Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane. A. F. Morland
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Читать онлайн книгу Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane - A. F. Morland страница 33
„Na, Prost Mahlzeit, das sind ja schöne Aussichten“, maulte der Fahrer.
Yvonne machte ihm begreiflich: „Je früher Sie uns da abliefern, wohin wir wollen, desto eher sind Sie uns los.“
Der Fahrer legte sofort den ersten Gang ein. „Wohin soll’s gehen?“
Die Internistin nannte ihre Adresse, und der Fahrer gab augenblicklich Gas.
25
In Yvonne Wismaths Wohnung überkam Petra Praetorius erst recht das heulende Elend. Kaum zu glauben, aber bisher hatte sie sich doch noch irgendwie zusammengenommen, aber nun konnte sie nicht mehr.
Sie ließ sich vollends gehen, weinte haltlos und schluchzte zwischendurch immer wieder, am Besten wäre es, sie würde sterben. Sie zu trösten war ein Ding der Unmöglichkeit, deshalb ließ Yvonne, die selbst Trost bitter nötig gehabt hätte, sie ihren ganzen Weltschmerz herausweinen.
„Ach, Yvonne, ich bin so schlecht, so schlecht!“, jammerte Petra.
Männer wie Walter Schmidt sind schlecht, dachte Yvonne verbittert. Es gibt nichts Verdorbeneres und Verkommeneres als Kerle seines Schlages.
Petra jammerte weiter: „Mein Vater wird mich verstoßen, mein Mann wird sich von mir scheiden lassen. Ich bin bis an mein Lebensende gebrandmarkt. Nie wieder werde ich diesen grässlichen Makel los. Gib mir was zu trinken. Ich muss noch was trinken. Ich kann mich sonst nicht ertragen. Ich kann dir nicht sagen, wie zuwider ich mir bin. Wenn ich doch nur aus meiner Haut fahren und eine andere werden könnte. Eine, die sich nicht für das, was sie getan hat, in Grund und Boden zu schämen braucht.“
Yvonne machte zwei Drinks. Sie setzte sich zu Petra und trank mit ihr. Sie schaltete ab, hörte kaum noch, was Petra mit weinerlicher Stimme von sich gab. Sie hatte ihre eigenen schwerwiegenden, schmerzvollen Probleme, hatte heute den Mann verloren, den sie so glühend geliebt hatte, mit dem sie ein Leben lang zusammenbleiben wollte.
Walter Schmidt, der Name stand für Lüge und Betrug, für Untreue und Verschlagenheit, für Verkommenheit und Geldgier.
Walter Schmidt, ein Mann, dem nichts zu schmutzig war, der alles machte, wenn der Preis stimmte. Der sogar seine Liebe für Geld verriet, für einhundertfünfzigtausend Mark. Schäbig war dieser Walter Schmidt. Pfui Teufel!
„Ich hab’s nicht gekonnt“, wimmerte Petra in gekrümmter Haltung. Ein kleines Häufchen Elend war sie, das sich mehr und mehr in Tränen auf löste. Was für ein großer, weltumspannender Jammer. „Ich hab’s nicht gekonnt. Ich hab’s nicht getan, aber das zählt nicht, denn ich wollte es tun, und das zählt ... Ich habe in Walters Bett gelegen ... Ich war nackt ... Er war bereit ... Aber ich konnte nicht, konnte nicht, weil ich meinen Mann zu sehr liebe ...“
Das hatte Yvonne Wismath nun wieder mit grausamer Deutlichkeit gehört. Nackt ... In Walters Bett ... Er bereit ... Fürchterliche Dolchstiche waren das – mitten ins Herz. Es tat so weh, so grauenvoll weh. Yvonne wollte nichts mehr hören, doch Petra sprach weiter.
„Seine Hände, seine Lippen, sie waren überall an mir ...“
Mein Gott, wenn sie doch nur schweigen würde!, dachte Yvonne verzweifelt. Mein Walter! Mit Petra! Ich ertrage das nicht! Es schmerzt zu sehr! Es bringt mich um!
Sie sprang auf und holte die Flasche. Die Gläser waren leer. Sie füllte sie wieder. Petra griff sofort danach. Sie ist mir um jene Drinks, die sie in diesem Lokal getrunken hat, voraus, dachte Yvonne. Ich werde sie wohl kaum einholen können, wenn ich immer beide Gläser fülle. Herr im Himmel, was für ein weltbewegendes Problem.
Es schellte an der Tür. Wer mochte das sein? Yvonne erwartete niemanden. Sie trank erst ihr Glas leer, ehe sie das Wohnzimmer verließ.
Sie öffnete die Wohnungstür, und im nächsten Moment wich alles Blut aus ihrem Gesicht. Eine Frechheit, eine impertinente, bodenlose Frechheit war das von Walter Schmidt, sich hierher zu wagen, nach diesem ... diesem Verbrechen, das er an ihrer Liebe begangen hatte.
Einem Mord war das gleichzusetzen, jawohl. Walter Schmidt hatte eine große, eine wunderbare Liebe skrupellos gekillt. Und nun besaß er die Unverfrorenheit, hier aufzutauchen und den Wütenden, den Entrüsteten zu spielen. Dazu gehörte eine riesige Portion moralischer Verworfenheit, und die hatte Walter Schmidt ganz offensichtlich.
Yvonne wollte ihm die Tür vor der Nase zu schlagen, doch er stellte schnell den Fuß dazwischen.
„Fuß.weg, sonst kriegst du einen solchen Tritt vors Schienbein, dass es eingegipst werden muss!“, zischte die Internistin.
Walter Schmidt hatte sie noch nie in einer solchen Verfassung erlebt. In seinen Zorn mengte sich Sorge. „Yvonne, ich verstehe das alles nicht ... Deine plötzliche Wandlung zur Furie ... Du hast mich geohrfeigt ...“
„Leider nur einmal!“, schrie sie „Du hättest Prügel verdient! Prügel!“
„Ich finde, du solltest mir erklären ...“
„Weshalb bist du hier?“, fragte die Ärztin bissig.
„Ich verstehe deine Frage nicht, Yvonne.“
Ihre Augen wurden schmal. „Möchtest du dir die hundertfünfzigtausend Mark verdienen? In meiner Wohnung? Geht deine Impertinenz so weit? Man ist zwar ein schäbiger Ganove, aber man hat dennoch seinen Stolz und seine Ehre, und man möchte sich nichts schenken lassen, nicht wahr?“
„Was soll das, Yvonne? Warum beleidigst du mich? Von welchen hundertfünfzigtausend Mark sprichst du?“
„Wieso weißt du, dass sie bei mir ist?“, fragte die Internistin.
„Wer ist bei dir?“
„Bist du mir nachgefahren?“, zischte Yvonne Wismath.
„Nein. Nachdem ich meinen Schock überwunden hatte, sagte ich zu mir, das müsstest du mir erklären.“ Er drückte die Tür zur Seite und trat ein. Sein Blick fiel auf Petra Praetorius, die zitternd und verheult im Wohnzimmer saß.
„Euch miteinander bekannt zu machen, kann ich mir wohl sparen“, sagte Yvonne voll triefendem Zynismus. „Schließlich habt ihr ja vor wenigen Stunden noch miteinander im Bett gelegen.“
„Wir haben – was?“, fragte Walter Schmidt völlig perplex.
„Jetzt ist es aber genug!“, schrie Yvonne ihn an.
„Wer ist diese Frau?“, fragte Walter.
„Wer