Goettle und der Kaiser von Biberach. Olaf Nägele
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Читать онлайн книгу Goettle und der Kaiser von Biberach - Olaf Nägele страница 13
»Ach, Arthur, es ist alles so schrecklich. Mein Mann. Er ist wieder da. Nein, er ist tot.«
Sie verbarg ihr Gesicht an seiner Schulter und wurde von einem erneuten Weinkrampf geschüttelt.
Der junge Mann namens Arthur blickte Greta Gerber verständnislos und Hilfe suchend an.
»Machst du Witze? Dein Mann ist ertrunken. Bei einem Segeltörn in der Ägäis.«
»Ertrunken? Das können Sie getrost ausschließen«, schaltete sich Schneider ein. »Aber tatsächlich wurde er im Wasser gefunden. Allerdings nicht in der Ägäis, sondern in einem Badesee. Sorgsam verpackt in einem weißen Sack. Ach ja, bevor er versenkt wurde, hat man ihm mit einem harten Gegenstand auf den Hinterkopf geschlagen und zum Schluss erschossen.«
Greta verzog das Gesicht. Wie ein Nilpferd trampelte sich Schneider seinen Weg durch das Verhör. Aber nun stand die Wahrheit im Raum, konnte nicht mehr ungesagt gemacht werden.
Das Schluchzen der erneut zur Witwe Gewordenen steigerte sich. Schließlich wandte sie den Polizisten wieder das Gesicht zu.
»Aber wer … Wer macht denn so etwas?«, flüsterte sie tonlos.
Arthur streichelte ihr über das Haar. Aus seinem Gesicht war jede Farbe gewichen, seine Augen starrten ins Leere.
»Das würden wir auch gern wissen. Natürlich setzen wir alles daran, um die Tat zu rekonstruieren. Aber dazu benötigen wir Informationen.«
Greta Gerber versuchte, so sanft wie möglich zu klingen, um die unsentimental vorgetragene Faktenlage des Kollegen auszugleichen.
»Ich glaube, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für eine Befragung. Sie sehen doch, dass meine Lebensgefährtin unter Schock steht«, ereiferte sich Arthur. Er drückte Ilka Kaiser an sich, und sie sah ihn dankbar an.
»Ach, Sie sind der Lebensgefährte von Frau Kaiser? Wie war Ihr Name doch gleich? Ich habe ihn nicht verstanden.«
Schneider gefiel sich sichtlich in der Rolle des bad cop und machte keinen Hehl daraus, dass er den Schönling an der Seite der wesentlich älteren Frau nicht ausstehen konnte.
»Mein Name ist Kessler. Arthur Kessler. Filmemacher. Sie werden meinen Namen sicher schon gehört haben«, erwiderte der junge Mann in einem Tonfall, in dem das Unverständnis mitschwang, dass er von dem Kommissar nicht erkannt wurde.
Ilka Kaiser wischte sich über die Augen, die von einer erschreckenden Röte waren. »Diese Nachricht muss ich erst verdauen. Sie ist so un-fass-bar. Un-be-liev-able«, sagte sie.
»Gut, dann kommen Sie bitte morgen früh ins Präsidium. Wir haben eine Menge Fragen. Wir müssen alles über Ihren Mann wissen. Wer er war, was er beruflich gemacht hat, wie er seine Freizeit verbracht hat, mit wem er Umgang pflegte. Wie und wann er verschwunden ist. Warum er wieder aufgetaucht ist. Meinen Sie, Sie können das schaffen?«, fragte Greta.
Ilka Kaiser nickte unmerklich und ergriff Kesslers Hand.
»Und es wird Ihnen auch nicht erspart bleiben, in die Gerichtsmedizin nach Ulm zu fahren, um Ihren Mann zu identifizieren. Sieht nicht schön aus«, legte Schneider nach.
Kessler streichelte Ilka Kaiser über die Wange.
»Gemeinsam stehen wir das durch. Ich bin für dich da.«
Es klang, als würde er aus einem Drehbuch rezitieren. Allerdings aus einem nicht sehr originellen. Seine Geliebte lächelte ihn dankbar an.
»Bringst du Frau Gerber und Herrn Schneider zur Tür, Liebling? Ich glaube, ich muss mich hinlegen. Ich habe plötzlich furchtbare Kopfschmerzen.«
Sie stand auf, gab den Polizisten die Hand und taumelte in Richtung Treppenhaus. Aus ihren Bewegungen war sämtliche Kraft gewichen. Greta Gerber und Denis Schneider sahen ihr nach, bis sie den Treppenabsatz erreicht hatte, wandten sich dann an Arthur Kessler, der ihnen den Weg zur Tür wies.
»Wir finden allein hinaus«, entgegnete Hauptkommissarin Gerber und ging. Schneider blickte Kessler noch einmal grimmig an und folgte seiner Kollegin.
»Was halten Sie von den beiden?«
Gretas Frage durchbrach das Schweigen, das die Rückfahrt zur Dienststelle begleitete. Es war eine andere Form der Stille als auf der Herfahrt. Eine konzentrierte, nach innen gerichtete.
Es dauerte einen Moment, bis sich Schneider zu einer Antwort durchrang.
»Es ist doch sonnenklar, was da läuft. Sie, eine reiche, aber welkende Schönheit, sucht sich einen jungen Adonis, der sie vergessen lässt, dass sie eine alternde Frau ist. Und er lässt sich diesen Dienst vergüten und dreht mit ihrem Geld Filme, die die Welt nicht braucht. Krank ist das.«
Greta seufzte. Sie hätte es ahnen können, dass die Beziehung zwischen dem ungleichen Paar in Schneiders von Testosteron gesteuerter Weltsicht auf wenig Verständnis stieß.
»Das meine ich nicht. Ist Ihnen an den Reaktionen nichts aufgefallen?«
Schneider zuckte die Schultern.
»Na ja, nichts Außergewöhnliches. Sie hat geweint, und er hat versucht, sie zu trösten.«
»Und dass sie dabei nur eine einzige Träne vergossen hat, finden Sie nicht außergewöhnlich«, schob Greta Gerber nach.
»Wieso, sie hat doch geheult wie ein Seehund vor der Fütterung.«
Schneider grinste selbstgefällig, wischte sich aber dann den Anflug von Frohsinn aus dem Gesicht, als er merkte, dass die Kollegin nicht darauf reagierte.
»Ich sage Ihnen was: Da steckte kein bisschen Trauer dahinter. Mit ein bisschen Training … kann … daaas … jeheder … Lai…ai…aie.«
Gretas Worte gingen in einem markerschütternden Schluchzen unter.
Schneider wandte seinen Blick von der Fahrbahn und sah seine Kollegin an. Sie wischte sich eine echte Träne aus den Augenwinkeln und wies ihn mit strenger Miene an, wieder auf den Verkehr zu achten.
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich denke, dass wir eben ein durch und durch inszeniertes Theaterstück gesehen haben. Und es war noch nicht einmal besonders gut.«
12
Als sie im Kommissariat ankamen, saß POM Fritz an seinem Rechner und hämmerte mit zwei Fingern auf die Tastatur ein, als sollte sie dafür büßen, dass er seinen Bericht nicht handschriftlich abfassen durfte. Immer wieder erschütterte ein Fluch seine Bartspitzen und brachte sie zum Wippen.
Laura Behrmann hielt den Telefonhörer ans Ohr und brüllte hinein.
»Nein, ich bin nicht die Klara. Laura Behrmann heiße ich … Von der Polizei. Nein, mit der Klara ist alles in Ordnung … Nein, sie ist nicht zu schnell gefahren … Ach so, sie hat gar keinen Führerschein mehr … Den hat sie mit 92 abgegeben, fährt aber dennoch heimlich mit dem Porsche ihres Enkels … Verstehe … Nein, ich rufe wegen Karlheinz an …