Stadt, Land, Frust?. Группа авторов

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Stadt, Land, Frust? - Группа авторов Kirche im Aufbruch (KiA)

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und wahrscheinliche Entwicklungen abschätzen helfen. Sie bilden darüber hinaus die allgemeine Basis zur Einschätzung von Ressourcen und Problemlagen. Außerdem ermöglichen sie Korrekturen hinsichtlich der dem Kontext gegenüber unangemessenen Strategien.

      Derzeit kann man davon ausgehen, dass das Thema »Land« in jedem Individuum Assoziationen auslöst, die mehr Zuschreibung sind als heutige ländliche Wirklichkeit. Dies wurde besonders an den Definitionsschwierigkeiten deutlich und den Wandlungen, die Henkel und Neu seit den 60er Jahren ausmachen. Die größten Problemlagen verbinden sich mit dem Stichwort »Peripherisierung«. Abgelegenheit, Abgehängt-Sein oder -Werden, der Verlust (hoch) qualifizierter und demographisch aktiver Bevölkerungsteile in bestimmten Raumlagen können zwar überall auftreten, jedoch zeigt sich derzeit auch, dass (sehr) periphere, ländliche Räume davon besonders und mehrheitlich betroffen sind. Offensichtlich haben solche Prozesse auch Auswirkung auf die Mentalitäten vor Ort, insofern mehrere Forscher das Phänomen der »Peripherisierung im Kopf« beschreiben.

      In praktisch-theologischer Hinsicht ist die Erforschung von Belastung und Umgebung Neuland. Es mag hier und da Hinweise geben, wie sich die Umgebung auf die Arbeitssituation vor Ort auswirkt. Offensichtlich ist es nicht unbegründet, eine besondere Belastung auf dem Land zu vermuten. Eine Prüfung dessen steht allerdings noch aus. Für die Forschung ist das ein interessantes Feld, auf dem neue Zugänge erarbeitet und getestet werden können. Kirchenleitungen werden von dem erarbeiteten Wissen profitieren können, um einerseits Maßnahmen zur Förderung der arbeitsbezogenen Gesundheit gezielt zu erarbeiten und andererseits Kirchenentwicklungsprozesse einzuleiten, die vorhandene Motivationen, Ressourcen und Begrenzungen berücksichtigen.

       7 Entwicklung von GIPP I – Erfassung von »Stadt« und »Land«

      In unserer Studie »Stadt-Land-Frust?« haben wir »Ländlichkeit« so präzise wie möglich erfasst. Die Erfassung dessen, was bei uns als ländlich gilt, ist mehrdimensional. Im Wesentlichen lassen sich drei Dimensionen ausmachen:

      1. Statistische Marker für die äußere Abgrenzung der Ländlichkeit.

      2. Subjektives Empfinden von Ländlichkeit.

      3. Angaben zur kirchlichen Situation vor Ort (SIT).

      Diesen Teil unseres Fragebogens bezeichnen wir als GIPP I.82 Mit GIPP I sind alle Items gemeint, die den Unterschied zwischen Stadt und Land aufklären und bestimmen helfen. Dieses multidimensionale Inventar GIPP I durchlief einige Entwicklungsstufen:

      In unseren Pretests verwendeten wir Karten, die wir auf Grundlage der BBSR-Kategorisierungen erstellt hatten.83 Insofern die Befragung in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers (EVLKA) und der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) durchgeführt wurde und die Daten des BBSR nur für politische Gemeinden aufbereitet sind, wurden Karten für die jeweiligen Bundesländer des Befragungsgebietes erstellt: Zwei Karten für Niedersachen (Ost und West, damit der Maßstab nicht zu klein wird), je eine Karte für Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und den Ostteil von Brandenburg, da die betreffenden Kirchen in allen diesen Bundesländer gebietsmäßig vertreten sind.84

      Jedem Probanden wurden die Karten zu »Ländlichkeit« (Abb. 3) und »Lage« (Abb. 4) vorgelegt. Die Raumkategorien des BBSR wurden in diesen Karten auf Ebene der politischen Gemeinde aggregiert und in einem Maßstab vorgelegt, der die Identifizierung des eigenen Dienstortes möglich machte. Jeder Proband konnte dann auf der Legende ankreuzen, welcher Raumkategorie sein Dienstgebiet mehrheitlich angehört: bspw. »ländlich«, »teilweise städtisch« oder »städtisch» (Abb. 3) und auf der nächsten Karte »(sehr) peripher« oder »(sehr) zentral« (Abb. 4). So wurde es möglich, jeden Probanden einer definierten Umgebung zuzuweisen.85

       Abbildung 3: »Ländlichkeit«

      In der EKM wurde eine Vollerhebung durchgeführt. Eine Auffälligkeit bezüglich des Ostens ist hier zu nennen: Es gibt in der EKM kaum sehr zentrale, städtische Gebiete. Damit sind Probanden aus dieser Gebietskategorie auch kaum vertreten.

      Für die EVLKA, die wesentlich mehr Pfarrer im Dienst hat, musste eine Auswahl getroffen werden, um zwei gleichgroße, vergleichbare Stichproben zu erhalten. Aus Gründen der kirchlichen Organisation konnten in Hannover nur ganze Kirchenkreise angefragt werden. Bei der Auswahl der Kirchenkreise wurde darauf geachtet, möglichst sehr zentrale, städtische und sehr periphere, ländliche Gebiete zu bevorzugen, um die Extremgruppen gegenüberstellen zu können. Insgesamt wurden in der EVLKA 29 Kirchenkreise in die gesamte Befragung (inklusive Pretest I und II) einbezogen (Abb. 5).86

       Abbildung 4: »Lage«

      Nach Erhebung und Auswertung unserer Pretests zeigte sich im Ergebnis, dass die Probanden keine Unterschiede hinsichtlich Belastungen und Ressourcen aufwiesen, wenn man ihre Verteilung im Raum auf Grundlage der Karten als Unterscheidungskriterium anlegte. Dieser Befund ließ zwei Rückschlüsse zu: Entweder gibt es keinen Belastungsunterschied zwischen städtischen und ländlichen Pfarrern oder die Erfassung der Räumlichkeiten war nicht präzise genug. Insofern wir uns in der Pretestphase befanden, entschieden wir uns GIPP I zu erweitern und zu präzisieren.

       Abbildung 5: Punkte kennzeichnen die befragten Kirchenkreise der Landeskirche Hannovers.

      Für diese Präzisierung und Erweiterung führten wir Interviews mit Experten aus dem kirchlichen und akademischen Bereich durch.87 Nach Auswertung unserer Expertenbefragungen kamen wir zu dem Schluss, dass die Karten auf Datengrundlage der BBSR-Raumkategorien für unsere Belange eventuell nicht trennscharf genug waren. Dies hatte mehrere Gründe: Zum einen waren uns die Cutoffwerte bzw. Kategoriengrenzen unbekannt sowie evtl. nicht ausdifferenziert genug und zum anderen sind in den Kategorisierungen des BBSR verschiedene Maße integriert.88 In unseren Experteninterviews wurden wir mehrfach darauf hingewiesen, dass der simpelste und aussagekräftigste Indikator schlicht die Bevölkerungsdichte ist. Deswegen entschieden wir uns, für die Unterscheidung von Stadt und Land dieses Maß zu nehmen (Abb. 7).89

      Aus der Forschung ist weiterhin bekannt, dass die Lage im Raum und damit auch die Abgelegenheit von Orten eine wichtige Rolle spielt. Die Kategorien des BBSR sind auf Oberzentren ausgerichtet. In sehr ländlichen Gebieten können jedoch schon Städte eine infrastrukturelle Oasenfunktion besitzen, die nicht als Oberzentrum klassifiziert werden können. Somit erschien uns die Lage in Abhängigkeit von Oberzentren allein als eine Makroebene, die für unsere Zwecke ein zu grobes Raster vorgab. Deswegen entschieden wir uns, die Lage in Abhängigkeit von Mittelzentren zu erheben (Abb. 6).90

      Der Indikator »Mittelzentrum«, der mit den INKAR-Materialien des BBSR zur Verfügung gestellt wird, ist mit einem Defizit belastet.

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