Propagandaschlacht ums Klima (Telepolis). Michael E. Mann

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Propagandaschlacht ums Klima (Telepolis) - Michael E. Mann

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Arbeit bezieht sich auf das Vermächtnis des angesehenen Atmosphärenforschers Roger Revelle. Dieser leistete grundlegende Beiträge für unser heutiges Verständnis des vom Menschen verursachten Klimawandels. Er lieferte in den 1950er Jahren entscheidende Nachweise dafür, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe die Konzentration an Treibhausgasen erhöht. Zudem veröffentlichte er einige der ersten Projektionen künftiger Erderwärmung. Revelle wird auch zugeschrieben, dass er Al Gore in seiner Besorgnis über den Klimawandel inspiriert hat, als dieser in Harvard studierte.

      Kurz bevor Revelle 1991 verstarb, fügte Singer ihn als Co-Autor eines Artikels hinzu, den er für die Zeitschrift Cosmos geschrieben hatte, die vom Cosmos Club, einer intellektuellen Gesellschaft in Washington, D.C., herausgegeben wird. Der Artikel war fast identisch mit einem früheren kritischen Artikel von Singer. Darin wird der Nachweis bestritten, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht ist. Sowohl Revelles Sekretärin als auch sein ehemaliger Doktorand Justin Lancaster haben angedeutet, dass Revelle das Manuskript unbehaglich war und dass die ablehnende Darstellung erst hinzugefügt worden sei, nachdem der schwer kranke Revelle die endgültige Fassung zu sehen bekommen hatte. Revelle starb wenige Monate nach der Veröffentlichung der Arbeit. Lancaster erklärte, dass Singer Revelle dazu verleitet habe, seinen Namen in den Artikel aufzunehmen, und dass Revelle »zutiefst darüber beschämt war, dass sein Name damit in Verbindung gebracht wurde.« Lancaster bezeichnete Singers Verhalten als unethisch und äußerte darüber hinaus einen Verdacht hinsichtlich Singers eigentlichen Ziels: Al Gore und seine Kampagne Anfang der 1990er Jahre zu diskreditieren, die das Ziel hatte, die Öffentlichkeit für die Bedrohung durch den Klimawandel zu sensibilisieren. Lancaster hält an dieser Kritik fest, ungeachtet der Androhung rechtlicher Schritte gegen ihn durch Singer.11

      Das Schlachtfeld nimmt Gestalt an

      Wir spulen jetzt ein paar Jahre vor, bis Ende 1995, als sich alles zuspitzte. Die wissenschaftlichen Beweise für den vom Menschen verursachten Klimawandel waren immer stichhaltiger geworden. Die Beobachtungen, die Simulationsmodelle, all das schien immer mehr zusammenzupassen. Mein einst skeptischer Doktorvater Barry Saltzman und ich waren Co-Autoren eines Artikels, in dem es um genau diese Frage ging.12 Gleichzeitig hatte der von der Industrie finanzierte Widerstand gegen die Wissenschaft proportional zugenommen. Dutzende Interessenvertreter und Wissenschaftsverweigerer zogen nach und nach in das immer besser befestigte Potemkinsche Dorf ein, in dem von der Industrie finanzierte Leugnung des Klimawandels fabriziert wurde. Das Schlachtfeld hatte Gestalt angenommen, die Kräfte wurden mobilisiert. Der Klimawandel war das bestimmende politische Thema der damaligen Zeit.

      Ende November 1995 sollte der Weltklimarat seine letzte Plenarsitzung in Madrid abhalten, um seinen zweiten Sachstandsbericht zu erstellen. Der Zweck dieses Berichts war es, den gegenwärtigen Konsens unter den Wissenschaftlern der Welt bezüglich des Klimawandels zusammenzufassen. Wie bereits erwähnt hatte sich ein Konsens bezüglich einer Akzeptanz der Realität und der Bedrohung durch den Klimawandel angedeutet. Nichtsdestotrotz kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Regierungsdelegierten und den Wissenschaftlern, die den Bericht verfassten. Diese Delegierten vertraten eine kleine Untergruppe von Ländern – unter ihnen die zwei großen erdölexportierenden Länder Saudi-Arabien und Kuwait – die in hohem Maße von der fortgesetzten Förderung und dem Verkauf fossiler Brennstoffe profitieren. Wie der Wissenschaftsjournalist William K. Stevens es ausdrückte, haben diese Nationen »mit den Lobbyisten der amerikanischen Industrie gemeinsame Sache gemacht, um zu versuchen, die Aussagen des Berichts abzuschwächen«.13

      Die Frage war, ob man mit Gewissheit behaupten konnte, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel nunmehr nachweisbar sei. Der hauptverantwortliche Wissenschaftler für diesen Abschnitt im Bericht war Ben Santer, ein Klimaforscher am Lawrence Livermore National Laboratory des US-Energieministeriums in Kalifornien, der eine Reihe wichtiger Artikel zu diesem Thema veröffentlicht hatte. Santer war Träger des MacArthur Genius Awards, den er als Anerkennung für seine grundlegenden Beiträge für unser Verständnis des Klimawandels erhalten hatte. Er und seine Mitverfasser im IPCC kamen auf der Grundlage der vorhandenen Fachliteratur zum Klimawandel zu dem Schluss, dass »die Abwägung der Erkenntnisse auf einen nennenswerten menschlichen Einfluss auf das Klima schließen lässt«.14

      Der saudische Delegierte beschwerte sich, dass das Wort »nennenswert« übertrieben sei. Zwei ganze Tage lang feilschten die Wissenschaftler mit dem saudischen Delegierten um dieses eine Wort in der »Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger«, also dem Teil des Berichts, der am ehesten von Politikern gelesen und über den am ehesten von Journalisten berichtet wird. Angeblich diskutierten sie fast dreißig verschiedene Alternativen, bevor der IPCC-Vorsitzende Bert Bolin ein für beide Seiten akzeptables Wort fand: »wahrnehmbar.« Der Begriff räumte ein, dass menschliche Aktivitäten zumindest eine gewisse Rolle bei der Beobachtung des Klimawandels spielten, auch wenn die Wissenschaftler grundlegender argumentiert hatten. Jedoch ließ es die Formulierung so aussehen, als müsse man schon die Augen zusammenkneifen, um den Einfluss zu sehen. Das Maß an Unsicherheit, dass man damit zugestanden hatte, gefiel den ölreichen Saudis zweifellos sehr gut.

      Die Tatsache, dass auf der abschließenden Plenarsitzung einem einzigen Wort in der Kurzfassung des Berichts zwei ganze Tage gewidmet wurden, gibt Ihnen eine Vorstellung davon, wie politisch aufgeladen die Debatte über den Klimawandel Ende 1995 geworden war. Ben Santer war der Wissenschaftler, der am unmittelbarsten mit dem sich abzeichnenden wissenschaftlichen Konsens verbunden war. In der Tradition von Rachel Carson, Herbert Needleman und Gene Likens sollte er noch von Industriekonzernen und ihren mittlerweile bekannten »Kampfhunden« angegriffen werden, um zu versuchen, seine Glaubwürdigkeit zu untergraben. Nur wenige Monate nach der IPCC-Plenartagung, im Februar 1996, veröffentlichte S. Fred Singer in der Zeitschrift Science einen Brief, in dem er Santer angriff. Er bestritt die zentrale Erkenntnis des Weltklimarats, dass die Modellvorhersagen mit der beobachteten Erwärmung übereinstimmen, und behauptete, dass die Beobachtungen stattdessen eine Abkühlung zeigten. Das war natürlich falsch, sie zeigten nichts dergleichen, sondern vielmehr deutliche Anzeichen einer Erwärmung. Auch deshalb klammerten sich die Leugner der Klimaveränderung an einen kuriosen Datensatz: eine von einem Satelliten abgeleitete Prognose atmosphärischer Temperaturen, die von John Christy und Roy Spencer erstellt wurde, zwei umstrittenen Wissenschaftlern der University of Alabama in Huntsville. Diese Daten widersprachen allen anderen Nachweisen für eine Erwärmung. Die von Christy und Spencer behauptete Abkühlung sollte sich später als ein »Artefakt aus Serienfehlern« erweisen, allerdings erst nachdem die Verleugner des Klimawandels sie entsprechend auszunutzen wussten.15

      Singer behauptete schließlich, dass die Berücksichtigung von Santers Arbeit in dem Bericht des IPCC gegen dessen Regeln verstoße, da die Arbeit damals noch nicht veröffentlicht gewesen sei. Tatsächlich war aber der größte Teil der Arbeit bereits publiziert worden. Auch verlangten die IPCC-Regeln in keiner Weise, dass eine zitierte Arbeit zum Zeitpunkt des Berichts veröffentlicht gewesen wäre, sondern lediglich, dass die Arbeit den Gutachtern auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden müsste.

      In der Zwischenzeit hatte die bereits erwähnte Globale Klima-Koalition einen Bericht nach Washington geschickt, der dort von Insidern in Umlauf gebracht wurde. In diesem Bericht wurden diese falschen Behauptungen wiederholt und Santer der »politischen Manipulation« und »wissenschaftlichen Säuberung« beschuldigt. Der letztgenannte Vorwurf, der sich an die Sprache des Dritten Reiches anlehnte, war besonders verwerflich, da Santer Verwandte in Nazi-Deutschland verloren hatte. Die Behauptungen waren natürlich falsch. Auf Ersuchen der IPCC-Führung hatte Santer lediglich eine redundante Zusammenfassung entfernt, um sicherzustellen, dass die Struktur des Kapitels, bei dem er federführend war, mit der Struktur der anderen Kapitel übereinstimmte. Einige Monate später veröffentlichte Frederick Seitz im Wall Street Journal einen Gastkommentar, in dem er die gleichen falschen Anschuldigungen gegen Santer wiederholte.16

      Somit waren die Leugner der Klimaveränderung im Verbreiten ihrer falschen Anschuldigungen über Santer immer einen Schritt schneller. Sie konnten ihre Behauptungen stets prominenter streuen, als Santer oder der Rest der wissenschaftlichen Gemeinschaft hoffen konnte, sie zu widerlegen.

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