Das Monster im 5. Stock. Regina Mars
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Читать онлайн книгу Das Monster im 5. Stock - Regina Mars страница 6
»Mein Name ist Sebastian«, korrigierte Adrian.
»Ach, du heißt auch Sebastian?« Der Trottel lachte nervös. »Na, ist ja auch ein häufiger Name …«
»Nein, du Genie«, knurrte Adrian. »Ich habe deinen grauenvollen Dialekt verbessert, Sebastian.«
»Nenn mich doch Wastl.«
»Niemals.« Adrian hob den Golfschläger. »Wie bist du hier hereingekommen, Sebastian?«
Schweigen. Die sündigen Lippen wurden zu einem etwas weniger sündigen weißen Strich.
»Hat die Putzfrau dich hereingelassen?«, fragte Adrian.
»Nein! Nein, bestimmt nicht!« Zu blöd zum Lügen war er auch. Adrian hatte seit zwei Jahren keinen nennenswerten Kontakt mit anderen Leuten, und selbst er erkannte, dass der Kerl log.
»Die Putzfrau also. Die ist gefeuert.« Adrian machte eine mentale Notiz, sie morgen früh kündigen zu lassen. »Und jetzt erklär mir, was du hier tust, oder ich verliere die Geduld.«
»Aber …« Sebastian, der unfähige Einbrecher schluckte. Sein Adamsapfel hüpfte. »Bitte, sie wollte mir nur helfen. Ich hab unten im Büro geschlafen, weil ich keine Wohnung hab, ich meine, ich suche, aber …« Er zuckte so hilflos mit den Schultern, dass Adrian beinahe Mitleid bekommen hätte. »Ich wusste doch nicht, wohin, und sie hat gesagt, ich könnte hier schlafen, während sie putzt. Sie hat das wirklich nur lieb gemeint. Sie … Sie hat das aus reiner Nächstenliebe …«
»Und warum bist du noch hier und sie ist weg?«, unterbrach Adrian das Gestammel.
»Sieht aus, als hätte sie mich vergessen.« Ein schwaches Lächeln. Jetzt sah er endgültig aus wie ein Cover-Stallbursche.
»Fantastisch«, sagte Adrian. »Nun, immerhin ist das geklärt. Und jetzt hau ab.« Er zögerte. »Warte. Du hast im Büro geschlafen? Bei Hauser Immo oder im Siebermann-Verlag?«
»Siebermann. Bitte …«
»Nein.«
»Aber sie wollte doch nur helfen. Echt. Wieso verstehst du das nicht?« Jetzt wurde der Bauerntrottel auch noch bockig.
»Weil es mich nicht interessiert. Und jetzt verschwinde. Die Tür ist da hinten.«
»Aber sie hat es nur gut gemeint. Bitte, sie hat den Job doch erst seit ein paar Wochen, hat sie gesagt, und ich glaube, sie braucht ihn wirklich.«
»Wenn sie ihn wirklich brauchen würde, würde sie keine Fremden in diese Wohnung schleusen.«
»Das ist eine ziemlich große Wohnung für einen allein«, sagte Sebastian. Er kniete immer noch auf dem Sofa, aber etwas an seiner Haltung hatte sich verändert.
»Das kommt einem Landei wie dir vielleicht so vor.«
»Wie viele Zimmer hat sie denn?«
Adrian wusste nicht, warum er dem Kerl überhaupt antwortete. Er hatte seit Tagen nicht mehr mit einem anderen Menschen gesprochen, vermutlich lag es daran. »Vier Schlafzimmer, drei Bäder, Küche, Sauna, Büro, Bibliothek, Dachterrasse und der Wohnbereich, in dem du dich gerade unbefugt aufhältst.«
»So viele Zimmer?!« Der Stallbursche sprang auf. »Und die hast du alle für dich allein?«
Was hatte der denn? Fast schien es, als würde ihn dieser Umstand wütend machen. »Ja, habe ich. Wenn es dich beruhigt, ich habe dafür bezahlt. Nun, besser gesagt hat mein Großvater einen Teil …«
»Weißt du, wie lange ich schon nach einer Wohnung suche?!«, brüllte Sebastian. »Jedes mickrige Rattenloch in München kostet tausend Euro! Kalt! Und du … Du hockst hier auf vier Schlafzimmern, von denen du nur eins benutzt?«
»Ja. Warum stört dich das?«
»Weil ich über hundert Bewerbungen geschrieben habe und jedes Mal abgelehnt wurde!« Sebastians Stimme prallte von den Fensterscheiben ab. »Weil ich von Besichtigung zu Besichtigung dackle, jede Pause, jeden Abend und jedes Wochenende und es nichts gibt? Weil ich immer mit einer Wagenladung von anderen Bewerbern da steh wie ein Bittsteller und mir vorkomme wie ein Vollidiot?«
»Das ist doch nicht meine Schuld.«
»Nein, aber … das ist verdammt noch mal nicht richtig.« Sebastians Geste umfasste die Fensterfront, die anthrazitfarbenen Wände und die blitzblanke, offene Küche. »Die Wohnung ist viel zu groß für einen allein. Das ist einfach unfair.«
So eine Heulsuse.
»Ich fühle mich entsetzlich schuldig«, sagte Adrian. »Dann hast du halt kein Zuhause und ich habe eins. Was willst du tun, meine Wohnung besetzen?«
Er ahnte nicht, wie oft er diesen Satz in den nächsten Tagen noch bereuen würde.
3. Hausbesetzung für Anfänger
»Was willst du tun, meine Wohnung besetzen?«
Wastl stockte. Sein Atem stand still und seine Ohren dröhnten. Natürlich, das war es!
»Ja«, sagte er und verschränkte die Arme. »Ja, das will ich. Ich mein, das tue ich. Deine Wohnung ist hiermit besetzt. Von mir.«
Satan schaute ihn an, als wäre er eine fünfjährige Rotznase, die behauptete, ein Superheld zu sein. »Du hast doch keine Ahnung, wie man eine Wohnung besetzt.«
»Natürlich habe ich das.« Nur nicht unterkriegen lassen. »Daheim in Würzen war ich der größte Wohnungsbesetzer im ganzen Ort.«
»Einen Scheiß warst du.« Satan hob eine Augenbraue, in der ein Stück fehlte. Seine rechte Gesichtshälfte war ein Flickwerk aus normalen Hautstücken und viel zu glatten Stellen, die so spannten, dass sie Falten schlugen. Das Ohr fehlte zur Hälfte, als wäre es runtergeschmolzen. Wastl hätte sich wirklich gefragt, was geschehen war, wenn er nicht so wütend gewesen wäre.
»Ich bin ein Wohnungsbesetzer«, behauptete er. »Ein sehr gefährlicher Wohnungsbesetzer. Also leg dich bloß nicht mit mir an.«
»Das reicht. Ich rufe die Polizei.«
Wastl wusste auch nicht, was ihn ritt. Vielleicht war es eine Ahnung, vielleicht war es nur Zorn. »Ja, dann ruf die doch. Dann … dann komm ich halt ins Gefängnis und dann … hab ich immerhin ein Dach über dem Kopf.« Oh nein. Der böse Kloß in seinem Hals war wieder da und schwoll in Rekordzeit an. Mist, Mist, Mist. »Das ist mir gerade recht«, sagte er, bevor seine Stimme brach. »Genau das war mein Plan.«
Panisch hörte er die aufsteigenden Tränen in seinen Worten. Sie ließen seine Sicht schon trüb werden. Das genervte Gesicht des Teufels verschwamm.
»Wenn du denkst, dass Heulen dich weiterbringt, dann hast du dich geschnitten«, vernahm Wastl.
Schnell drehte er sich um und stolperte fast über das Sofa.
»Ruf endlich die … die Polizei.« Er schniefte. Scheiße, verdammt! Kein Wunder, dass niemand ihn ernst