Grenzgänger: Deutsche Interessen und Verantwortung in und für Europa. Joachim Bitterlich

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Grenzgänger: Deutsche Interessen und Verantwortung in und für Europa - Joachim Bitterlich

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Ballast ab und schien bemüht, mit dabei zu sein – aber auch er blieb letztlich vorsichtig – distanziert.

      Er hatte um sich ein exzellentes Team von engagierten Mitarbeitern geschart, Peter Mandelson, Jonathan Powell – der jüngere Bruder von Charles Powell, und Alastair Campbell, seinen Medienstrategen oder „spin doctor“ – dem ich in Brüssel 1999 während des Kosovo-Konflikts wieder begegnen sollte. Diese Mannschaft hatte mit uns wenig am Hut, sie setzte auf den Wechsel in Bonn und war nicht immer „sauber“ gegenüber uns! Die Erinnerungen von Jonathan Powell „The New Machiavelli“ unterstreichen diese Haltung in besonderer Weise. Eine wohltuende Ausnahme bildete Peter Mandelson, mit dem Gespräche, auch später als er Mitglied der EU-Kommission wurde, immer ein Vergnügen waren. Er versuchte ernsthaft, Deutschland zu verstehen und gemeinsames Handeln zu fördern. Er gehört – zusammen mit dem Freund Kenneth Clarke bei den Konservativen – zu der kleinen Kaste von Europa-Kennern und -Verstehern auf der Insel.

      Zu Spanien wurde das Verhältnis in den Jahren an der Seite Helmut Kohls durch sein überaus freundschaftliches Verhältnis zu Felipe Gonzalez geprägt – eine Entwicklung, die manche meiner sozialdemokratischen Freunde als die Erfüllung eines an Helmut Kohl angetragenes Vermächtnis von Willy Brandt ansahen. Es war Helmut Kohl, der Willy Brandts Bitte umsetzte, beim Staatsakt nach seinem Tode möge nicht der amtierende Vorsitzende der Sozialistischen Internationale (SI), der Franzose Pierre Mauroy, die Gedenkrede halten, sondern eben sein europäischer Lieblingsschüler Felipe Gonzalez. François Mitterrand, der den Bundeskanzler auf diesen Vorgang telefonisch ansprach, sah dies auch ohne jedes Zögern ein.

      Mit Felipe Gonzalez Nachfolger José Maria Aznar war die Beziehung vor allem zu Anfang durch Misstrauen geprägt, galt doch Helmut Kohl als der beste politische Freund seines ärgsten politischen Widersachers, Felipe Gonzalez. Die ersten Begegnungen waren mehr als schwierig, durch vorsichtiges Abtasten geprägt, selbst ein informelles persönliches Treffen mit dem Noch-Oppositionsführer Aznar in der Madrider Altstadt im engsten Rahmen stand nahe einem Desaster – dies dank eines Überraschungsgastes, den wir nicht erwartet hatten: Frau Aznar, die lebhaft versuchte, das gemeinsame Arbeitsessen mit dem Kanzler mit dem Thema „Abtreibung“ einzuführen und mit Helmut Kohl darüber zu disputieren! Helmut Kohl schaute mich nahezu flehend an, mit Hilfe meiner Kenntnisse der spanischen Sprache darauf zu drängen, das Thema zu wechseln – unsere Dolmetscherin stand dem nicht nach: sie wollte mir den Job übergeben, wenn die „Tiraden“ so weiter gingen!

      Erst in der Folge begann sich das Verhältnis langsam zu entspannen und positiver zu entwickeln. Doch Aznar war gegenüber den Ratschlägen des älteren Regierungschefs und Parteiführers weitaus weniger empfänglich als sein Vorgänger – Spanien wurde für uns zunehmend eigensinniger und schwieriger! Und Aznar begann mehr und mehr die wirtschaftliche Performance Spaniens zu überschätzen – „Espana va bien“ war sein lange Zeit erfolgreicher Slogan in Verkennung der tatsächlichen Umstände, vor allem der immer deutlicher werdenden Immobilien-Blase wie auch die Abschwächung des wirtschaftlich-industriellen Aufschwungs!

      Zu Italien hatte Helmut Kohl über die Jahre, schon aus der Opposition, in gewisser Weise ein ganz eigenes, besonderes Verhältnis entwickelt, zu dem Land, seinen politischen Parteien und Führern. Er mochte Italien – und doch war das Land alles andere als ein leichter Partner. Ich habe einfach einmal durchgezählt, in meinen Bonner Jahren von 1985 – Ende 1998 hatte es die Bundesregierung mit 13 italienischen Regierungen zu tun, einige Namen sind heute mehr oder minder vergessen, andere haben Italien geprägt, ohne es aber hinreichend zu verändern.

      Es waren gerade besondere Persönlichkeiten, die die italienische Politik über diese Jahre geformt haben. Man denke an Giorgio Napolitano, über den an anderer Stelle zu reden sein wird, oder an Giulio Andreotti, der aus der italienischen Politik über Jahrzehnte nicht wegzudenken war, an den oft unterschätzten Giuliano Amato oder an Carlo Azeglio Ciampi, der zum Garanten für die Teilnahme Italiens an der Wirtschafts- und Währungsunion wurde.

      Zugleich setzte Helmut Kohl – vergeblich – darauf, dass sich die italienische „Schwesterpartei“, die DC Democrazia Christiana, aus sich heraus zu einer modernen Partei entwickeln würde. Einer der jungen Christdemokraten aus diesen Jahren hat mich in den letzten Jahren nahezu schwärmerisch an die Begegnungen mit Helmut Kohl erinnert – es war Enrico Letta, der der Partei notgedrungen den Rücken kehren und sein Glück auf der linken Seite des Parteienspektrums suchen musste!

      Und doch hat sich Italien über die Jahre gehalten, Krisen immer wieder, wenn nicht gemeistert, so doch überwunden, ja „durchgemogelt“. Die Schuldenkrise ab 2007 führte das Land in echte Schwierigkeiten, und doch... Zugleich standen aber die italienischen Freunde in der europäischen Integration immer mit an der Spitze der Bewegung, sie waren, ob Linke oder Rechte grundsätzlich im Reflex pro-europäisch eingestellt. Erst mit Premierminister Berlusconi wurde das Verhältnis kühler, distanzierter – es standen sich auf einmal zwei schwer miteinander vereinbare Charaktere gegenüber. Mangels entschiedener Fortsetzung der Reformen wurde Italien mehr und mehr zu einem Sorgenfall für die Freunde in der Europäischen Union. Auch die Nachfolger Monti und Renzi mussten scheitern, das Parteiengefüge brach in sich zusammen. Es bleibt fraglich, ob das heutige Gefüge nach dem „Intermezzo“ mit zwei extremen und im Grunde kaum vereinbaren Bewegungen und der jetzigen Mitte-Links-Regierung durchhaltefähig sein kann und dreißig Jahre versäumter Reformen nachholen kann. Dies haben zuletzt die Debatten über die Verteilung der Gelder aus dem Post-Covid-Fonds der EU gezeigt. Rom hat leider nicht mehr Brüssel und Berlin als Sündenbock, sondern muss selbst entscheiden!

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