Feenders. Jürgen Friedrich Schröder
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Bald stand auch ein ausführlicher Bericht in der Tageszeitung – mit Bild. Darauf war der Mann zu sehen, der ihn in dem neuen Wagen mitgenommen hatte. Darunter stand die Zeile: »Dipl.-Ing. Ferdinand Porsche und vier KdF-Versuchswagen in Leer!«
Oh nein! Wenn er das nur geahnt hätte! Er war mit dem Konstrukteur des zukünftigen Volkswagens unterwegs gewesen.
Ach, was hätte er ihn noch alles fragen können!
*
An diesem Tag »erledigte« der Führer sein Problem mit der Rest-Tschechei. Ab dem 15. März 1939 besetzten deutsche Truppen das gesamte Land. Die Tschechen sahen keinen Sinn in einer Gegenwehr und kapitulierten, ohne einen Schuss abgegeben zu haben. Ihnen war bekannt, dass England und Frankreich nicht eingreifen würden, obwohl das Vorgehen Hitlers einen klaren Bruch des Münchner Abkommens bedeutete. Mit ihrer Beschwichtigungspolitik hatten Chamberlain und Daladier dem deutschen Diktator dieses Land auf dem silbernen Tablett serviert. Anscheinend schenkte man immer noch den ein ums andere Mal wiederholten Beteuerungen Hitlers Glauben, dies solle seine letzte territoriale Forderung in Europa sein.
Auch tschechische Fahrzeug- und Rüstungsfabriken wie die Škoda-Werke mit Hauptsitz in Pilsen oder ČKD-Praga fielen in deutsche Hände. Die weitere Produktion nahm die deutsche Wehrmacht ab. Beispielsweise wurden ganze deutsche Einheiten mit dem leichten Kampfpanzer vom Typ 38(t) ausgerüstet. Es handelte sich dabei um die deutsche Bezeichnung. Die Zahl stand für das Jahr der Serienreife in der Tschechei, der Buchstabe für das Herkunftsland.
8 – Das verschwundene
Maschinengewehr
Am 1. September 1939 hatten deutsche Truppen die Grenze zu Polen überschritten. Die Ultimaten Frankreichs und Großbritanniens auf sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und Rückzug waren verstrichen. Nachdem der deutsche Angriff weiterlief, kamen zwei Tage später aus Paris und London die angedrohten Kriegserklärungen.
*
Rheidersum, Montag, 4. September 1939
Ein Bomberverband der Royal Air Force, bestehend aus fünfzehn Maschinen, hatte am Abend den Marinestützpunkt Wilhelmshaven angegriffen. Mehrere Bomber wurden von der deutschen Flugabwehr abgeschossen, weitere von den sofort aufgestiegenen Jagdmaschinen vom Himmel geholt. Die Besatzung eines der britischen Blenheim-Bomber versuchte, mit ihrer schwer getroffenen Maschine in die neutralen Niederlande zu entkommen. Allen Bemühungen zum Trotz geriet das Flugzeug jedoch immer tiefer. Der Bomben- und der MG-Schütze sprangen ab. Zu spät, ihre Fallschirme öffneten sich nicht mehr vollständig. Wenige Kilometer vor Leer wagte der Pilot noch eine Notlandung, bei der die Maschine jedoch auf einer Weide zu Bruch ging.
Ein Landwirt, der die Heuernte einbringen wollte, wurde aus einiger Entfernung Zeuge des Geschehens und alarmierte den nächsten Dorfpolizisten. Dieser rief sofort bei der Sanitätsbereitschaft und seiner vorgesetzten Dienststelle in Leer an. Anschließend machte er sich mit dem Rad auf den Weg zum Wrack des Bombers. Der Pilot lebte noch. Der Polizist zog den Schwerverletzten mit größter Kraftanstrengung aus dem völlig zertrümmerten Cockpit und schleppte ihn zum nahen Rand der Weide. Mehr konnte er nicht für ihn tun.
Als der Sanitätskraftwagen schließlich eintraf, war der Pilot bereits seinen schweren Verletzungen erlegen. Den Helfern blieb nur, die beiden anderen toten Besatzungsmitglieder zu bergen und sie nach Leer zu überführen. Die Feldgendarmerie sicherte zunächst die Absturzstelle, zog aber gegen Abend ab.
Als am nächsten Morgen ein Bergungstrupp anrückte, stellte man sehr schnell fest, dass ein Maschinengewehr des Flugzeuges fehlte. Dem MG-Turm auf dem Rücken der Blenheim war zwar die Glaskuppel abhandengekommen, aber ansonsten war er völlig intakt. Die Halterung der Waffe wies keinerlei Beschädigungen auf. Hier war irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen. Die Feldpolizei ging in den nahen Ortschaften von Haus zu Haus und befragte die Einwohner eindringlich nach möglichen Beobachtungen und sonstigen Hinweisen – ohne jedes Ergebnis. Während bei den zuständigen Dienststellen noch Ratlosigkeit herrschte, ging einer jungen Dame in der Ortschaft Rheidersum jedoch ein Licht auf – und zwar ein geradezu gleißend helles. Ihr Name war Elisabeth Feenders.
Hierzu muss allerdings erklärt werden, dass ihr Bruder Georg, zu diesem Zeitpunkt elf Jahre alt, Quintaner im Leeraner Ubbo-Emmius-Gymnasium und mehr oder weniger begeistertes Mitglied der HJ, sich zu einem rechten Schlingel entwickelt hatte. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen war das Erlegen von Kaninchen in Feld und Flur. Jagdpächter war sein Vater, da gab es keinen Ärger, wenn Sohnemann die Speisekarte bereicherte und die Felle einem Kürschnermeister in Leer verkaufte. Irgendwie musste das Taschengeld schließlich aufgebessert werden. Wenn es darum ging, den allergrößten Unsinn zu machen, so war es sehr wahrscheinlich, dass Georg mit von der Partie war. Handelte es sich dabei um Dinge auf dem Gebiet der Elektro- oder Pyrotechnik oder gar einer Kombination derselben, etwa in Form elektrisch gezündeter Schwarzpulverladungen, so konnte man sich dessen sogar absolut sicher sein. Familienangehörigen, Lehrern und den anderen an der Erziehung dieses mehr als aufgeweckten Kerlchens Beteiligten ersparte solches Wissen zumindest eine längere Suche nach dem Missetäter, wenn wieder einmal etwas absolut Unmögliches passiert war. Fast jeder Erwachsene im Kreise der Familie erzog gelegentlich an ihm herum, ohne damit aber großartige Erfolge zu erzielen. Georg tat weiterhin, was ihm Spaß machte. Da er nicht nur seine Pflichten auf dem Hof erledigte, sondern auch ein recht guter Schüler war, hatte man nirgendwo eine rechte Handhabe gegen seine mehr oder weniger verrückten Ein- und Ausfälle.
Lilli stand nur Sekunden nach besagter Lichterscheinung vor der Tür, die auf den Dachboden des elterlichen Hauses führte. Sie drückte langsam die Klinke herunter. Die Tür war jedoch abgeschlossen. Sie hämmerte mit den Fäusten dagegen: »Georg, ich weiß genau, dass du da drin bist. Mach sofort auf!«
Statt einer Antwort erklang dort nur ein leises Rumpeln.
»Georg! Ich weiß, was du dort treibst!«
Knirschend drehte sich der Schlüssel im Schloss. Die Tür öffnete sich und Georg stand vor ihr. »Mach nicht so ’n Wind – was ist denn?«, fragte er mit treuherziger Unschuldsmiene.
»Lass mich durch!« Energisch drängte Lilli sich an ihm vorbei und stand vor einem zweiten Lausebengel.
»Ach nee, Gerold Harms, das hätte ich mir ja denken können!« Sie ging auf den großen schwärzlich-metallischen Gegenstand zu, der auf einem Tisch lag. Daneben einiges Werkzeug.
»Sagt mal, ihr beiden, spinnt ihr jetzt völlig? Was wollt ihr mit dem geklauten Maschinengewehr?«
»Wir wollten es draußen im Wäldchen ausprobieren«, antwortete Georg. »Das verdammte MG funktioniert nicht. Ladehemmung! Und jetzt suchen wir nach dem Fehler.«
»Wisst ihr, wer das Höllending außer Gefecht gesetzt hat?« Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte sie hinzu: »Das war euer Schutzengel, ihr Verrückten!«
Während Gerold Harms völlig stumm dastand, schaute Georg sie – was normalerweise nie vorkam – nur ratlos an: »Und nun?«
»Und nun, und nun?«, wiederholte Lilli erbost. »Ihr werdet das Maschinengewehr sofort wieder dahin zurückbringen, wo ihr es hergeholt habt!«
»Geht nicht«, antwortete Georg zerknirscht. »An der Absturzstelle ist Feldpolizei. Die haben uns sofort am A…!«
»Hör zu! Wenn ich darauf gekommen bin, wer für diesen Schwachsinn verantwortlich ist, dann werden andere bald dieselbe Idee haben!«
Lilli