Stadt, Land, Frust?. Группа авторов

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Stadt, Land, Frust? - Группа авторов Kirche im Aufbruch (KiA)

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dem »Gefühl, etwas zu erreichen«, konnte festgestellt werden, dass er bei einer ländlichen Klientel geringer ausgeprägt ist.62 Hier konnten die Forscher einen Zusammenhang mit den folgenden Umgebungsfaktoren feststellen: Länge der Dienstzeit in der betreffenden Kirche, Anzahl der Kirchen im Verantwortungsbereich, Assistenzpastor (curate) und Dienstgemeinschaft (ministry team).63 Vor allem die soziale Unterstützung durch einen Assistenzpastor und Arbeiten in der Dienstgemeinschaft erwiesen sich hier als von Bedeutung.

      Insgesamt bedeutet das, dass Unterschiede zwar bestehen, sich aber nicht an der Oberfläche zeigen, sondern eher spezifischer und gradueller Natur sind. Schließlich zeigt nur eine der drei Skalen des Maslach Burnout Inventars einen Unterschied an und die genannten Umgebungsfaktoren stehen nicht vollumfänglich für das, was man alles als »Ländlichkeit« bezeichnen könnte.

      Auch wenn hier der Faktor soziale Unterstützung zuerst benannt wurde, scheint die Umgebung einen Unterschied zu machen. In unterschiedlichen nationalen und internationalen Studienvergleichen, bei denen das Francis Burnout Inventar als eine weitere Möglichkeit, Burnout zu erfassen, angewandt wurde, konnten Francis/ Brewster feststellen, dass anglikanische Landpfarrer höhere Werte hinsichtlich der Erschöpfung und geringere Werte hinsichtlich der Zufriedenheit im Dienst aufweisen.64

      Hinsichtlich einer arbeitszeitbezogenen Überlastung (time-related overextension) konnten Francis/ Brewster ein Zweifaches feststellen: Zum einen sind Landpfarrer mit drei oder mehr Kirchen in ihrem Verantwortungsbereich spezifisch65 überlastet; zum anderen tragen weitere erschwerende Umgebungsfaktoren, wie beispielsweise ein oder zwei weitere Kirchen/Predigtstätten nicht mehr zur Verschärfung der Überlastung bei.66

      Schaut man auf die Gemeinden, die zusammengelegt wurden, dann gibt es indirekte Anzeichen dafür, dass die Arbeitsbelastung der Geistlichen am Limit ist. Müssen die anglikanischen Geistlichen mehrere Kirchen oder fusionierte Kirchenverbände betreuen, dann folgen daraus rückläufige Entwicklungen in allen relevanten anglikanischen Gemeindestatistiken.67 Hier zeigt sich dann das Phänomen, das von Miggelbrink »Gemeindeburnout« genannt wurde.68 Wenn auch die Studien von Francis zeigen, dass soziale Unterstützung am Arbeitsplatz durch weitere Mitarbeitende sich positiv auf deren Belastungsniveau auswirkt, so gilt auch für solche Teampfarrämter, dass sie für die Entwicklungen der Gemeinden in der Tendenz hinderlich sind.69 Insofern die Vergrößerung der Verantwortungsbereiche keine größeren Belastungen mit sich bringt, die Gemeinden jedoch schrumpfen, zeigt sich hier ein Limit der Arbeitsbelastung von Pfarrern, welches nicht mehr ihre Gesundheit betrifft, jedoch Auswirkungen auf die Entwicklungen der Kirchen vor Ort hat.

      Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Forschung aus England Verschiedenes zeigt: Als Erstes lässt sich erkennen, wie durch modifizierte und verbesserte Inventare der Pfarrberuf immer präziser untersucht wurde. Dann ist die Erforschung des Kontextes Land ein Wert an sich, insofern hier Ressourcen und Problemlagen des Kontextes identifiziert werden können. Weiterhin gibt es Anzeichen, dass der Kontext selbst zu Mehrbelastungen beiträgt. An einigen Stellen stehen diesbezüglich Tests mit Kontrollgruppen noch aus. Damit steht die Frage im Raum: Wirkt die Umgebung als Mehrbelastung oder Ressource auf die Belastung der Pfarrer ein? Spielt sie eventuell nur eine zu vernachlässigende Rolle oder gibt es so etwas wie ein bestimmtes Profil für Belastungen in ländlichen Räumen? Von Seiten der Kirchentheorie ist zu fragen, wie der Personaleinsatz und die Entwicklungen von Gemeinden und Gemeindeverbünden zusammenhängen.

       5 Überlastung im Pfarramt?

      Auch in Deutschland geraten angesichts der beschriebenen Wandlungsprozesse die Kirchen unter Druck. In der Regel reagieren sie darauf mit Regionalisierungsprozessen, um Strukturen zu vereinfachen und (im Normalfall) zu zentralisieren. In diesen Prozessen geraten dann bald die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der Kirchen in den Fokus. Wagner-Rau fragt in ihrem pastoraltheologischen Beitrag bezüglich der Pfarrer: »Wo ist der Punkt erreicht, an dem die Belastungen und Ansprüche über das hinausgehen, was zu leisten ist?«70 Sie macht deutlich, wie schwierig es ist, das Kleinerwerden zu akzeptieren, ohne zu resignieren:

      »Anzuerkennen, dass das Maß der vorhandenen Ressourcen und veränderte strukturelle Bedingungen sich auf die Handlungsmöglichkeiten auswirken, hat nichts mit Resignation zu tun. […] Weniger Pfarrerinnen und Pfarrer können in Zukunft auch insgesamt weniger Arbeitszeit zur Verfügung stellen.«71

      Auch Karle nimmt wahr, »daß viele Pfarrerinnen und Pfarrer schon nach wenigen Jahren [s. c. im Dienst, BS] über Identitätskrisen und Symptome des ›burnout‹ klagen«.72 Alex/Schlegel halten allerdings fest, dass diese Fragen und Herausforderungen für das Pfarramt »so gut wie nicht aufgearbeitet« sind.73

      Untersuchungen zur Berufszufriedenheit von Pfarrern gibt es mehrere, allerdings sind Untersuchungen zur Arbeitsgesundheit kaum anzutreffen.74 Rohnke nimmt für sich in Anspruch die erste »Belastungsanalyse i. S. des § 5 ArbSchG« vorgenommen zu haben.75 Hinsichtlich der Verwendung von Inventaren zur Erfassung des Phänomens »Burnout« gibt es bisher im deutschsprachigen, protestantischen Raum nur zwei Studien.76 Keine dieser Studien beachtet die ländlichen Räume mit ihren spezifischen Herausforderungen gesondert.

      Schaut man auf das Thema »ländliche Räume« und »Pfarramt«, sind die empirischen Studien ähnlich dünn gesät. Aspekte des Landes spielen in der Auswertung der Studien zur Berufszufriedenheit im Pfarramt allenfalls bei Becker und bei Magaard/Nethöfel eine Rolle.77 Allerdings müssen die Stadt-Land-Unterscheidungen dieser Studien angesichts der Heterogenität ländlicher Räume als wenig differenziert eingeschätzt werden, so dass nicht sicher ist, was hier mit der Kategorie »Land« erfasst wird.78 Grundsätzlich hält Becker als »Kernergebnis« fest: »Die Pfarrstellen unterliegen nach der empirischen Datenlage regionalen und wahrscheinlich auch lokal-individuellen Begebenheiten.«79 Ob es einen Unterschied aufgrund regionaler Begebenheiten bei Pfarrern gibt und ob diese sich auf Belastungsindikatoren auswirken, soll in unserer Studie überprüft werden.

      Als Indizien für eine Mehrbelastung der »ländlichen« Pfarrer lässt sich der für diese Gruppe »typische« Wunsch nach einer »grundsätzlich […] geringere[n] Belastung« im Vergleich zu Pfarrern aus anderen Gebieten deuten.80 In ähnlicher Weise spricht auch die Nutzung von Urlaubstagen und Freizeitausgleich für eine mögliche Mehrbelastung der »ländlichen« Pfarrer bei Magaard/Nethöfel. Nach deren räumlichen Kategorisierungen wird sichtbar, dass Landpfarrer seltener ihren Urlaubsanspruch einlösen oder einen freien Tag pro Woche nehmen – lediglich in der Kategorie »1/2 Arbeitstag pro Woche frei« sind die Landpfarrer vorn.81 Dies lässt auf ein Verhalten schließen, welches hinsichtlich der sog. Work-Life-Balance nicht förderlich ist.

      Zusammenfassend heißt das: In der Forschungsliteratur wird eine starke Überlastung der Mitarbeiterschaft behauptet. Die Gründe für die Überlastung werden vor allem in den Strukturanpassungsprozessen gesucht, die in ländlich-peripheren Räumen in besonderem Maße zu finden sind. Bisher gibt es jedoch keine belastbare Forschung, die diese Kombination aus Belastungserkrankungen und ländlich-peripherer Umgebung untersucht. Gleichwohl gibt es Indizien für einen solchen Zusammenhang zwischen Umgebung und Belastung.

       6 Zwischenfazit

      An dieser Stelle ist festzuhalten, dass eine differenzierte Sicht auf die Verhältnisse in ländlichen Räumen geboten ist. Hier hat sich die praktisch-theologische Forschung auf den Weg gemacht und angesichts des konstanten Dauerthemas der kirchlich-organisationalen Veränderung sollte die raumbezogene Begleitforschung nicht unterschätzt werden. Damit ist auch gesagt, dass wir derzeit weit davon entfernt sind, das Thema »Ländlichkeit« oder Regionenbildung und die Konsequenzen für die

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