Propagandaschlacht ums Klima (Telepolis). Michael E. Mann

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Propagandaschlacht ums Klima (Telepolis) - Michael E. Mann

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zwischen Klimawissenschaftlern auf der ganzen Welt, mich eingeschlossen, wurden im Spätsommer jenes Jahres vom Server einer britischen Universität gestohlen. Einzelne Bruchstücke der Mails wurden von den Klimaveränderungsleugnern manipuliert und neu arrangiert sowie aus dem Zusammenhang gerissen, um sowohl die Wissenschaft als auch die Wissenschaftler in einem falschen Licht erscheinen zu lassen.29

      Es dauerte nicht lange, bis die Klimaveränderungsleugner die Mails durchkämmt und in ein durchsuchbares Archiv überführt hatten. Indem sie einzelne Wörter und Phrasen aus dem Zusammenhang gerissen hatten, um die ursprüngliche Bedeutung zu verzerren, behaupteten sie, sie hätten den »rauchenden Colt« gefunden, der den Klimawandel als einen ausgeklügelten Schwindel entlarvt habe. Begriffe, die in ihrem ursprünglichen Kontext völlig harmlos waren – beispielsweise das Wort »Trick«, mit dem Mathematiker und Wissenschaftler eine geschickte Abkürzung zur Lösung eines Problems bezeichnen – wurden herausgezogen und absichtlich falsch interpretiert.

      Klimaveränderungsleugner nutzten diese Falschdarstellungen, um zu behaupten, dass Wissenschaftler ihre Studien fälschten und sich an einem ausgeklügelten Plan beteiligten, um die Öffentlichkeit zu täuschen! Den Koch-Brüdern nahestehende Frontorganisationen und von der Industrie finanzierte Kritiker wollten, dass die Öffentlichkeit der Klimawissenschaft misstraut, indem sie die Klimaforscher selbst verdächtigten. Rechte Medien – vor allem das Medienimperium Murdoch, zu dem auch Fox News und das Wall Street Journal gehören, und Verschwörungserzählungen fördernde, rechte Kommentarseiten wie der Drudge Report, Breitbart »News« und der Radiomoderator Rush Limbaugh dienten als Megafon für diese empörenden Unwahrheiten und füllten den Äther, die Fernsehbildschirme und das Internet mit falschen Anschuldigungen, Verleumdungen und Anspielungen.

      Rechtsextreme Politiker schlossen sich dem Kampfgeschehen an. James Inhofe, der bekanntlich die überwältigenden wissenschaftlichen Beweise für den Klimawandel als »Schwindel« abgetan hatte, begrüßte, ohne Ironie, die echte Täuschung, die Climategate war. Auf der Grundlage der unter diesem Begriff verbreiteten Behauptungen forderte er gar die strafrechtliche Verfolgung von siebzehn Klimawissenschaftlern, darunter Susan Solomon, der mit der »Presidential Medal of Science« ausgezeichneten US-amerikanischen Atmosphärenchemikerin des MIT, Michael Oppenheimer, dem Professor für Geowissenschaften der Princeton University und Kevin Trenberth vom US-amerikanischen Forschungsinstitut National Center for Atmospheric Research. Und ja, es war mir eine Ehre, ebenfalls auf dieser Liste zu stehen.

      Zwei Jahre später hatten je nach Zählweise etwa ein Dutzend verschiedene Untersuchungen in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien die Wissenschaftler entlastet. Es gab keine Datenfälschung, keinen Versuch, die Öffentlichkeit über den Klimawandel in die Irre zu führen. Das einzige Fehlverhalten, das festgestellt wurde, war von vornherein der kriminelle Diebstahl der E-Mails – ein weiterer herber Fall von Ironie, wenn man bedenkt, dass es im Watergate-Skandal, dem Ursprung des »-gate«-Suffixes, um den Diebstahl von Dokumenten ging, nicht um deren Inhalt.30

      In der Zwischenzeit nutzten die Klimaveränderungsleugner den vorgetäuschten Skandal bis aufs Letzte aus. Wie zuvor bereits geschildert, gab es schon 1995 Bemühungen Saudi-Arabiens, die Schlussfolgerungen des Zweiten Sachstandsberichts des Weltklimarats zu verwässern. Nun, fünfzehn Jahre später, trieben sie immer noch ihr übliches Spiel, bei dem sie versuchten, die ohnehin heiklen Verhandlungen auf dem Kopenhagener Gipfel zu sabotieren. So bestand der führende saudische Verhandlungsführer Mohammad al-Sabban darauf, dass die gestohlenen E-Mails einen »enormen Einfluss« auf die Verhandlungen haben sollten. Fünfzehn Jahre nachdem das IPCC zu dem Schluss gekommen war, dass es einen erkennbaren menschlichen Einfluss auf das Klima gibt, behauptete Sabban bemerkenswerterweise, dass »aus den Einzelheiten des Skandals hervorgeht, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen menschlichen Aktivitäten und dem Klimawandel gibt«. Ein paar falsch dargestellte E-Mails schafften es irgendwie, mehr als ein Jahrhundert der Physik und Chemie und den überwältigenden Konsens der Wissenschaftler der Welt zu negieren.

      Um die Rolle besser zu verstehen, die sowohl Saudi-Arabien als auch das Medienimperium Murdoch bei der Förderung der Verleumdungen und Lügen von Climategate gespielt haben, ist es durchaus erwähnenswert, dass es ein kurioses Verhältnis zwischen den beiden gibt. Prinz Alwaleed bin Talal von der saudischen Königsfamilie und Rupert Murdoch sind enge Verbündete, die beiden haben finanzielle Verbindungen. Bis vor kurzem hielt Prinz Alwaleed über seine Firma Kingdom Holding sieben Prozent der Aktien der News Corporation, wodurch er zum zweitgrößten Aktionär nach Rupert Murdoch und seiner Familie wurde. Alwaleed verkaufte seine Aktien erst, als er 2017 wegen Korruption verhaftet wurde, da ihm klar war, dass sein Vermögen wahrscheinlich eingefroren würde. Alle, Murdoch, News Corporation und die saudische Königsfamilie, haben somit ein gemeinsames Motiv, sich dem Klimaschutz zu widersetzen.31

      Die Diebe von Climategate wurden nie gefasst. Es gilt als gesichert, dass sowohl Russland als auch Saudi-Arabien eine wichtige Rolle beim Hosten und Verteilen der gestohlenen E-Mails gespielt haben. Saudi-Arabien nutzte die falschen Behauptungen der Klimastrategie direkt bei seinen Bemühungen, den Fortschritt in Richtung eines sinnvollen globalen Klimaabkommens in Kopenhagen zu stoppen. Jüngste Hinweise deuten darauf hin, dass der »Hacker«, der in den Server eingebrochen ist, dies von Russland aus getan hat.32 Angesichts der Manipulation Russlands bei den US-Präsidentschaftswahlen 2016 scheint es durchaus relevant, dass Climategate den gleichen Modus Operandi verwendete und einige der Akteure wie WikiLeaks und Julian Assange auch in dieser Kampagne involviert waren. In der Tat könnte man behaupten, dass es sich um dasselbe Motiv handelt.33

      Wladimir Putin hatte ein Interesse daran, dass Hillary Clinton die Präsidentschaftswahl 2016 verliert, und zwar nicht nur aus geopolitischen Gründen, sondern auch, weil fossile Brennstoffe Russlands wichtigstes Kapital sind und ein Großteil der russischen Wirtschaft vom Export fossiler Brennstoffe abhängt. Eine potenzielle Präsidentschaft von Donald Trump war sowohl für Russland als auch für das weltgrößte Unternehmen für fossile Brennstoffe, ExxonMobil, von großem Nutzen. Sie bot schließlich die Aussicht auf eine Zusammenarbeit zwischen ExxonMobil und der staatlichen russischen Ölgesellschaft Rosneft zur Erschließung der größten derzeit unerschlossenen Ölreserven der Welt – der arktischen, sibirischen und Schwarzmeer-Erdölreserven im Wert von schätzungsweise 500 Milliarden US-Dollar.

      Die beiden Unternehmen unterzeichneten 2012 eine Partnerschaft, die blockiert wurde, als die Obama-Regierung 2014 Wirtschaftssanktionen gegen Russland wegen der Annexion eines Teils der Ukraine (Krim) verhängte. Es erschien sehr wahrscheinlich, dass Hillary Clinton diese Sanktionen beibehalten hätte, Donald Trump jedoch nicht. Auf dem Republikanischen Nationalkonvent im Juli 2016 mit dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Trump änderte dessen Kampagnenteam unter der Leitung von Paul Manafort, der mehr als ein Jahrzehnt lang als Lobbyist für Viktor Janukowitsch gearbeitet hatte, die offizielle republikanische Agenda und strich die Formulierung, die die Sanktionen unterstützte.

      Nach seiner Amtsübernahme ernannte Trump den Geschäftsführer von ExxonMobil, Rex Tillerson, zu seinem Außenminister. Seine Regierung versuchte, die Sanktionen aufzuheben, die der Ölpartnerschaft zwischen ExxonMobil und Russland im Wege standen. Dank eines Restes an Rückgrat unter den Republikanern im Senat blieben diese Bemühungen allerdings erfolglos. Und dank der Untersuchung unter Leitung des ehemaligen FBI-Direktors Robert Mueller wissen wir heute, dass Russland versucht hat, die Wahl zugunsten von Donald Trump zu beeinflussen. Es ist plausibel, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass ein Ölgeschäft über eine halbe Billion US-Dollar der Hauptimpuls war. Quid pro quo.

      Das bringt uns zurück zu Climategate, bei dem gestohlene E-Mails benutzt wurden, um den Kopenhagener Gipfel im Dezember 2009 zu beeinflussen. Auch dieser Vorfall hat die Interessen der fossilen Brennstoffindustrie befördert, darunter ExxonMobil und Rosneft, befördert, indem die Akteure versuchten, das wichtigste Argument gegen die fortgesetzte Ausbeutung fossiler Brennstoffe zu untergraben – die Gefahr eines vom Menschen verursachten Klimawandels. Im Hinblick auf Russlands Beweggründe ist es auch erwähnenswert, dass Wladimir Putin offiziell die Vorstellung jeglichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Handeln der

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