Der Schuh. Gabriela Bock

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Der Schuh - Gabriela Bock

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kniete inzwischen neben dem Sofa und sah mich ständig an. Seine langen, blonden Haare fielen auf mein Gesicht, als er mich küsste.

      »Ich fand dich schon immer anders als die anderen Mädchen. Du warst netter zu mir und nicht so puppenhaft und schrill. So was kann ich an weiblichen Wesen überhaupt nicht leiden«, sagte er zu mir.

      »Ich fand dich früher saublöd«, rutschte es mir raus. Dabei wunderte ich mich, noch einigermaßen klar sprechen zu können.

      »Und jetzt?«, fragte er.

      Ich schlang die Arme um Roberts Hals und zog ihn neben mich aufs Sofa. Dann strich ich ihm die Haare aus dem Gesicht und streichelte ihn sanft. Dabei berührte ich sein Antlitz mit meinen Lippen.

      »Weiß ich noch nicht, bis jetzt gut.«

      »Dann finde es raus, heute noch.«

      »Hey ihr!«

      Paul stand neben uns.

      »Helga und ich, wir stellen euch unser Schlafzimmer zur Verfügung. Wollt ihr?«

      »Wollen wir?«, fragte Robert und ich nickte ihm zu.

      Er zog mich vom Sofa hoch. Paul grinste und drückte Robert zwei Stecklaken in die Hand, die die Aufschrift des Krankenhauses trugen, in dem er arbeitete.

      Im Schlafzimmer beobachtete ich Robert dabei, wie er fein säuberlich die Laken auf die Matratzen des Ehebettes zog. Er bestand darauf, das Licht im Zimmer an zu lassen, weil er genau sehen wollte, was er mit seinen großen, schmalen Händen anfasste. Obwohl ich das den Raum kannte, fand ich ihn in der Nacht besonders karg ausgestattet, nicht nur der Aufdruck auf den Stecklaken erinnerte mich an ein Krankenhauszimmer. Ich registrierte die weißen Wände, die weiße Bettwäsche und genoss den intensiven, kühlen Blick aus Roberts graublauen Augen. Wie er über meinen Körper glitt. Immer und immer wieder. Er bekam nicht genug davon.

      »Meine Oberschenkel sind zu dick.«

      »Oh nein.«

      Robert drehte mich zum x-ten Mal in dieser Nacht auf den Bauch. Er fuhr mit der Hand über das große Muttermal zwischen meinen Schulterblättern.

      »Es hat mich vorhin zuerst erschreckt und etwas gestört, aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt.«

      »Gehörst du zu den Exorzisten, dass dich mein Hexenmal stört?«

      Robert lachte. Es war so ein erotisches Lachen, mit einem kleinen Gluckser am Ende.

      »Wer außer dem Leibhaftigen persönlich würde es lebend überstehen, die Nacht mit einer Hexe zu verbringen?«

      »Oh Exzellenz.«

      Auf allen vieren kroch ich im Bett umher und küsste die Innenflächen seiner Hände.

      »Mit diesem Ding auf dem Rücken wirst du nie untertauchen können«, bemerkte Robert trocken.

      Inzwischen war ich immer nüchterner und müder geworden. Draußen begann die Dunkelheit einem neuen Morgen zu weichen. Alle Lampen im Zimmer brannten noch. Robert kniete neben mir im Bett. Seine linke Faust war auf mich gerichtet, der Zeigefinger zeigte nach vorn, der Daumen nach oben. Es sah aus, als wenn er gleich auf mich schießen wollte. Es war eine Geste, die Robert schon zu Schulzeiten oft angewendet hatte. Jetzt fand ich es lustig.

      »Bitte«, sagte er, »bitte ergib dich noch einmal.«

      Danach schlief ich tief und fest.

      Am Vormittag zauberte die Sonne etwas Farbe in das kahle, weiße Zimmer. Panik überkam mich. Es war nicht nur spät, sondern auch zwei Tage vor Ostern, und meine Eltern hatten nicht damit gerechnet, dass ich die ganze Nacht wegbleiben würde. Ich warf noch einmal einen Blick auf Roberts schönen Körper und auf sein markantes Gesicht.

      Es würde das letzte Mal sein, dass ich ihn so sah, da machte ich mir nichts vor. Es sollte bestimmt eine Anspielung gewesen sein, dieses: »Ergib dich noch mal.« Eine Anspielung auf meine Passivität beim Sex. Ich war es nun mal, die sich dabei hinschmiss und die einen Mann brauchte, der diese Passivität auszunutzen verstand. Dabei liebte ich intensive Blicke, von denen Robert mir in dieser Nacht ganz viele geschenkt hatte. Vielleicht hätte es kuscheliger und dunkler sein können. Das Ganze hatte schon etwas von einer klinischen Operation gehabt. Entschlossen rüttelte ich Robert wach.

      »Tschüss dann, ich geh jetzt«.

      »Wieso haust du jetzt einfach so ab?«, fragte er verschlafen, sprang aus dem Bett, zog die Stecklaken ab, faltete sie ordentlich und legte sie zurück aufs Bett.

      »Hast du mal im Krankenhaus gearbeitet?«, wollte ich wissen. Soweit mir bekannt war, studierte Robert im fünften Semester Jura.

      »Guter Drill«, meinte er, »fällt mir schon gar nicht mehr auf.« Er hatte sich wieder hingelegt. »Komm bitte wieder ins Bett«, flehte er.

      »Ich muss zurück zu meinem Kind, das ist bei meinen Eltern.«

      Wie konnte einer wie Robert wissen, was in mir vorging?

      »Weißt du, wie geil ich auf dich bin? Das Kind ist mit Sicherheit bei deinen Eltern gut aufgehoben«, sagte er, aber ich stand bereits angezogen in der Tür. »Bitte Emi, bitte beantworte mir noch eine Frage.« Robert setzte seinen alten Robert-Hagedorn-Blick auf, den ich noch vom Schulhof kannte. »Hat es dir schon mal jemand so besorgt?«

      »Glaubst du, du warst mein erster Mann?«, schrie ich ihn an und knallte die Tür zu.

      Die Todesfrage. Unglaublich. Er war auch nicht anders als die Anderen. Wie war ich? Ich, ich, ich! An was anderes konnten sie wohl nicht denken? Waren alle Männer gleich? Warum musste ich nur ständig auf solche Egozentriker stoßen?

      Ich aß mit meiner Mutter zusammen zu Mittag, die den schlafenden Niclas anschließend auf einen Spaziergang mitnahm. Ich ging die Treppe hoch in die Wohnung über ihnen und fiel hundemüde und erschöpft in mein Bett. Diese Wohnung im Haus meiner Eltern zu besitzen, war, außer Niclas, das Beste, was mir je passieren konnte. Meine Eltern hatten das alte denkmalgeschützte Haus mit dem Laden im Erdgeschoss in der Fischpfortenstraße im Zentrum von Hameln erst vor drei Jahren gekauft, nachdem mein Vater sich aus dem gutbezahlten, aber unsicheren Job in der Wirtschaft mit einer Abfindung verabschiedet hatte. Mit diesem ›Kunst-, Trödel-, Briefmarkenladen‹ hatte er sich einen langersehnten Wunsch erfüllt. Das Haus war noch nicht fertig renoviert, aber es war schon jetzt urgemütlich darin. Wenn meine Eltern nicht zuhause waren, wurde es mir manchmal etwas unheimlich in dem alten Gemäuer. Dann war ich froh, dass Pan und Syrinx wachten, unsere Hunde, die ich vor zwei Jahren als Welpen angeschleppt hatte. Beides waren Mischlinge. In dem riesigen schwarzen Pan steckte mit Sicherheit ein Neufundländer, und meine Mutter hatte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, als sie die großen Pfoten des Welpen bemerkte. Syrinx war ganz weiß und winzig, mit dem Temperament eines Terriers.

      Mein Vater hatte sich die beiden wohlwollend angesehen, einen Kunstband vorgeholt, auf die Abbildung eines Gemäldes von Peter Paul Rubens und Jan Bruegel gezeigt, auf dem der Gott Pan die Nymphe Syrinx jagt, und gefragt, ob wir die Hunde so nennen wollen. Seiner Meinung nach könnte es nicht besser passen. Damit es keine erotische Jagd werden würde wie auf dem Bild, wurde die Hündin kastriert. Jetzt lag nachts Pan immer etwas träge neben meinem Bett, während Syrinx mal hier und mal da lag und bei jedem neuen Geräusch im Haus sofort zu bellen anfing.

      Als

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