Propagandaschlacht ums Klima (Telepolis). Michael E. Mann

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Propagandaschlacht ums Klima (Telepolis) - Michael E. Mann

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eine gute Sache für Russland sei.34

      Wie sich später herausstellte, war Climategate ein früher Testlauf für den größeren Angriff auf den Klimaschutz durch eine Koalition von Petrostaaten, der heute im Gange ist. »USA und Russland verbünden sich mit Saudi-Arabien, um das Klimaversprechen zu verwässern«, lautete die Schlagzeile im Guardian am 9. Dezember 2018, etwa acht Jahre nach Kopenhagen.35 Diese drei Länder – und übrigens auch Kuwait – bildeten eine kleine aber schlagkräftige Koalition, die sich gegen einen Antrag der UNO stellte, die Schlussfolgerungen eines kürzlich erschienenen Sonderberichts des IPCC zu befürworten, in dem vor den Gefahren einer Erderwärmung von über 1,5°C gewarnt wurde.36 Und wo wir schon dabei sind: Was ist mit Brexit, was ist mit den »Gelbwesten«-Protesten gegen die CO2-Steuer in Frankreich oder ähnlichen Revolten in Australien, Kanada und im Bundesstaat Washington? Könnten auch diese Episoden mit den Bemühungen von Akteuren aus Schurkenstaaten zusammenhängen, internationale klimapolitische Fortschritte zu blockieren? Wir werden später auf diese Frage zurückkommen.

      Mutter Natur kann man nicht täuschen

      Climategate könnte als das erste Scharmützel im neuen Klimakrieg angesehen werden. Es markierte den kritischen Zeitpunkt, an dem die Kräfte der Verleugnung und Untätigkeit fast alle zugaben, dass sie nicht mehr in der Lage waren, gegen die grundlegenden wissenschaftlichen Beweise glaubwürdig und nach Treu und Glauben zu argumentieren. Daher mussten sie stattdessen neue, ruchlosere Strategien anwenden, um Klimaschutzmaßnahmen zu blockieren.

      Eine der Strategien besteht darin, einfach zu lügen. Genau darum ging es bei Climategate. Die Verdrehung der Wahrheit hat sich in der Ära von Trump – der so oft lügt, dass es Journalisten schwerfällt, mit der Zählung Schritt zu halten37 – so sehr normalisiert, dass die Klimawandelleugner sich ermutigt fühlten, mit Leib und Seele zu heucheln. Da ein Großteil der Öffentlichkeit nun die Realität des Klimawandels akzeptiert, zielen ihre Bemühungen auf eine schrumpfende Minderheit von Menschen – eine Teilgruppe der »konservativen Basis« –, die sich mit Ideologien und der Loyalität zu politischen Gruppen identifizieren, diese gegenüber Fakten vorziehen und daraus ihre Motivation ableiten. Umfragen aus dem Jahr 2019 deuten darauf hin, dass der Prozentsatz dieser sogenannten Enttäuschten in der US-amerikanischen Gesellschaft nur noch einstellig ist.38 Aber ihre scheinbare Bedeutung in der öffentlichen Sphäre ist weitaus größer, dank des »Lautsprechers«, der die mit Hilfe von fossilen Brennstoffen finanzierte Maschinerie der Leugnung von Klimaveränderungen stützt. Dieses Megaphon umfasst Fox News und den Rest des Medienimperiums Murdoch sowie Bot-Armeen, die online eingesetzt werden, um unsere sozialen Medien mit Fehlinformationen und Desinformationen zu überschwemmen. Das alles hat den Effekt, extreme Positionen populärer erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich sind. Das Problem umfasst auch gefälschte Berichte und öffentliche Debatten, die von den Interessensvertretungen der fossilen Brennstoffindustrie gesponsert werden, um der Leugnung des Klimawandels einen glaubwürdigen Anstrich zu verleihen.39 Diese Bemühungen bieten rechtsgerichteten Politikern Gesprächsstoff und politische Deckung, während sie sich weiterhin für die Interessen der fossilen Energieträger einsetzen, die ihre Kampagnen finanzieren, anstatt für die Angelegenheiten der Menschen.

      Es ist wichtig, dieses Rückzugsgefecht grundlegend zu bekämpfen. Sicherlich nicht, weil wir die immer kleiner werdende und zunehmend irrelevante Gruppe der Leugner überzeugen könnten, denn das wäre wohl hoffnungslos. Aber sie drohen immer noch, den breiteren öffentlichen Diskurs zu infizieren. Als Ergebnis eines verleumderischen Resonanzkörpers tendieren die Menschen dazu, den Eindruck zu haben, ein weitaus größerer Teil der Öffentlichkeit leugne noch immer den Klimawandel, als dies tatsächlich der Fall ist.40 Diese fehlerhafte Wahrnehmung wiederum hindert die Menschen daran, ihre Freunde, Nachbarn und Bekannten auf das Thema Klima anzusprechen. Wenn wir einen Sachverhalt als strittig und konfliktträchtig gegenüber unseren potenziellen Gesprächspartnern wahrnehmen, scheuen wir oft ganz davor zurück. Je weniger wir über das Thema sprechen, desto weniger prominent ist es in unserem größeren öffentlichen Diskurs und desto weniger Druck wird auf die politischen Entscheidungsträger ausgeübt, damit sie handeln.

      Wo die Verleugnung des Klimawandels fortbesteht, geschieht dies eher in der Form, dass die Auswirkungen heruntergespielt werden, als dass die grundlegenden physikalischen Beweise gänzlich geleugnet werden. Konkret bedeutet ein Großteil des noch verbliebenen, geförderten Leugnertums, dass nicht der Klimawandel selbst, sondern die negativen Auswirkungen, die er jetzt und in naher Zukunft haben wird, abgetan werden. Eines der besten Beispiele dafür sind die ausgedehnten Flächenbrände, die Kalifornien vor kurzem heimgesucht haben. Manche der Stimmen versuchten, von der offenkundigen Tatsache abzulenken, die der Klimawandel – in Form von beispielloser Hitze und Dürre – bei diesen Rekordwaldbränden spielte.41 Oberleugner Donald Trump verunglimpfte die Staatsbeamten, indem er ihnen die »grobe Misswirtschaft« der Wälder vorwarf und das Problem insbesondere auf mangelhaftes Säubern der Wälder zurückführte.42 Die Anschuldigungen, denen Klimawissenschaftler vor einem Jahrzehnt im Rahmen von Climagate ausgesetzt waren, hatten sich als Fake News erwiesen. Aus inzwischen ans Licht gekommenen E-Mails wurde ersichtlich, dass es im Jahr 2020 aber in der Tat zu Datenmanipulationen gekommen war, und zwar ironischerweise durch das Trump-Team, das versuchte, den Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und den verheerenden kalifornischen Feuersbrünsten herunterzuspielen.43

      Andere leugnerische Staatsoberhäupter sind diesem Beispiel gefolgt. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro versuchte, die Schuld für die weit verbreiteten Brände im Amazonasgebiet im Jahr 2019 nicht seiner Politik der Abholzung und des Klimawandels zu geben, sondern sie den Umweltschützern in die Schuhe zu schieben. Aber ein vielleicht noch besseres Beispiel dafür sind die Ereignisse, deren Zeuge ich während meines »Sabbaticals« in Australien Ende 2019 und Anfang 2020 wurde. Wie ich damals schrieb: »Nehmen Sie die Rekordhitze, kombinieren Sie sie mit einer beispiellosen Dürre in bereits trockenen Regionen, und Sie erhalten beispiellose Buschfeuer wie die ... die sich über den Kontinent ausbreiten. Es ist nicht kompliziert.«44

      Der konservative Premierminister von Australien, Scott Morrison, streitet den Klimawandel ab. Er setzte sich zudem für die australischen Kohleinteressen ein und half mit bei der Sabotage des Rahmenübereinkommens bei der 25. Klimakonferenz (COP25) der Vereinten Nationen im Dezember 2019 in Madrid. Er machte Urlaub auf Hawaii, während die Australier unter den Auswirkungen beispielloser Hitze und Buschfeuer litten.45 Er und andere konservative Politiker und Experten versuchten schließlich, die Aufmerksamkeit von der wahren Ursache abzulenken und stattdessen die Grünen dafür verantwortlich zu machen, da diese angeblich die Regierung an der Ausdünnung der Wälder hinderten. Die Murdoch-Medienmaschine, zu der die Tageszeitung The Australian (die von der unabhängigen Medienbeobachtungsstelle SourceWatch als eine Zeitung beschrieben wird, die »die Leugnung des Klimawandels auf eine Art und Weise fördert, die manchmal … so erstaunlich ist, dass es schon wieder unterhaltsam ist«46), die Herald Sun, und der TV-Sender Sky News gehören, förderten unterdessen den Mythos, dass die massiven Buschbrände, die Australien verwüstet haben, eine Folge von Brandstiftung seien. Daraufhin entschied sich Rupert Murdochs eigener Sohn James das Wort zu ergreifen und erklärte öffentlich, er sei »besonders enttäuscht über die anhaltende Leugnung« durch das Medienimperium seines Vaters.47

      Die Auswirkungen des Klimawandels sind zu offensichtlich geworden, als dass ein vernünftiger, ehrlicher Mensch sie leugnen könnte. Sie liegen uns zu Füßen – im wahrsten Sinne des Wortes, wenn es um Hochwasserereignisse, Küstenüberschwemmungen durch den Anstieg des Meeresspiegels oder verstärkte Wirbelstürme geht, und im übertragenen Sinne, wenn es um beispiellose Dürren, Hitzewellen und Waldbrände geht. Der Klimawandel hat mein eigenes Leben in den letzten Jahren zahlreiche Male berührt. Ein Beispiel war das Hochwasser im Sommer 2016 in Zentral-Pennsylvania, wo ich wohne. Zu beobachten, wie meine Alma Mater, die Universität von Kalifornien in Berkeley, Ende Oktober 2019 wegen eines historischen Flächenbrands in den East Bay Hills geschlossen werden musste, war ein weiteres. Aber mein Sabbatical während des australischen Sommers 2019/2020 war der Zeitpunkt, an dem ich konkret mit der Klimakrise konfrontiert wurde.

      Der

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