Frei - Land - Haltung. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Frei - Land - Haltung - Группа авторов страница 17

Frei - Land - Haltung - Группа авторов

Скачать книгу

musste. So in die Kirche hocke ich mich nicht! Es ist auch echt langweilig: Man sitzt da und schläft fast ein. Und sonst haben wir noch einen Turnverein, da war ich auch früher drin.

       Hört sich so an, als fühltet ihr euch auf dem Lande richtig wohl. Möchtet ihr später mal auch auf dem Land leben?

      Roman: Ja, auf jeden Fall. Es ist viel schöner als in der Stadt. Man hat viel mehr Grün. Man sieht es an unserem Haus: Es ist alles grün drum herum.

      Luisa: Ich bin auch schon ans Grüne gewöhnt. Wenn man ’ne Klassenfahrt nach Berlin hat, dann fühlt man sich wie ein Landei. Du hast keine Ahnung, es ist alles so groß und viel. Man rafft die U-Bahnen nicht. Das ist einfach viel zu viel! Auf dem Land ist es echt ein bisschen gemütlicher.

      Roman: Die Leute aufm Dorf sind auch viel freundlicher. Die in der Stadt sagen einem nicht mal Hallo beim Vorbeigehen. Das ist unfair. Denn wenn man durchs Dorf läuft, sagt man allen Hallo. Zumindest zu alten Leuten musst du auf jeden Fall Hallo sagen! Es gibt hier auch ein paar, die neu dazu gezogen sind, die schauen einfach stur auf den Boden und grüßen einen nicht. Außerdem stinkt es im Dorf nicht so wie in der Stadt, die ganzen Abgase. Und die Wärme dort macht einen auch fertig.

      Luisa: Als wir von Berlin zurückkamen, hab ich in meinem Zimmer das Fenster aufgemacht zum Lüften. Dann kann durchs Fenster Güllegeruch rein, da musste ich erst mal richtig durchatmen und dachte: Ah, du bist wieder daheim! [lacht] Aber wenn man zum Beispiel studiert, ist es schon geil, in der Stadt zu leben. Jedoch wirklich für immer in der Stadt leben, das möchte ich nicht. Wenn man Kinder hat, ist es auch besser. Ich glaube, wenn man in der Stadt aufgewachsen ist und daran gewöhnt ist, findet man Stadt super. Wenn man aufm Land aufgewachsen ist, willst du auch, dass deine Kinder auf dem Land groß werden. Es ist einfach besser: Wenn man abends irgendwo grillen möchte, kann man das auf dem Land einfach überall machen. In der Stadt geht das nicht so spontan.

       Was denkt ihr, wie lernt man Leute in der Stadt kennen?

      Luisa: Genauso wie auf hier auf dem Land. Normalerweise auf der Arbeit, in der Schule. Hier auf dem Land lernst du auch deine Freunde, also die richtigen Freunde, in der Schule kennen. Ich kenne meine Freunde seit dem Kindergarten. Es sind immer die gleichen Leute, und ich hoffe, die bleiben auch. Denn die meisten bleiben auch hier, sie schaffen hier, machen ihre Ausbildung, eine studiert in Weingarten, aber die ist trotzdem immer in der Heimat. Keiner von meinen Freunden will auch wirklich weg ausm Dorf.

      Roman: In der Stadt hast du auch eine scheißkleine Wohnung, außer du hast Geld, und ich brauch Platz. Im Dorf kannst du schlussendlich ein Haus bauen, in der Stadt nicht. Du hast da eher eine Wohnung, die recht klein ist, und man hat auch kein Grundstück, keinen Garten. Als ich mit Kollegen in Ulm war, haben wir uns eine Wohnung gemietet. Es hat mich sehr gestört, dass allein schon im Gang alles mit Fahrrädern vollgestellt war, es gestunken hat und alles vollgekritzelt war mit hässlichen Wandgraffitis. Im Dorf hast du so was nirgends in einem Hausgang.

      Luisa: Wenn man hier ein Haus ansprüht, dann wird man vom ganzen Dorf ausgegrenzt.

      Roman: Der einzige Vorteil an Stadt ist, du hast nachts um 0 Uhr immer irgendwo eine Pizzeria offen.

      Luisa: Das ist das Geile an einer Stadt! Das ist im Dorf kacke: Du kannst nicht einfach sagen: „Wir gehen jetzt irgendwohin.“ In der Stadt hat am Wochenende immer ein Club offen. Bei uns weiß ich nicht mal, wo der nächste Club ist. Das ist das Geile an der Stadt. Da kriegst du auch alles zu essen. Bei uns gibt es nur einen Italiener und das Landhaus. Wenn man zum Beispiel mexikanisch essen möchte, dann muss man ewig in die nächste Stadt fahren. Wir fahren meistens mit dem Auto irgendwohin, denn auf dem Land bist du verloren ohne ein Auto. Aber wir haben fürs Land hier auch super Busverbindungen: Die Busse fahren normalerweise alle Dreiviertelstunde. Dennoch hat man hier ohne Auto keine Chance. Das ist auch das Erste, was man sich anschafft, wenn man bisschen Geld verdient hat.

       Meint ihr, es ist auf dem Land auch sicherer als in der Stadt?

      Luisa: Ich würd schon sagen. Ich würde mich nicht trauen, in der Stadt alleine abends zu laufen. Gerad an den Bahnhöfen sind auch megaviele Asis. Hier auf dem Land herrschen eher andere Gefahren: Da muss man aufpassen, dass man nicht von einer Wildsau überrannt wird. Ich bin letztens vom Hüttle in Weizen nach Hause gelaufen, und da sind mir Wildsauen mit Kleinen entgegengekommen. Das ist viel gefährlicher! Oder wenn man am Grillen ist, hört man an jedem Waldrand überall Tiergeräusche. Die wahre Kriminalität, das ist bei uns weniger. In der Großstadt wird viel mehr geklaut und so was. Bei uns wird im Laden nichts geklaut, da sagt man eher: „Du, ich nimms mit und zahle es morgen.“ Das macht meine Mama beim Metzger zum Beispiel manchmal. Sie hat das Geld vergessen und der Metzger sagt: „Macht nichts, zahlst es beim nächsten Mal!“ Man kennt sich halt.

      Roman: Ich bin auch voll oft oben im Lädle und habe meinen Geldbeutel vergessen und bringe das Geld später vorbei. Das ist gar kein Thema, weil dich alle kennen. Da ist das Vertrauen viel größer. Wenn dich jemand mit dem Auto mitnehmen will, steigt man auch eher ein als in der Stadt. Man nimmt auch selbst Leute mit. Wenn man jemanden kennt, dann hält man an und nimmt die Person mit. Ich bin sogar auch mal von Grafenhausen gefahren mit drei Leuten im Kofferraum, vier Stück hinten und zwei vorne.

      Luisa: Wenn wir von Festen heimfahren, wird das Auto auch vollgepackt. Als wir von Ühlingen von der Halloween-Party heimgefahren sind, sind wir zu zehnt in dem Auto zurückgefahren. Der Fahrer und noch zwei vorne, hinten dann ich auf Romans Schoß, neben mir noch ’n Kerle mit ’nem Mädle auf dem Schoß, dann noch zwei und im Kofferraum noch paar. Da hatten wir wirklich Angst, dass uns die Polizei anhält. Aber da hat man mehr Vertrauen und kann so was machen.

      Roman: Wir waren an einem 18ten Geburtstag auf der Hütte am Feiern, da ist die Polizei so gegen 22 Uhr gekommen. Dann erst mal so: „Achtung Kontrolle!“ Aber wir kannten die Polizisten zum Glück und es war dann doch nur Spaß. Die haben noch ein Bier mit uns getrunken und sind dann gegangen. Das geht auf dem Land halt schon.

       Fallen ausländische oder anders aussehende Menschen auf dem Land mehr auf?

      Roman: Ja, natürlich. Bei uns sind es eher die Kanaken.

      Luisa: Nee, ich kenne auch viele nette Ausländer. Schweizer sind auch Ausländer und von denen gibt es bei uns ja viele. Schweizer werden bei uns eher gehasst, weil sie können sich bei uns nicht so gut benehmen. Es sind auch die Türken, die bei uns auffallen, weil die sich mit jedem anlegen. In der Stadt fallen die nicht auf, weil eine Stadt viel vielfältiger ist. Bei uns gibt es auch Straßen, da wohnen nur Ausländer. In der einen Straße in Wutöschingen, da wohnen zum Beispiel nur Russen, so was ist im Dorf viel auffälliger.

       Wie sieht es mit Homosexuellen oder Transgender auf dem Land aus?

      Roman: Wir haben einen im Dorf, der schwul ist, und das wissen alle.

      Luisa: Ah stimmt, er ist mit einem aus Wutöschingen zusammen. Aber bei uns gibt es brutal viele Lesben. Die sind alle in einer Altersklasse. Mit denen kommt man super klar. Heute kommen schon alle damit klar. Vielleicht die Älteren, also meine Oma und deine Oma, verkraften es nicht, wenn ich sage: „Ich bin lesbisch.“ Bei der alten Generation ist es noch nicht so angekommen. Für die Eltern ist es immer ein Schock, denke ich. Aber wir …, für uns ist das normal. Ob auf dem Land oder in der Stadt, das ist bei allen langsam angekommen. image

Скачать книгу