Feenders. Jürgen Friedrich Schröder

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Feenders - Jürgen Friedrich Schröder страница 5

Feenders - Jürgen Friedrich Schröder

Скачать книгу

Das macht keiner, Marga! Und die Schupos wissen meist nicht, was die Ledermäntel treiben.«

      »Aber ich muss doch …«

      »Ganz ruhig, Marga. Lass mich eben ’n Moment überlegen … Erinnerst du dich noch an den alten Kriminalrat Tammen aus Leer?«

      »Das war doch der, der Berend die Mane als den Mörder der kleinen Gesa Hellmann überführt hat!«

      »Genau der!«

      »Tammen ist aber nicht mehr im Dienst.«

      »Egal, wenn hier einer helfen kann, dann er! Und dass er nicht mehr im Dienst ist, kann sogar von Vorteil sein. Denn unserem Dorfpolizisten möchte ich mit der Bitte nicht kommen. Aber der weiß vielleicht, wo Tammen wohnt.«

      Kriminalrat Tammen war in seiner Dienstzeit eine Kapazität auf seinem Gebiet gewesen, in den Kreisen seiner Kundschaft geachtet und gefürchtet zugleich. Bekannt wurde er durch seine rasche Ermittlungsarbeit und sein Verhalten in dem bereits erwähnten Mordfall, der sich im Frühjahr 1930 nahe dem sonst so friedlichen Ort Rheidersum zugetragen hatte. Die zehnjährige Gesa Hellmann, Tochter des Dorfschullehrers, war abends nicht nach Hause gekommen. Ein eilig zusammengetrommelter Suchtrupp fand kurz darauf ihre entsetzlich zugerichtete Leiche an einem Weg nahe der Bahnstrecke zwischen Leer und Emden. Das Kind war missbraucht und mit einem großen harten Gegenstand erschlagen worden. Recht bald geriet der jugendliche Berend de Buhr ins Visier des Kriminalrats. Berend war von Geburt an schwachsinnig, galt aber als harmlos. Seinen Beinamen »die Mane« hatte der Junge erworben, als er eines Abends auf die untergehende Sonne deutete und sagte: »Dat is die Mane!«, was so viel heißen sollte wie: »Das ist der Mond!«

      Danach gab der Lehrer auf. Entgangen war ihm jedoch, dass der in die Pubertät gekommene Berend ein gewisses ungutes Interesse an seiner Tochter, der kleinen Gesa, entwickelte. Dies endete schließlich in der Katastrophe.

      Tammen, der im Umfeld der Lehrersfamilie genauestens recherchierte, stieß auf Berend de Buhr. Er fand sich in die eigenartige Sprache des Jungen, der ihm schließlich den ganzen Hergang erzählte, inklusive des Wissens, das nur der Täter haben konnte. Den Stein, mit dem Gesa erschlagen worden war, fand man unter seinem Bett.

      Als Berend de Buhr von Polizeibeamten abgeführt werden sollte, stürzte der Lehrer Hellmann, mit einer Axt bewaffnet, wie von Sinnen auf den Mörder seiner Tochter los. Kriminalrat Tammen trat ihm in den Weg, hob nur die Hände ein wenig und sagte ruhig: »Das wirst du nicht tun, Hellmann. Und auf mich gehst du ja schon gar nicht los.«

      Die beiden Schupos, die bereits ihre Pistolen gezogen hatten, brauchten nicht mehr einzugreifen. Tammen nahm dem Lehrer, der wie erstarrt stehen geblieben war, die Axt aus den Händen. Hellmann brach weinend zusammen. Vom Kriminalrat mühsam wieder aufgerichtet, wurde er zum Haus des Pastors gebracht, der sich weiter um ihn kümmerte.

      Kriminalrat Otto Tammen hatte noch eine andere Seite, die wenig später zutage trat. Mit den braunen Flegeln, wie er sie gelegentlich zu nennen pflegte, konnte er rein gar nichts anfangen. Vor der Machtergreifung hatte er einige SA-Leute nach einer Schlägerei, die mit einem toten Kommunisten endete, vorläufig festnehmen lassen. Die neuen Herren im Lande wollten ihn loswerden und hatten ihn kurzerhand vom Dienst suspendiert. Da der verdiente Kriminalrat aber einflussreiche Fürsprecher besaß, hatte man ihn schließlich mit voller Pension anderthalb Jahre eher in den Ruhestand geschickt.

      Und dieser Mann sollte nun nach dem Verbleib von Theodor Strodthoff, dem Saatguthändler aus Rheidersum, forschen.

      Der Dorfpolizist wunderte sich zwar ein wenig über Helfried Feenders’ Ansinnen, stellte aber keine weiteren Fragen und nannte ihm die Adresse des alten Kriminalrates.

      »Was wünschen Sie?« Eine ältere Frau hatte Helfried Feenders die Tür geöffnet. Misstrauisch schaute sie ihn an.

      »Frau Tammen? Moin, Feenders ist mein Name, aus Rheidersum. Könnt ich wohl Ihren Mann sprechen?«

      »Worum geht es denn?«

      »Das möcht ich ihm lieber selber sagen. Ist eine ziemlich vertrackte Geschichte. Vielleicht weiß Ihr Mann einen Rat.«

      Die Verzweiflung musste Helfried Feenders im Gesicht gestanden haben, denn die Frau antwortete nach kurzem Zögern: »Na, denn kumm Se man rin. Hoffentlich bring’ Se kien’ Ärger mit!«

      Der alte Kriminalrat saß in der Küche und sah von der Zeitung auf, als seine Frau mit dem Besucher hereinkam. Er stand auf. »Moin, Herr Feenders!« Tammen freute sich über das verblüffte Gesicht. »Wir hatten im Mordfall Hellmann kurz miteinander gesprochen!«

      »Dass Sie sich noch an mich erinnern?«

      »Ich bin zwar ’n büschen älter geworden und außer Dienst, aber hier oben funktioniert noch alles!« Er tippte sich leicht an den Kopf. »Schreckliche Sache damals mit der kleinen Gesa. Aber deshalb sind Sie bestimmt nicht hier!«

      »Nee, da haben Sie recht! Könnte ich eben mit Ihnen allein sprechen? Nichts für ungut, Frau Tammen, aber das ist, wie ich eben schon sagte, eine sehr vertrackte Sache.«

      Henrike Tammen nickte nur vielsagend und verließ die Küche. Helfried Feenders schloss die Tür leise und vorsichtig hinter ihr.

      »Na, nun nehm’ Se man erst mal Platz. Tass’ Tee?«, fragte Otto Tammen.

      »Danke, gern. Das ist so, Herr Kriminalrat …« Helfried Feenders erzählte die Sache mit der Verhaftung seines Schwagers und stellte die Frage, was wohl aus ihm geworden sei.

      »Gestapo, sagten Sie?« Tammen atmete hörbar ein und schwieg eine Weile. »Mit denen habe ich rein gar nichts zu tun, möchte ich auch nicht! Aber ich werde versuchen, Ihnen zu helfen – unter einer, nein, zwei Bedingungen!« Er sah den Besucher prüfend an.

      Der nickte nur wortlos.

      »Wenn ich etwas herausgefunden habe, melde ich mich bei Ihnen. Sie warten und rühren sich nicht in der Sache, auch wenn es ein paar Tage dauert. Und die zweite Bedingung: völliges Stillschweigen!«

      »Natürlich, Herr Kriminalrat!« Helfried Feenders wirkte erleichtert. »Danke, dass Sie uns helfen wollen. Meine Schwägerin ist schon völlig durch ’n Wind!«

      »Ich werde tun, was ich kann. Also, Ohren steifhalten!« Mit diesen Worten verabschiedete Otto Tammen seinen Besucher.

      Eine Woche war vergangen und in den Familien Strodthoff und Feenders wurde man immer nervöser.

      »Helfried, meinst du, dass Tammen etwas unternimmt?«, fragte seine Schwester.

      »Ja, Marga, in den Mann habe ich absolutes Vertrauen! Der wird schon kommen!«

      Er kam und seine Botschaft war kurz und knapp: »Also, er lebt. Das ist die Hauptsache! Man hat ihn ins Konzentrationslager Börgermoor gebracht, zur Umerziehung!«

      »Umerziehung?«

      »Ja, Frau Strodthoff! Ihr Mann muss sich schon des Öfteren sehr negativ über die neuen Herren geäußert haben. Die Gestapo

Скачать книгу