Niedergetrampelt von Einhörnern. Maelle Gavet
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»Der Steuerzahler hat schockierend wenig davon«
Diese gemeinschaftsbildenden Maßnahmen können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tech-Giganten Städte und Staaten untergraben, indem sie rücksichtslos ihre Steuerpflicht drücken. Geld, mit dem Regierungen einige der Probleme lösen könnten, die von ebendiesen Unternehmen verursacht wurden.
Mit dem Versprechen, Arbeitsplätze zu schaffen, kommen sie in den Genuss außerordentlich günstiger Konditionen auf kommunaler und auf Landesebene. Absprachen dieser Art gelten keineswegs nur für die Tech-Branche; viele Großunternehmen werden mit Subventionen und Steuervergünstigungen zur Ansiedlung von Werken oder Büros animiert. Am bekanntesten ist vielleicht das Beispiel, dass Sportmannschaften ihre Heimspiele nicht in ihrer Heimatstadt bestreiten, wenn eine andere Stadt den Eigentümern ein günstigeres Angebot für ein vom Steuerzahler finanziertes Stadion anbieten kann. Leider haben Steuerzahler meistens schockierend wenig von diesen Arrangements. Laut einer Untersuchung13 der New York Times aus dem Jahr 2012 wurden in den Bundesstaaten, Bezirken und Städten Amerikas geschätzte 80 Milliarden Dollar pro Jahr an Unternehmen verschenkt – durch lokale Förderungen oder Anreize.
Doch die Tech-Giganten mit ihrem Gütesiegel als zukunftsweisender Industriezweig und mit gut bezahlten Arbeitsplätzen (zumindest für einige) beweisen ein besonderes Talent, nicht nur in den Genuss von Steuervorteilen zu kommen, sondern weitere Unterstützungen zu bekommen, oftmals gut verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit.14
Apple handelte 1997, am Rande des Bankrotts, eine Vereinbarung mit seiner Heimatstadt Cupertino aus: Damit Apple seinen Firmensitz in Cupertino belässt, gibt die Stadt im Gegenzug fünf Jahre lang die Hälfte ihres Anteils an den Umsatzsteuereinnahmen an Apple zurück. Dies galt für alle Umsätze mit kalifornischen Firmenkunden. Dieser Deal wurde verlängert und er besteht bis heute, die genauen Konditionen jedoch sind vertraulich.
Foxconn, zu dessen Hauptkunden Apple, Google, HP, Microsoft und viele andere gehören, wurde 2017 von Wisconsin mit einem 3-Milliarden-Dollar-Paket umworben, wenn im Gegenzug bis zu 13 000 Arbeitsplätze im Bundesstaat entstünden. Das sollte den Staat bis zu 19 000 Dollar pro Arbeitsplatz und Jahr kosten.15 Zwei Jahre später verkündete der Gouverneur des Bundesstaates, dass das Foxconn-Werk in Wisconsin nur einen winzigen Bruchteil (etwa 1500) der versprochenen Arbeitsplätze schaffen würde.16 Während ich dieses Kapitel schreibe, standen die Gebäude des Innovationszentrums noch leer und auch das Hauptwerk wartete noch auf seine Eröffnung.17
Amazon trieb das Ganze auf eine völlig neue Ebene. In einer Art Casting konnten sich Städte beim Billionen-Dollar-Konzern um den zweiten Hauptsitz des E-Commerce-Riesen bewerben. Die Städte versuchten, sich gegenseitig mit immer größeren Anreizen aus Steuergeschenken und Subventionen zu überbieten. Unter anderem umwarben die Verantwortlichen aus New York und Virgina18 den Konzern mit 3,4 Milliarden Dollar. Amazon erwies sich im Laufe der Jahre als besonders geschickt, wenn es darum ging, Milliarden von Dollar an staatlichen und kommunalen Subventionen für die Wirtschaftsentwicklung einzuheimsen.19
Am Ende gab Amazon das Bauvorhaben für sein »HQ2« in Long Island City, Queens auf.20 Der Widerstand lokaler Politiker war einfach zu hoch. Den Zuschlag bekam Arlington, Virginia, ein Gebiet auf der anderen Seite des Potomac, direkt gegenüber von Washington, DC. Angeblich forderte der Konzern unter anderem, dass die zuständigen Beamten verpflichtet sind, Amazon mitzuteilen, wenn Medienorganisationen einen Antrag auf »öffentliche Aufzeichnungen« stellen, die den Deal betreffen. Durch diese Vereinbarung kann Amazon versuchen, die Anfrage abzulehnen und somit die Offenlegung zu verhindern, bevor Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.21
Eine globale Steuerlücke in Höhe von100 Milliarden Dollar
Subventionen und Steuererleichterungen sind eine Sache. Aber die Tech-Giganten sind auch Meister darin geworden, weltweit ihre Steuerverpflichtungen rücksichtslos auf ein Minimum zu drücken. Airbnb ist ein typisches Beispiel dafür. Obwohl es eher zu den vertrauenswürdigeren der großen Tech-Marken gehört, nutzt der Marktplatz für kurzfristige Untervermietungen seinen Status als digitale Plattform auf zwei Arten. Der erste und wahrscheinlich bekannteste Weg ist, dass Airbnb dank seines Peer-to-Peer-Modells den Großteil der Fixkosten des Hotelgewerbes umgehen kann, einschließlich der Personal- und Beschäftigungssicherung. Der zweite und weniger bekannte Weg sind die »freiwilligen« Steuervereinbarungen, mit denen Airbnb die staatlichen und kommunalen Behörden vermutlich übers Ohr gehauen hat und dadurch Löcher in die Haushalte in den USA und weltweit reißt.
Dan Bucks, ehemaliger Leiter des Finanzamts in Montana und fast 17 Jahre Exekutivdirektor der bundesstaaten-übergreifenden Steuerkommission (MTC) in Washington, D.C., stellte im Juni 2019 fest, dass die »freiwilligen Einzugsvereinbarungen« von Airbnb zwischen 2013 und 2018 Bundes-, Staats- und Kommunalverwaltungen in den USA geschätzte 3,48 Milliarden Dollar gekostet haben könnten. Dabei handelt es sich um Mittel, die andernfalls für öffentliche Dienstleistungen hätten ausgegeben werden können, die in den meisten US-Städten bitter benötigt werden.22
Airbnb bietet auf seiner Plattform ganze Häuser und Wohnungen an, die von einer reinen Wohnzwecknutzung umgewandelt wurden zur kurzfristigen Nutzung als Beherbergungen für Touristen. Aus dem Bericht von Bucks geht hervor, dass Airbnb damit »oftmals gegen die örtliche Baunutzungsverordnung verstößt«. Um ein Verbot dieser »illegalen Vermietungen« zu verhindern, »versucht das Start-up, die Namen und Standorte der Beherbergungsbetriebe vor den Behörden geheim zu halten«, so Buck.
»Diese Geheimhaltung ermutigte auch Betreiber dazu, keine Umsatz- und Beherbergungssteuer zu berechnen und die Abführung von Einkommenssteuern zu vermeiden. Die Plattform schirmte sie darüber hinaus ab vor einer Veranlagung zur Gewerbegrundbesteuerung«, schreibt er. »Airbnb verstärkte den Schutzschild der Geheimhaltung für seine Unterkunftsbetreiber zusätzlich, indem es anbot, Zahlungen zu leisten – angeblich für Unterkunfts- und Umsatzsteuern. Die Gegenleistung war eine höchst fragwürdige Sonderbehandlung durch die Steuerbehörden – einschließlich der Erlaubnis, ihre Unterkunftsbetreiber vor allen öffentlichen Behörden geheimzuhalten.« Dem Bericht zufolge, der von der American Hotel & Lodging Association (AHLA) stark beworben