Propagandaschlacht ums Klima (Telepolis). Michael E. Mann
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Diese Werbeanzeige muss auch vor dem Hintergrund des wachsenden Problems des Abfalls entlang von Autobahnen betrachtet werden, insbesondere in Form von Flaschen und Dosen, das nach dem Bau des Fernstraßennetzes in den USA in den 1950er Jahren aufkam. Ende der 1960er Jahre hatte das Problem krisenhafte Ausmaße angenommen. Es war auffällig und beunruhigend geworden. Wer würde schließlich nicht »Haltet Amerika schön« befürworten? Es war somit klar, dass wir ein Problem hatten. Doch wie ist es am besten zu beheben? Und wer zahlt die Kosten?
Der Verbraucherschützer Ralph Nader gründete in den Vereinigten Staaten das Netzwerk Public Interest Research Groups (PIRGs), das sich Verbraucher- und Umweltfragen widmete. Das war 1971, im selben Jahr, in dem der weinende nordamerikanische Ureinwohner zum ersten Mal auftauchte, Die PIRGs würden eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum ginge, eine bestimmte Idee voranzubringen, die zeigen würde, wie das Problem gelöst werden kann und wer dafür zahlen sollte. Mit der Flaschenverordnung wurde ein Gesetzesentwurf vorgestellt, der ein Pfand auf Flaschen und Dosen von fünf oder zehn Cent vorsah, das den Verbrauchern bei der Rückgabe erstattet werden sollte. Dadurch sollten Mehrwegflaschen und nachfüllbare Flaschen gefördert und die Verbraucher dazu ermutigt werden, diese zu recyceln, anstatt sie wegzuwerfen. Diese Gesetzgebung stellte eine zusätzliche Belastung für Supermärkte, Lebensmittelgeschäfte und Paketshops dar. Aber die Getränkeindustrie, also Coca-Cola, Anheuser-Busch, PepsiCo und so weiter, sollten die Hauptlast der Verantwortung und der Kosten tragen, da sie die zurückgegebenen Flaschen und Dosen hätten verarbeiten müssen. Das hätte ihre Ausgaben erhöht und ihre Gewinne geschmälert.
Springen wir nun nach vorne in den Sommer 1984, dreizehn Jahre nach der Gründung von PIRG und der erstmaligen Ausstrahlung des weinenden Indianers. Ich hatte gerade die Highschool abgeschlossen und brauchte einen Sommerjob. Da schien MassPIRG – die PIRG-Mitgliedsorganisation in Massachusetts – mit einem Stützpunkt in meiner Heimatstadt Amherst, eine perfekte Gelegenheit zu sein, etwas Geld zu verdienen. Ich könnte etwas über die moderne Umwelt- und Konsumgeschichte lernen und gleichzeitig der Umwelt helfen.
MassPIRG war für seine Bemühungen bekannt, die Verabschiedung einer Flaschenverordnung im Bundesstaat Massachusetts zu unterstützen. Während meiner Ausbildung begleitete mich ein altgedienter Werber, als ich von Tür zu Tür ging, um die Bewohner einer kleinen Stadt im Westen von Massachusetts um Beiträge zu bitten. Unter anderem arbeitete mein Ausbilder mit mir zusammen, während ich meinen »Rap« verfeinerte – die kurze Erklärung, die ein Werber in diesem unangenehmen, aber entscheidenden Moment schnell rezitiert, zwischen dem Augenblick, in dem jemand die Tür geöffnet hat, und dem Moment, in dem er die Chance hatte, etwas anderes als »Hallo« zu sagen. Mein Ausbilder riet mir ausdrücklich davon ab, in meinem Rap die Flaschenverordnung zu erwähnen – MassPIRGs großartige Leistung. Zumindest nicht bei der Befragung von Arbeitern oder in konservativen Gegenden. Stattdessen wurde ich dazu ermutigt, über das Lemon Law (Zitronengesetz) genannte Verbraucherschutzgesetz zu sprechen: ein weniger bekanntes Gesetz, das MassPIRG unterstützt hatte. Es sollte Autokäufer vor dem Kauf eines defekten Autos schützen, eines sogenannten Montagsautos oder auf Englisch Lemon. Wie seltsam, dachte ich damals, dass MassPIRG nicht jede Gelegenheit nutzte, seine krönende Leistung herauszustellen.
Die Geschichte der Flaschenverordnung in Massachusetts geht auf das Jahr 1973 zurück, als ich acht Jahre alt war. Zusammen mit der Massachusetts Audubon Society und anderen Umweltorganisationen half MassPIRG bei der Lobbyarbeit für das Gesetzesvorhaben des Bundesstaates, ein Fünf-Cent-Pfand auf Flaschen und Dosen zu erheben. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, den Gesetzentwurf zu verabschieden, gelang es ihnen aber schließlich, ihn zur Abstimmung auf den Stimmzettel zu bringen. Ihnen stand jedoch eine zwei Millionen Dollar schwere, von der Getränkeindustrie finanzierte Werbekampagne entgegen, die von zwei Lobbygruppen betrieben wurde: Committee to Protect Jobs (Ausschuss für den Schutz von Arbeitsplätzen) und Use of Convenient Containers (Verwendung handlicher Behälter). Der Getränkeindustrie gelang es, das Gesetz zu verhindern, wenn auch nur mit einem Vorsprung von weniger als einem Prozent. 1977 fand die Flaschenverordnung im Repräsentantenhaus eine Mehrheit, scheiterte aber im Senat. Im Jahr 1979 meisterte das Gesetz sowohl die Hürde des Repräsentantenhauses als auch den Senat, jedoch legte der Gouverneur des Bundesstaates Massachusetts, Edward King sofort sein Veto ein (King war damals Demokrat und wurde später Republikaner).
Vielleicht spürte King die wachsende Unterstützung für die Flaschenverordnung, als er dabei half, eine von der Getränkeindustrie geförderte Alternative zu dem Gesetz mit Hilfe einer Lobbygruppe durchzusetzen, die sich selbst »Corporation for a Cleaner Commonwealth« (Körperschaft für ein sauberes Gemeinwesen«) nannte. Dazu gehörte das Anwerben von Kindern zum Aufsammeln von Flaschen- und Dosenabfällen. Wie Sie sehen, sieht diese Lösung keine Reglementierung der Industrie vor, sondern konzentriert sich auf individuelles Handeln. Diese Art von Ablenkungskampagnen werde ich später noch deutlicher beschreiben.
Die Flaschenverordnung wurde 1981 erneut sowohl vom Repräsentantenhaus als auch vom Senat verabschiedet, woraufhin King sein Veto ein zweites Mal ausübte und den Gesetzentwurf als Verkörperung »all dessen, was an einer mächtigen Regierungspolitik falsch ist« bezeichnete. Er behauptete, dass er eine unangemessene finanzielle Belastung für den Einzelnen darstelle und negative Auswirkungen auf die Wirtschaft des Staates haben würde. Diese Art von Argumenten – dass ordnungspolitische Lösungen für Umweltprobleme angeblich schlecht für die Wirtschaft sind – wird Ihnen allzu vertraut sein, wenn unsere Geschichte zu Ende erzählt ist.
Unter dem Einfluss einer intensiven Lobbykampagne von MassPIRG und anderen stimmte die staatliche Legislative – sowohl das Repräsentantenhaus als auch der Senat – dafür, Kings Veto aufzuheben. Das Gesetz trat am 16. November 1981 offiziell in Kraft. Aber die Getränkeindustrie wollte nicht einfach aufgeben. Sie finanzierte eine Kampagne zur Aufhebung der Flaschenverordnung, um eine Abstimmung zu erreichen. Das Referendum scheiterte, aber 40 Prozent der Wähler sprachen sich für die Aufhebung aus. Die Flaschenverordnung wurde am 17. Januar 1983 mit geteilter öffentlicher Zustimmung umgesetzt, nach einem zermürbenden Kampf mit Millionen Dollar für negativ konnotierte Werbung. Etwas mehr als ein Jahr später, im Sommer 1984, als ich für MassPIRG Klinken putzte, wurde mir davon abgeraten über die Flaschenverordnung zu sprechen, außer in den fortschrittlicheren Vierteln.
Ähnliche Dramen spielten sich auch in anderen Staaten ab. Oregon war der erste US-Bundesstaat, der eine Flaschenverordnung verabschiedete. Das war 1971. Als nächstes kam 1973 der sehr grüne Staat Vermont hinzu. Die relativ fortschrittlichen Bundesstaaten Connecticut, Delaware, Iowa, Massachusetts, Maine, Michigan und New York folgten dem Beispiel Anfang der 1980er Jahre. In zahlreichen anderen Staaten scheiterten Flaschenverordnungen jedoch erneut an der intensiven Lobby- und Kampagnenarbeit der Getränkeindustrie. Eine Werbung zeigte gar eine Gruppe trauriger Kinder in Pfadfinderuniformen, die vergeblich nach Flaschen und Dosen suchten. Die zwei Organisationen, die Boy Scouts und die Campfire Girls of America, beschwerten sich anschließend darüber, dass sie aus zweifelhaften politischen Motiven ohne ihre Zustimmung für eine solche Kampagne vereinnahmt wurden. Die Flaschenverordnung würde ihren gewinnbringenden Recycling-Anstrengungen einen Dämpfer versetzen. Auch hier sehen wir wieder die übliche Methode der Ablenkung.
Mit anderen Worten, die Getränkeindustrie wandte sich mit einer gewieften, mehrgleisigen Strategie gegen die Verabschiedung von Flaschenverordnungen. Sie bekämpfte sie durch Lobbyarbeit bei der Gesetzgebung und durch Werbekampagnen, die sich an die Wähler richteten und solche Gesetze als kostspielig für die Verbraucher und schlecht für die Geschäftswelt darstellten.
Durch die Werbekampagnen tat die Industrie ihr Bestes, um sicherzustellen, dass die Flaschenverordnungen in den Bundesstaaten, in denen sie durchgesetzt wurden, zerschlagen wurden oder auf marginale Beliebtheit, wenn nicht gar Ablehnung, stießen. Das alles genügte, um jeden Versuch einer nationalen Flaschenverordnung