Politische Justiz. Otto Kirchheimer
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72 In der Fassung vom 5. Oktober 1950 bestraft Art. 272 mit Gefängnis jeden, der »im Interesse eines fremden Staates oder einer ausländischen Partei oder einer andern Organisation des Auslandes zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen, Einwohner oder Organisationen politischen Nachrichtendienst betreibt oder einen solchen Dienst einrichtet, … für solche Dienste anwirbt oder ihnen Vorschub leistet«. Die ältere Fassung – vom 21. Juni 1935 – traf solche Tätigkeiten nur, sofern es sich um einen »Nachrichtendienst über die politische Tätigkeit von Personen oder politischen Verbänden« handelte.
73 Werner Lüthi: »Zur neueren Rechtsprechung über Delikte gegen den Staat«, in: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, Jahrgang 69, S. 298-334 (1954, Heft 3). Bundesanwalt Lüthi war mit der Verfolgung von Delikten gegen die Staatssicherheit befasst.
74 Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, 1954, Band 80, Teil IV, S. 71-96 (Urteil vom 2. April 1954); vergleiche: »Das Urteil im Prozeß Bonnard«, in: Neue Zürcher Zeitung, Jahrgang 175, Fernausgabe, Nr. 93 (4. April 1954), Blatt 7, S. 1.
75 Zustimmung ohne allzu großen Enthusiasmus fand das Urteil in »Der ehrbare Agent«, in: Neue Zürcher Zeitung, Jahrgang 175, Fernausgabe, Nr. 111 (24. April 1954), Blatt 6, S. 1 f. Andere Zeitungen, hauptsächlich in der Westschweiz und im sozialistischen Lager, äußerten sich in vorsichtig kritischem Sinne.
76 Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts, Band 79, Teil IV, 1953, S. 24-35 (Fall Emil Arnold, Urteil vom 28. April 1953).
77 In der Bundesrepublik entsteht zum Beispiel viel Unrecht daraus, dass § 100e Absatz 1 des Strafgesetzbuches sehr weit ausgelegt wird; danach kann jeder Strafverfolgung gewärtigen, der von Staatsorganen der DDR in ein auch nur agentenähnliches Verhältnis hineingepresst worden ist. Die Richter wissen das am besten. Bei einem Landgerichtsrat, H. W. Ruhrmann: »Verfassungsfeindliche landesverräterische Beziehungen. Ein Beitrag zum interlokalen Strafrecht«: in, Neue Juristische Wochenschrift, Jahrgang 12, S. 1201-1207 (Heft 28, 10. Juli 1959), kann man auf S. 1205 lesen: »Was sollen eigentlich jene unfreiwillig mit dem SBZ-ND in Berührung gekommenen SBZ-Bewohner noch tun, um zu erreichen, dass sie nicht verfolgt werden? … welcher SBZ-Bewohner wird vor dem Druck der dortigen ND-Organe noch in die Bundesrepublik flüchten wollen, wenn erst einmal jeder weiß, dass ihm hier mit Sicherheit Strafverfolgung, mit einiger Wahrscheinlichkeit Strafe droht? Müsste er sich nicht sagen, dass es dann schon besser ist, dem mit lukrativen finanziellen Angeboten verbundenen Drängen des SBZ-ND nachzugeben?«.
78 Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, 1956, S. 98; 1957, S. 106; 1958, S. 98; 1959, S. 102; 1960, S. 130. Im Statistischen Jahrbuch wird die Reihe nicht mehr veröffentlicht. Anderen Publikationen des Statistischen Bundesamtes ist zu entnehmen, dass die Zahl der Abgeurteilten 1959 und 1960 bei Landesverrat 257 beziehungsweise 308, bei Hochverrat und Staatsgefährdung 233 beziehungsweise 213 betrug. Verurteilt wurden in denselben Jahren wegen Landesverrats 220 beziehungsweise 272, wegen der anderen Delikte 176 beziehungsweise 177 Personen.
79 Bundeskriminalamt: Polizeiliche Kriminalstatistik für die Bundesrepublik Deutschland, 1954, Wiesbaden, ohne Jahr {1955}, S. 5 und 19; 1955, Wiesbaden, ohne Jahr {1956}, S. 8 und 27; 1956, Wiesbaden, ohne Jahr {1957}, S. 35 und 59; 1957, Wiesbaden, ohne Jahr {1958}, S. 27 und 40; 1958, Wiesbaden, ohne Jahr {1959}, S. 39 und 48. Die Reihe wird nicht fortgesetzt.
80 »Verlorene Agenten«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung
81 Zur Begründung des Strafantrags hatte der Oberbundesanwalt den Richtern zugerufen: »Ich werde Ihnen sagen, welche Strafe ich für angemessen halte: keine, die über zwei Jahre Zuchthaus hinausgeht. Und ich bin der Meinung: unser Staat kann es sich leisten, groß-zügig zu sein, weil er das Recht will und sich abhebt von diesen verdammten Schein- und Afterstaaten, die nur Gewalt und kein Recht wollen.« Siehe »Zuchthausstrafe für John beantragt«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S-Ausg., Nr. 295, 18. Dezember 1956, S. 1, Sp. 2 f.; S. 4, Sp. 2 ff. Zur Kritik des Urteils siehe den redaktionellen Kommentar »›Politische‹ Strafjustiz«, in: Deutsche Universitätszeitung, Jahrgang 12, S. 5 (Nr. 1, 17. Januar 1957).
82 Fritz Neumayer {FDP, 1953 - 1956 Bundesjustizminister} in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode 1949. Stenographische Berichte, Band 8, S. 6313 (158. Sitzung vom 9. Juli 1951).
83 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Dezember 1956, 2 StE 15/36, in {Bundesanwalt Dr. Walter Wagner (Hg.):} Hochverrat und Staatsgefährdung. Urteile des Bundesgerichtshofes, Band II, S. 77-150, insbesondere 133 ff., 146 ff.
84 Siehe weiter unten Kapitel IV, Abschnitt 3.
85 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Dezember 1957, I StE 8/57, in: Hochverrat … (siehe oben Anmerkung 83), Band II, S. 186-224, insbesondere 223.
86 In der DDR war gerade der Schauprozess gegen einen Pfarrer Schmutzler abgelaufen, der als »Hetzer« verurteilt wurde, und die offizielle Presse drohte unverhüllt mit Wiederholungen; was sich als Äußerung eines im Westen herrschenden Terrors hinstellen ließ, war willkommen; siehe zum Beispiel Günter Fleischmann, »Die westliche Freiheit und Viktor Agartz«, in: Neues Deutschland, Berliner Ausgabe, Jahrgang 12, Nr. 283, 30. November 1957, S. 1, Sp. 1 f.: »Wenn das {was Agartz vorgeworfen werde} Landesverrat ist – wie soll man … mit den Verlegern verfahren, deren Zeitungen in die DDR gelangen und natürlich bezahlt werden? Oder was soll aus den Kirchenstellen der DDR werden, die aus NATO- und westdeutschen Regierungskassen hohe Beträge bekommen? … ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen der Bezahlung wissenschaftlicher Leistungen und der Öffnung der NATO-Kassen für die ›schmutzigen‹ Leistungen eines Pfarrers Schmutzler.« Der Wink war nicht misszuverstehen. Auf solche und ähnliche Äußerungen bezog sich die Bemerkung in Heinemanns Plädoyer: »Wo kommen wir hin, wenn Beziehungen zum FDGB hier und Beziehungen zu Evangelischen Akademien drüben als Landesverrat verurteilt werden?« Siehe »Freispruch für Agartz gefordert«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, S-Ausg., Nr. 288, 12. Dezember 1957, S. 1, Sp. 3 ff.
87 Siehe das Urteil in: Hochverrat … (siehe oben Anmerkung 85), S. 213.
88 Ebda., S. 213-221.
89 Schon im Agartz-Urteil – ebda., S. 219 – war ausgesprochen worden, dass das im Grundgesetz verbürgte »Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit für jedermann das Recht einschließt, Beziehungen zu anderen Personen aufzunehmen, ganz gleichgültig, ob diese Personen der freiheitlichen Ordnung der Bundesrepublik feindlich