Blaulichtmilieu. Stefan Mühlfried

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Blaulichtmilieu - Stefan Mühlfried

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Aus dem Mannschaftswagen vor ihnen sprang eine Gruppe schwer gepanzerter MEK-Beamter mit Maschinenpistolen vor der Brust und lief zum Terminal.

      Mark und Tim stellten den Rettungswagen ab und stiegen aus. Ein Führungsbeamter eilte auf sie zu. »Ihr kommt wie gerufen«, sagte er. »Die LNA hat Kräfte nachgefordert. Ausrüstung schnappen, rein und an der Verletztensammelstelle melden. Beeilt euch!«

      Die LNA, die leitende Notärztin, war verantwortlich für die medizinische Einsatzleitung. Bei einem Ereignis dieser Größenordnung kein beneidenswerter Job.

      Mark und Tim luden sich Notfallrucksäcke und -koffer auf und liefen in die Halle, ohne die Drehtüren zu benutzen – der rechte Teil der Glasfront lag in Scherben am Boden. Sie knirschten unter ihren Stiefeln, als sie darüberstiegen.

      Tim erfasste die Einsatzstelle mit einem Rundblick. Die Abfertigungshalle war ein einziges Chaos, aber den Bereich rechts vor ihnen hatte es am schlimmsten erwischt: schwarze Wände, zertrümmerte Einrichtung, zerfetzte Bleche. Blut auf dem Boden, Blut an den Überresten des Interieurs, Blut auf den Körpern der Toten, die wie dahingeworfene Puppen zwischen den Trümmern lagen. Koffer lagen kreuz und quer, teilweise aufgeplatzt, Schuhe, Kleidung, Papier um sie herum verstreut. Eine Flex kreischte, Funkenregen sprühte hoch. Befehle tönten durch die hohe Halle, Verletzte schrien. Von draußen drang unablässig der Klang von Martinshörnern herein, dazwischen das Klopfen von Hubschraubern, die in kurzen Abständen das Terminal überflogen.

      Feuer sah er keines mehr, die Kollegen von den Löschzügen sicherten die Trümmer und bargen Opfer aus dem Gefahrenbereich.

      Die größte Betriebsamkeit herrschte links von ihnen. Mehr als zwei Dutzend Sanis und Löschkräfte kümmerten sich um Verletzte, die in drei langen Reihen auf Tragen auf dem Boden lagen, einige still und bewegungslos, andere sich in Schmerzen windend und laut schreiend. Ärzte, teils in Rettungsdienstkleidung, teils in weißen Kitteln, liefen zwischen ihnen herum und versorgten die schwersten Fälle.

      »He, ihr!« Eine Frau in roter Weste mit der Aufschrift »Leitender Notarzt« winkte sie heran. Sie war zwei Köpfe kleiner als Tim und bemerkenswert dünn, dafür hatte sie hüftlange dunkle Haare. Er und Mark kannten sie von früheren Einsätzen. »Ihr seid frei?«

      Tim nickte.

      »Dem Himmel sei Dank. Da drüben, die dritte Trage in der zweiten Reihe. Dem geht’s richtig mies. Tut, was ihr könnt.«

      Ein anderer Retter kam heran und griff ihren Arm. »Doc, schnell!« Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern zog sie davon.

      »Kriegen wir keinen Arzt?«, rief Tim ihr nach.

      »Sobald ich einen frei habe«, rief sie zurück.

      »Dann wollen wir mal«, sagte Mark.

      Sie liefen zu ihrem Patienten. Der Mann war bewusstlos. Ruß und Blut bedeckten Gesicht und Körper, Haare und Gesicht waren auf der linken Kopfseite verbrannt. Auch sonst hatte es ihn auf dieser Seite schlimm erwischt. Es war schwer zu unterscheiden, was verkohlte Kleidung und was Hautfetzen waren. Rechts sah es besser aus, aber nicht viel.

      Die Atmung des Mannes war flach und angestrengt. Jemand hatte ihm eine Infusion angelegt, die Plastikflasche lag in Ermangelung eines Infusionsständers auf seiner Brust. Ansonsten war er, wie es schien, unversorgt.

      Tim und Mark schauten sich an. Mark verzog das Gesicht. Sah nicht gut aus.

      Sie zogen Einmalhandschuhe an. Tim horchte die Lungen ab, Mark steckte den Sensor des Pulsoxymeters auf einen Finger des Patienten und klebte die EKG-Elektroden auf. »Sauerstoffsättigung bei 88«, sagte er. Kein guter Wert.

      »Atemgeräusche seitenungleich«, stellte Tim fest. »Pneumothorax?«

      »Kann nach einer Explosion gut sein.«

      Wenn sie recht hatten, war Luft in den Brustraum geraten und drückte die Lunge zusammen.

      Mark sah auf das Display. »Sättigung jetzt noch 86. Er braucht eine Druckentlastung.«

      Tim richtete sich auf. »Doc?«, rief er. »Irgendeiner? Wir brauchen hier einen Arzt für eine Thoraxdrainage!«

      »Mach selber«, rief die leitende Notärztin aus einiger Entfernung. »Schaffst du schon.«

      »Na gut«, knurrte Tim. »Du hast es gehört: Wir haben die offizielle Anweisung einer Ärztin.« Er zog eine Kanüle aus dem Notfallrucksack. Normalerweise war sie für Infusionen gedacht, aber das spielte keine Rolle. Die Reste des Hemds riss er kurzerhand ab, dann reinigte und desinfizierte er die Einstichstelle zwischen der zweiten und dritten Rippe, zog die Plastikkappe der Kanüle mit den Zähnen ab und spuckte sie beiseite. Danach stach er sie wenige Zentimeter tief in den Brustkorb ein und zog die innere Stahlnadel ein Stück zurück. Nichts. Er schob weiter vor und probierte es erneut. Diesmal zischte es. Er zog die Stahlnadel heraus und fixierte die Kunststoffkanüle mit einem Pflasterstreifen auf der Haut, während die aufgestaute Luft weiter aus dem Brustraum entwich.

      Rasch wurde die Atmung des Mannes ruhiger und tiefer.

      »Weiter im Programm«, murmelte Tim. Sie prüften Blutdruck und Pupillen, suchten Blutungsquellen und tasteten den Patienten nach weiteren Verletzungen ab.

      »Unglaublich«, sagte Tim, »nichts gebrochen.«

      »Aber Blutdruck und Sättigung gehen weiter in den Keller. Puls ist bei 140.«

      »Innere Blutung?«

      »Könnte sein. Und Schädel-Hirn-Trauma, sonst müsste er längst wieder wach sein.«

      Wie auf Kommando stöhnte der Mann und begann, schwach mit den Armen zu rudern.

      »Gut, vielleicht doch nichts Dramatisches am Kopf.«

      Tim nahm vorsichtig die blutige Hand des Patienten. »Sie sind verletzt. Wir kümmern uns um Sie, machen Sie sich keine Sorgen.«

      Der Mann öffnete die Augen und sah sich mit flatterigem Blick um. »Wo bin ich?«, krächzte er.

      »Am Flughafen. Wir werden Sie, so schnell es geht, in ein Krankenhaus bringen.«

      Ihr Patient schloss die Augen wieder und stöhnte. »Alles ist … falsch. Sollte … nicht passieren.«

      »Können Sie mir Ihren Namen sagen?«

      »Der Koffer … Er hat … gekämpft … umgeworfen …«

      »Ihr Name? Können Sie ihn mir sagen?«

      Der Mann fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Wolfgang … Boskop.«

      »Wissen Sie, welchen Tag wir heute haben?«

      Wolfgang Boskop stöhnte und zog schwach die Beine an.

      »Haben Sie Schmerzen?«

      Er nickte ein wenig. »Bauch«, flüsterte er. »Gesicht.«

      Tim drückte auf den linken Oberbauch, der Mann stöhnte auf. Tim und Mark sahen einander an und waren sich einig. Verdacht auf Milzriss. Das bedeutete, dass der Mann in kurzer Zeit verbluten konnte, ohne dass ein Tropfen nach außen trat.

      »Wir werden

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