Milan. Regina Mars

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Milan - Regina Mars Club der dichten Dichter

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er sich an seinen Schreibtisch.

      »Na gut«, murmelte er. »Aber nur einmal.«

      Milan war ein Vollidiot, tippte Milan.

      Milan war ein Vollidiot. Er hatte gedacht, die Liebe würde einen erwischen wie ein Fausthieb. Man dreht sich um, und zack, liegt man am Boden. So hatte es seine Mutter immer beschrieben. Er hätte sich nicht wundern sollen, dass sie unrecht hatte. Hatte sie meistens. Die Liebe hatte sich angeschlichen wie ein tödlicher Virus. Erst merkte man nichts, dann kribbelten die Gelenke, einen Tag später tropfte die Nase, dann hustete man und dann war es zu spät: Man war tot. Oder verliebt. Wie hätte er auch ahnen sollen, dass dieser blasse Streber ihn ins Unglück reißen würde? Als er den das erste Mal gesehen hatte, hätte er ihn am liebsten ausgelacht. Diesen Schwächling, der fröhlich lächelnd sein halbes Zimmer aufgegeben hatte, als Milan und seine Mutter eines Nachts vor der Tür gestanden hatten. Tropfnass vom Regen und heimatlos. Wie immer war Milans Mutter schuld gewesen.

      Sie war ein Junkie. Dabei trank sie nicht, nahm keine Drogen und rauchte fast nie. Stattdessen war sie süchtig nach Liebe. Nein, nicht Liebe. Nach Verliebtheit. Nach dem Kribbeln ganz am Anfang, nach der Hoffnung, nach dem Traum, dass dieser Kerl, dieser, endlich der Richtige sein würde. Der, der ihr Leben zum Besseren wenden würde. Und auf dem Weg von einem Kerl zum nächsten verhielt sie sich nicht gerade wie eine Prinzessin. Als sie vor Jules' Tür aufgetaucht waren, hatte sie ihren letzten Freund seit Wochen betrogen. Mit ihrem Filialleiter. Jules' Vater Albert. Der war leicht überfordert gewesen, hatte aber trotzdem den Fehler gemacht, sie hereinzulassen. Er hatte ja nicht ahnen können, was er sich da ins Haus holte.

      Nein, dachte Milan. Es klingt nicht richtig. Falsche Zeitform?

      Ich bin fünfzehn und habe einen neuen Bruder. Nicht, dass ich darum gebeten habe. Er selbst meint, er wäre jetzt mein Bruder. Der Streber schaut mich mit seinen bebrillten Kuhaugen an, lächelt schief und sagt es:

      »Dann sind wir jetzt Brüder, oder?«

      Ich penne seit einer Woche auf einer verdammten Luftmatratze in seinem Zimmer, während meine Mutter seinen Vater vögelt, so laut, dass wir kaum schlafen können. Manchmal schauen wir uns peinlich berührt an, wenn die Geräusche aus dem Nebenzimmer Schlachthofstärke erreichen. Er liegt auf seinem Bett, wo er irgendwelche langweiligen Wälzer liest … Der Trottel liest? Welcher Mann liest freiwillig? Und dann auch noch so öffentlich. Außerdem versucht er dauernd, sich mit mir anzufreunden. Als ob ich mit so einem Bücherwurm … Was labert der Idiot?

      »Brüder?« Ich sehe ihn ungläubig an. »Wir?«

      »Na ja, deine Mutter und mein Vater …« Er zuckt mit den Achseln.

      »Das hält nicht«, sage ich.

      »Woher willst du das wissen?«, fragt der Trottel.

      »Es hält nie.«

      »Oh.« Er sieht auf den komischen Wälzer in seinem Schoß. »Aber was, wenn es diesmal anders ist?«

      »Anders.« Ich verdrehe die Augen. »Wie anders?«

      »Keine Ahnung. Papa mag Denise wirklich, glaube ich«, sagt er. »Und sie mag ihn. Es könnte klappen.«

      »Wird's nicht.« Ich lehne mich zurück und starre an die Decke. »Wieso willst du das überhaupt? Willst du weiter dein Zimmer teilen? Das nervt doch.«

      »Mich nicht.« Er lächelt. Verdammt irritierend. Ich sehe seine ungleichen Schneidezähne und fühle mich seltsam. Als würden mir ausnahmsweise ein paar Puzzlestücke fehlen. Mir. Ich blicke alles. Bin ja schon lange genug mit Mom unterwegs.

      »Du bist halt ein Opfer«, sage ich. »Wenn das mein Zimmer wäre, würde ich dich rausschmeißen.«

      Der Blödmann lacht, als wäre das der beste Witz, den er je gehört hat. Ich schließe die Augen und drehe die Musik lauter. Solange ich meine Kopfhörer habe, kann ich die Welt und meinen »Bruder« ausblenden. Ein komischer Typ. Ruhig, lieb, ordentlich. Sein Zimmer sieht aus wie so eine verdammte Bücherei, nur sauberer. Er putzt selbst. Er räumt auch den Tisch auf, wenn wir gegessen haben. Freiwillig. Ob er das tut, seit seine Mutter abgehauen ist? Sie hat ihn und seinen Vater vor ein paar Jahren verlassen und immer, wenn Jules darüber redet, wird er ganz blass und leise.

      Gestern war ein Freund von ihm da. Genau so ein seltsamer Streber wie er. Wog ungefähr hundert Kilo und hat mich angeschaut, als wäre ich ein Pitbull. Recht hat er.

      Die Luftmatratze wankt und ich fahre hoch. Der Streber hat sich neben mich gesetzt und schaut mich mit seinen Kuhaugen an. Meine Kehle wird eng.

      »Was willst du? Das ist mein Bett.«

      »Milan?« Er beißt sich auf den Daumen wie ein blödes Kleinkind. »Kann ich dich was fragen?«

      Ich weiß genau, was er fragen will. Ich hasse die Frage und bin echt beeindruckt, dass er sie eine Woche lang zurückgehalten hat. Die meisten schaffen es keine zwei Sekunden, bevor sie mich damit nerven. Und ich will nicht darüber reden. Aber ich bin zu cool, um das zuzugeben. Also zucke ich mit den Achseln und sage: »Klar.«

      »Was ist passiert?« Schüchtern zeigt er auf meinen Mund. »Mit … deinem Gesicht. Und deinen Händen.«

      Ich lache höhnisch. »Macht dir Angst, was?«

      Er schüttelt den Kopf, todernst. Idiot. »Nein, das sieht cool aus. Ich hab mich nur gefragt … Bist du gestürzt?«

      »Ne.« Für wie blöd hält der mich? »Das war ein Ex von Mom. Vor vier Jahren.«

      Die Kuhaugen werden noch größer. Das blasse Strebergesicht noch bleicher.

      »Was?!«, krächzt er. »Warum?«

      Wieder zucke ich mit den Achseln. Ich will nicht darüber reden. Ich will vergessen. Am liebsten für immer. Aber ich bin ein Mann, also tue ich so, als wäre es egal.

      »War halt ein Arschloch. Mit dem hat die ganze Zeit was nicht gestimmt. Und als sie ihm gesagt hat, dass es aus ist …« Meine Kehle schnürt sich zu. Panisch versuche ich, meine Stimme am Kippen zu hindern. »Na, hab ja gesagt, dass er ein Arschloch war.«

      »Aber warum …« Der Streber scheint es echt nicht zu kapieren. Dann werden seine Augen auch noch feucht. Wie hat der es geschafft, bis zur neunten Klasse zu überleben? Wie hat der den Kindergarten überstanden? »Warum hat er dich … Und wie?«

      »Kaputte Glasflasche. Wie im Film.« Ich mache mit einer Hand vor, wie er das Ding an der Tischkante zerschlagen hat. Ich hab sowas später noch oft gesehen. Meistens ist die Flasche komplett zersplittert und das dumme Arschloch, das sie in der Hand hatte, hat geblutet. Diesmal leider nicht. »Damit ist er auf sie los.«

      »Aber er hat dich erwischt.«

      »Ich bin dazwischengegangen.«

      »Du?«

      »Wer denn sonst? War doch kein anderer da.«

      »Aber …« Sein Gesichtsausdruck ändert sich. Wird noch weicher, als wäre der nicht schon weich wie ein Käse. Warum fühle ich mich wieder so komisch, als die blöden Kuhaugen mich anstarren? Als würde etwas in mir zusammenklappen. Als müsste ich aufpassen, damit ich nicht losheule. Ich.

      »Nicht

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