Rolle spielte. Südlich der heutigen Staatsgrenze war Sønderjysk/Südjütisch Ende des 19. Jahrhunderts nur noch in einem begrenzten Gebiet in regelmäßigem Gebrauch; nördlich davon war es demgegenüber die dominierende Alltagssprache, und dort fand Niederdeutsch keine Verwendung.

      2.2 1920–1945

      Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg wurde im Jahr 1920 die Grenzfrage auf der Grundlage der Prinzipien des Selbstbestimmungsrechts der Völker durch Volksabstimmung (Artikel V des Prager Friedens von 1866) entschieden. Durch das Abstimmungsergebnis wurde Schleswig geteilt. Der nördliche Teil fiel an Dänemark, der südliche verblieb bei Deutschland.

      Bereits vor der Volksabstimmung stellten die Dänen im südlichen Teil Schleswigs eine Minderheit dar. Doch erst nach 1920 begannen sie, sich als Minderheit zu organisieren und das Gebiet als Sydslesvig/Südschleswig zu bezeichnen. Es handelt sich hier um eine nationale Minderheit, d.h. die Angehörigen der Minderheit besitzen eine andere Nationalität als die der umgebenden Mehrheit, und ihre Nationalität stimmt nicht mit ihrer Staatsangehörigkeit überein. Als nationale dänische Minderheit identifizieren sie sich mit Dänemark als Land und mit seiner Sprache und Kultur. Über die Zugehörigkeit zur Minderheit entscheidet jede Person selbst; es findet keine offizielle Erfassung statt; ebenso bestehen keine Zugangsbedingungen.

      Dem Status als nationale Minderheit entspricht, dass Dänemark sich bereiterklärte, die dänische Minderheit als zu Dänemark zugehörig anzuerkennen. Die offizielle Anerkennung findet ihren Ausdruck u.a. darin, dass der dänische Staat der dänischen Minderheit in Sydslesvig/Südschleswig seit 1920 eine jährliche Kulturbewilligung für solche Einrichtungen zur Verfügung stellt, in denen der Gebrauch der dänischen Sprache eine zentrale Rolle einnimmt: das dänische Schulwesen, die dänische Kirche, dänische Bibliotheken und verwandte Bereiche. Politische Aktivitäten sollen demgegenüber in privaten Vereinigungen stattfinden, da in diesen Kontexten Deutsch verwendet wird. Diese Aufteilung reflektiert, dass aus der Sicht Dänemarks die Übereinstimmung von Sprache und nationaler Einstellung zentral ist. Die Kulturbewilligung trug wesentlich zum Ausbau des dänischsprachigen Schul- und Vereinswesens bei, was wiederum den Gebrauch der dänischen Sprache unterstützte und verstärkte.

      Die Verfassung der Weimarer Republik gab der dänischen Minderheit die Möglichkeit, die dänische Sprache und Kultur zu bewahren; der Besuch einer dänischen Schule setzte allerdings voraus, dass Dänisch die Muttersprache war und dass die Eltern im Gebiet der Minderheit geboren waren. Da jedoch die Muttersprache vieler Angehöriger der Minderheit inzwischen Deutsch war, wurden nur wenige Kinder in die beiden dänischen Kommunalschulen (1.–7. Klasse) in Flensborg/Flensburg aufgenommen. Um dem Bedürfnis der dänischgesinnten, doch deutschsprechenden Eltern, ihre Kinder auf Dänisch beschulen zu lassen, entsprechen zu können, richteten die dänischen Flensburger 1920 den Dansk Skoleforening for Flensborg og Omegn (‚Dänischer Schulverein für Flensburg und Umgebung‘) ein, der die Bewahrung der dänischen Sprache und Kultur zum Ziel hatte. Mit Unterstützung durch Dänemark eröffnete der Schulverein eine Anzahl dänischer Schulen und beteiligte sich an der Einrichtung dänischer Kindergärten. In der Zeit bis 1940 befanden sich in den dänischen Schulen bis zu 915 Schülerinnen und Schüler, und in den Kindergärten wurden bis zu 212 Kinder betreut.

      Daneben fand die dänische Sprache seit 1920 Verbreitung durch die Vermittlung dänischer Kultur in Den slesvigske Forening (‚Schleswigscher Verein‘), der sich auch sozial und politisch engagierte. Kulturvermittlung geschah darüber hinaus in verschiedenen anderen

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