Die Illusion der Unbesiegbarkeit. Paul Williams

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Die Illusion der Unbesiegbarkeit - Paul  Williams Dein Business

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Interviewpartner«). Wir danken allen Gesprächspartnern für ihre Offenheit. Einige besonders brisante Geschichten haben wir in Abstimmung mit ihnen anonymisiert.

      Von einer unkritischen Verklärung der Incas sind wir weit entfernt. Denn auch das gab es: Deportationen ganzer Völker und Dörfer, Kinderopfer, eine rigide Reglementierung des Einzelnen, der weder Aufenthaltsort noch Beruf frei wählen konnte. Zudem ist nach knapp einem Jahrhundert grandioser Erfolge etwas ebenso grandios schiefgegangen. 1532 schlägt der spanische Eroberer Francisco Pizarro mit weniger als 200 Soldaten das 12 000 Köpfe zählende Heer der Incas und nimmt ihren Herrscher (den »Inca«) Atahualpa gefangen. Binnen weniger Jahre zerfällt das Inca-Reich, auch wenn der letzte Inca-König, ohnehin eine Marionette der spanischen Konquistadoren, erst 1572 hingerichtet wird. So findig, effizient und konsequent die Incas zuvor ihr Reich beherrschten, so hilflos erscheinen sie im Angesicht des neuen Gegners. Was uns zu der Frage führt, ob herausragende Erfolge zur Endlichkeit verdammt sind, ob jeder Triumph womöglich schon den Keim des Scheiterns in sich trägt.

      Auch hier drängt sich die Gegenwart sofort ins Bild: Jeder Manager, jede Führungskraft kennt die Namen jener »Global Player«, scheinbar unangreifbarer Firmenimperien, die einen rasanten Niedergang erlebten oder sogar völlig in der Versenkung verschwunden sind: Kodak. Nokia. AOL. Pan Am. Arthur Andersen. Auch in Deutschland finden sich zahlreiche Beispiele, seien es Quelle, Grundig oder Schlecker. Nimmt man die jährliche Forbes-Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen weltweit zum Maßstab, so wird rasch deutlich: Kaum eine Organisation kann sich dauerhaft im Olymp der zehn wirtschaftlich erfolgreichsten Unternehmen halten. Möglicherweise ist es gerade die Illusion der Unbesiegbarkeit, die den manchmal rasanten Absturz vorprogrammiert. Für Führungskräfte und Manager bedeutet das, auch und gerade in Zeiten sicherer Erfolge wachsam zu bleiben, Schwachstellen zu prüfen und sich und das Unternehmen weiterzuentwickeln. Sonst geht es einem wie jenem deutschen Topmanager, der großspurig aus dem schwäbisch verwurzelten Daimler-Konzern eine »Welt AG« machen wollte, damit den Anfang vom Ende seiner Karriere einleitete und Milliarden Dollar verbrannte.

      Was uns noch wichtig ist: Auch wenn wir unsere Darstellung der Incas sorgfältig recherchiert und Fachleute in Peru, den USA und Deutschland herangezogen haben, maßen wir uns nicht an, ein erschöpfendes, historisch vollständiges Bild zu zeichnen. Dazu gibt es andere wunderbare Bücher. Zum Einstieg empfohlen seien etwa der prachtvolle Katalog und weitere Begleitpublikationen der großen Inca-Ausstellung von 2013 im Lindenmuseum Stuttgart (»Inka. Könige der Anden«). Unser Blick auf die Incas ist der selektive Blick heutiger Führungskräfte. Uns selbst hat dieser Blick tiefere Einsichten in unser eigenes Denken und Handeln im Unternehmenskontext ermöglicht als zahllose gut gemeinte PowerPoint-Präsentationen und Führungsworkshops zuvor. Wir hoffen, dass es diesem Buch gelingt, einen Teil unserer Faszination weiterzugeben. Und wir freuen uns, wenn unsere manchmal überraschenden Einsichten Sie bis zur letzten Seite auch gut unterhalten. Langweilige Bücher gibt es schließlich schon genug! Und wer weiß: Vielleicht sehen wir uns ja auf einer gemeinsamen Unternehmerreise nach Peru? Sprechen Sie uns an!

      Monheim am Rhein, im Juni 2017

      Andreas Krebs und Paul Williams

       www.inca-inc.com

      PS: Eigentlich sollte es sich von selbst verstehen: Wenn wir von »Managern« oder »Führungskräften« sprechen, schließen wir damit beide Geschlechter mit ein. Auf Doppelkonstruktionen wie »Manager/in« verzichten wir dennoch aus Gründen der Lesbarkeit.

       Und noch eine Anmerkung: Bei dem Andenvolk, das uns so beeindruckt hat, haben wir uns für die internationale Schreibweise entschieden – also »Inca« statt »Inka«. Schließlich dachten auch die Incas schon vor 500 Jahren über nationale Grenzen hinweg …

      »Jahrelange Erfolgsgeschichten können zu einem nicht zu rechtfertigenden Selbstvertrauen führen, zur irrigen Annahme, ›Wir kriegen das schon hin‹.«

      PROF. DR. IRIS LÖW-FRIEDRICH, TOPMANAGERIN UND MULTI-AUFSICHTSRÄTIN

       Kein Aufstieg ohne Fall? Ein Blick auf die Fortune 500

      Alljährlich veröffentlicht das Magazin Fortune die Liste der Top 500. Hier sind sie versammelt: die Big Player, die umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Doch kaum eine Organisation schafft es, ihren Spitzenplatz im Wirtschaftsolymp dauerhaft zu halten. Ist der Moment des größten Triumphs womöglich auch der der größten Verwundbarkeit? Trägt jeder außergewöhnliche Erfolg schon den Keim des Scheiterns in sich? Anders gefragt: Gibt es keinen Aufstieg ohne Fall? Wenn Weltreiche zusammenbrechen, Hochkulturen wie die der Incas innerhalb weniger Jahre in der Bedeutungslosigkeit versinken, woher nehmen Unternehmensführer und Manager unserer Zeit die Zuversicht, dass ihr Erfolg von heute auch morgen und übermorgen noch andauern wird? Und wichtiger noch: Gibt es Warnsignale für den drohenden Untergang? Diese Frage betrifft selbstverständlich nicht nur Großunternehmen. Wir alle kennen schließlich Start-ups, die nach einem kometenhaften Aufstieg ebenso spektakulär scheiterten, und traditionsreiche Mittelständler, deren Erfolgskurve nach vielen Jahrzehnten scheinbar urplötzlich zu Ende war.

      Wer spricht heute noch von Nokia?

      Wenn Sie heute einen Smartphone-gewieften Dreizehnjährigen fragen, was er von Nokia hält, wird er Sie wahrscheinlich verständnislos anblicken: »Hä – Nokia?« Dabei war das finnische Unternehmen noch vor wenigen Jahren ein echtes Schwergewicht: Von 1998 bis 2011 dominierte es den weltweiten Markt für Mobiltelefone, als weltgrößter Handy-Hersteller und Marktführer. 2004 belegte Nokia in der Fortune-Liste der 500 größten Unternehmen der Welt einen stolzen Platz im vorderen Drittel (Rang 122). Ein kleines Land mit rund fünf Millionen Einwohnern beherrschte souverän eine Zukunftsbranche.

      Die Geschichte von Nokia könnte Stoff für ein Hollywood-Drama liefern: 1865 baut der Ingenieur Fredrik Idestam am Fluss Nokianvirta im Süden Finnlands eine Zellstoffmühle und Papierfabrik und nennt sie »Nokia«. Gut drei Jahrzehnte später, 1898, gründet Eduard Polón eine Fabrik, die Gummistiefel und Radmäntel produziert, die Finnish Rubber Works. Und noch einmal knapp 15 Jahre später entstehen die Finnish Cable Works, gegründet von Arvid Wickström. Ab 1963 produzieren die Cable Works auch kabellose Telefone für die Armee. Die drei Unternehmen kooperieren bereits 45 Jahre miteinander, als sie 1967 zum Technologiekonzern Nokia verschmelzen. Forstwirtschaft, Gummi, Kabel, Elektronik und Stromproduktion bleiben Geschäftsbereiche, bis die Deregulierung des europäischen Telekommunikationsmarktes Anfang der Achtzigerjahre die Weichen neu stellt. Als das skandinavische Mobilfunknetz NMT (Nordic Mobile Telephone) entsteht, produziert Nokia 1981 das weltweit erste mobile Autotelefon und ab 1987 auch Mobilfunktelefone.1 Ab da geht es Schlag auf Schlag: Nokia konzentriert sich auf Mobiltelefone und wächst und wächst und wächst. Andere Geschäftsbereiche wie Gummi, Kabel oder Stromerzeugung werden abgestoßen. Das Unternehmen begeistert mit technischen Neuerungen wie dem Smartphone-Vorläufer »Communicator« (1996); vor allem aber überschwemmt es den Markt mit günstigen und robusten Handys für jedermann. 2002 stammt jedes dritte auf der Welt verkaufte Mobiltelefon von Nokia (Marktanteil 35,8 Prozent), nur jedes sechste von Motorola (15,3 Prozent) und nicht einmal jedes zehnte von Samsung (9,8 Prozent). Das bestverkaufte Handy aller Zeiten ist das Nokia 1100, das sich bis 2013 mehr als 250 Millionen Mal verkauft haben wird:2

      Das Unternehmen aus dem finnischen Espoo scheint unbesiegbar. Und leider fühlt man sich auch so. Denn auf dem Höhepunkt der wirtschaftlichen Macht bringen sich neue Wettbewerber in Stellung. Als 2004 die ersten Klapphandys erscheinen, setzt Nokia weiter auf »bewährte« Modelle, und als Apple 2007 das erste Smartphone mit Touchscreen herausbringt, hält CEO Olli-Pekka Kallasvuo das iPhone wörtlich für ein »Nischenprodukt«. Obwohl

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