Feenders. Jürgen Friedrich Schröder

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Feenders - Jürgen Friedrich Schröder

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bedeutet das? Kommt er irgendwann wieder frei?«

      »Wenn er sich entsprechend führt, denke ich mal, haben Sie ihn in sechs Wochen wieder!«

      »Und woher wissen Sie das – ich meine, dass er lebt und dass es ihm gut geht!«

      »Von gut gehen habe ich nichts gesagt. Die Häftlinge müssen im Moor arbeiten bis zur Erschöpfung. Aber er lebt, so viel weiß ich. Und die Frage, woher ich das weiß, werde ich Ihnen nicht beantworten. Haben Sie einfach Geduld!«

      »Vielen Dank, Herr Kriminalrat!«

      »Noch etwas – es ist doch allgemein bekannt, dass unsere neuen Herren ihre Gegner in Arbeitslager stecken. Verharmlosend werden sie auch Konzertlager genannt.«

      »Gegner! Wie sich das anhört! Er hat nur seine Meinung über das braune …«

      »Sehen Sie, das kann schon zu viel sein!« Otto Tammen hatte warnend die Hand erhoben. »Sie sollten vorsichtiger sein!«

      *

      Kriminalrat a. D. Otto Tammen hatte mit seiner Vermutung richtiggelegen. Anfang Juli tauchte Theodor Strodthoff wieder zu Hause auf.

      Elisabeth Feenders erschrak, als sie ihren Onkel Theo zum ersten Mal wiedersah. Diese graue Gestalt, dieser Mensch, der gar nichts mehr von dem ausstrahlte, das ihn vorher ausgemacht hatte, das sollte ihr Onkel sein? »Onkel Theo?« Lilli stand in der Wohnzimmertür. »Geht es dir einigermaßen?«

      »Ooch, mien Deern, danke, recht gut!«

      »Darf ich dich mal was fragen?«

      »Wenn es wegen meiner Haft ist, nein! Deinen Eltern habe ich schon gesagt, was ich sagen darf. Jeden Tag zig Stunden Arbeit im Moor bis zum Umfallen und häufige Misshandlungen!«

      »Das haben sie mir erzählt. Furchtbar, das sind keine Menschen, die so etwas machen. Ich weiß, dass du nichts weiter erzählen darfst. Sonst holen sie dich wieder und du kommst nicht zurück!«

      »Dann ist doch alles klar!«

      »Das ist es ja gerade, nichts ist klar! Warum machen die das? Das hat es doch früher nicht gegeben!«

      »Wie sagt unser werter Führer? Wir leben in einer großen Zeit! Und da scheint alles erlaubt zu sein, was die Herrschaften sich herausnehmen.«

      »Ja, aber der Führer tut auch viel Gutes. Dein Bruder hat eine gute Arbeitsstelle gefunden und dein Geschäft läuft wieder!«

      »Kind, das ist alles richtig, aber …«

      »Oh, Onkel Theo! Nenn mich doch nicht immer Kind!«

      »Verzeihung, Lilli, du bist ja schon eine richtige junge Dame«, antwortete Theodor Strodthoff mit einem leichten Lächeln. »Das hätte ich bald vergessen! Setz dich mal hin. Ich will versuchen, dir das zu erklären, so gut ich kann.«

      Die beiden nahmen am Wohnzimmertisch Platz.

      »Sieh mal, nach dem verlorenen Krieg, an dem die damalige deutsche Regierung und der Kaiser einen großen Teil der Schuld trugen, haben die Sieger im Vertrag von Versailles …«

      »Das ist ein Schandvertrag, sagt unsere BDM-Führerin. Ein richtiges Diktat wird er genannt!«

      »Ja, aber weißt du, dass dieser Vertrag ein deutsches Vorbild hatte?«

      »Wieso?«

      »Als 1917 die Bolschewiken mit ihrer Oktoberrevolution in Russland Erfolg hatten – übrigens mit deutscher Hilfe –, war im Osten der Krieg zu Ende. Die Russen bekamen von Deutschland den Vertrag von Brest-Litowsk aufgezwungen und der war knapp zwei Jahre später in großen Teilen die Vorlage in Versailles!«

      »Das wusste ich zwar nicht, aber was hat das mit den Nationalsozialisten zu tun?«

      »Das will ich dir ja gerade erklären, soweit das kurz gefasst möglich ist!«

      Lilli rutschte unruhig auf dem Sofa herum, das konnte dauern, wie sie ihren Onkel kannte. Außerdem passte ihr das so gar nicht in den Kram, wenn sie an die vielen schönen Erlebnisse beim BDM dachte, dem »Bund deutscher Mädel«. Irgendetwas stimmte da nicht!

      »Die Sieger wollten Deutschland wirtschaftlich nicht wieder hochkommen lassen«, sprach Theodor Strodthoff weiter. »Sie wollten ein für alle Mal verhindern, dass sich so etwas wiederholte. Dass sie selber erheblich zum Ausbruch des Weltkriegs beigetragen hatten, interessierte dabei nicht. Deutschland lebte weit über zehn Jahre in mehr oder weniger großer Not und die gemäßigten Politiker fanden keine Lösung. Einer der wenigen, der etwas bei den Siegern erreichte, Gustav Stresemann, starb leider zu früh. 1929 kam, ausgehend von Amerika, die große Weltwirtschaftskrise …«

      »Wir hätten bald unseren Hof verloren …«, unterbrach Lilli ihn.

      »… und ich stand kurz vor der Pleite!«, ergänzte Strodthoff ihren Satz. »So ging es vielen Leuten! Die Radikalen in Deutschland lieferten sich Straßenschlachten und es gab jede Menge Mord und Totschlag!«

      »Und dann kam der Führer und es war Ruhe!«

      »Das ist zwar richtig, aber du übersiehst dabei, dass er und seine SA-Schläger die eine Seite der Radikalen waren und es heute noch sind!«

      »Hauptsache, Ruhe. Sagt mein Papa!«

      »Eben, und so denken die meisten Leute. Außerdem hat niemals eine Mehrheit des Volkes die Braunen gewählt, selbst in der letzten Wahl am 5. März ’33 nicht, bei der noch mehrere Parteien zugelassen waren. Erst durch eine Koalition mit der schwarz-weiß-roten Kampffront unter der Führung der Deutschnationalen hatten die Braunen die parlamentarische Mehrheit. Und um welchen Preis haben wir jetzt diese trügerische Ruhe?«

      Oh je, jetzt doziert er wieder, dachte Lilli, das kann anstrengend werden. Sie fragte: »Wie meinst du das, um welchen Preis?«

      »Man darf nicht mehr sagen, was man denkt! Wenn ich früher auf Brüning und Papen geschimpft habe, machte das gar nichts. Da hätte man es schon recht toll treiben müssen. Und heute? Ein paar falsche Sprüche und man landet im Konzen­trationslager!«

      »Onkel Theo?« Lilli schaute ihn an. »Was hast du denn gesagt, dass sie dich eingesperrt haben?«

      »Lilli!«

      »Ja, ich weiß, du darfst nicht darüber reden.«

      »Eigentlich ist das Ganze lächerlich, aber wenn du das zum Beispiel unter dem Siegel der Verschwiegenheit deiner besten Freundin erzählst und die sagt es weiter, dann war es das mit mir.«

      Elisabeth zuckte ratlos die Achseln.

      »Was soll’s, das ganze Wirtshaus hat es ohnehin mitbekommen. Aber du hältst wirklich den Mund?«

      Lilli nickte wortlos.

      »Ich habe erzählt, der dicke Hermann …«

      »Göring?«

      »Ja! Der ist doch so eitel mit seinen vielen Orden. Die habe er sich noch einmal aus Gummi anfertigen lassen, damit er sie auch in der Badewanne tragen kann.«

      Elisabeth

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