Versicherungsmanagement. Группа авторов
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Die Versicherungsbranche ist in Deutschland ein traditionell stark regulierter Wirtschaftszweig. Während die Vorschriften für die Sozialversicherung hauptsächlich im Sozialgesetzbuch geregelt sind, sind für die Privatversicherung neben den zentralen Kodifikationen des Privatrechts insbesondere das Versicherungsvertragsgesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz relevant. Die Argumente, welche für eine Regulierung der Versicherungswirtschaft vorgetragen werden, lauten wie folgt:
1) Die Regulierung ist notwendig zur Stabilisierung der Gesamtwirtschaft.Eine funktionierende Versicherungswirtschaft ist eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung und Entwicklung anderer Wirtschaftszweige. Ohne die Möglichkeit der Absicherung wären viele Unternehmen nicht bereit, Risiken einzugehen, die für den Betrieb ihres Geschäftes notwendig sind (
2) Ohne Regulierung tendiert die Versicherungsbranche zu einem natürlichen Monopol.In Kapitel 1 wurde gezeigt, dass die Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Schadenhöhe pro Person bzw. pro Risiko umso geringer wird, je größer das Versicherungskollektiv ist. Im Optimum würde somit anstelle vieler kleiner Kollektive einzelner Versicherungsunternehmen ein sehr großes Kollektiv in einem sehr großen Versicherungsunternehmen gebildet werden. Letzteres würde jedoch bedeuten, dass nur noch ein Anbieter den Markt beherrscht und somit ein Monopol das Versicherungsangebot kontrolliert. Auch die hohen Fixkosten und geringen Grenzkosten45 im Versicherungsgewerbe begünstigen die Entstehung eines natürlichen Monopols. Um die mit einem Monopol verbundenen Wohlfahrtsverluste zu vermeiden, wird daher die Regulierung der Versicherungsunternehmen gefordert.
3) Ohne Regulierung besteht die Gefahr der Instabilität des Finanzsystems.Die Versicherungsunternehmen investieren hohe Beträge am Kapitalmarkt (
4) Die Regulierung ist notwendig zum Schutz der Versicherungsnehmer.Eines der wichtigsten Argumente zur Regulierung der Versicherungswirtschaft ist der Schutz der Versicherungsnehmer.46 Letztere haben aufgrund unzureichender Kenntnisse und Informationen oft nicht die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit ihres Versicherungsunternehmens zu beurteilen. Ziel der Versicherungsaufsicht ist es daher, die Zahlungsfähigkeit und Risikotragfähigkeit der Versicherungsunternehmen sicherzustellen, sodass letztere auch über lange Zeiträume die versprochenen Leistungen für ihre Kunden erbringen können.
Über die Versicherungsunternehmen ist in den letzten Jahren eine regelrechte »Regulierungsflut« hereingebrochen, welche insbesondere von der europäischen Ebene ausging. Beispielhaft seien an diese Stelle die Solvency II-Richtlinie (
Politische Faktoren
In enger Verbindung zu den rechtlichen Faktoren stehen die politischen Faktoren. Der Begriff der Politik kann sehr unterschiedlich definiert werden. Für die Zwecke dieser Abhandlung werden politische Faktoren daher als diejenigen definiert, welche die rechtlichen Rahmenbedingungen setzen, unter denen die Versicherungsunternehmen ihr Geschäft betreiben können. Es handelt sich dabei folglich um Personen(-gruppen), welche über die Macht verfügen, Rechtsnormen zu setzen und Abweichungen der Versicherungsunternehmen von diesen Normen zu sanktionieren. Auf europäischer Ebene gehören zu diesen Personengruppen bspw. das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union sowie die Europäische Kommission. Auf nationaler Ebene sind es insbesondere die Mitglieder der Regierungskoalition im Bundestag.
Aufgrund der zuvor erläuterten Relevanz der rechtlichen Faktoren im Versicherungsgewerbe kommt dem politischen Umfeld, d. h. den machthabenden Personengruppen sowie ihren Vorstellungen und Gestaltungsabsichten, eine besondere Bedeutung zu. Der Kontakt zu den politischen Entscheidungsträgern ist daher von Vertretern der Versicherungswirtschaft regelmäßig zu pflegen, um die Interessen der Versicherungsunternehmen zu artikulieren und somit am »demokratischen Willensbildungsprozess« teilzuhaben. Die letztgenannte Aufgabe wird üblicherweise von Verbänden, wie bspw. dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. wahrgenommen, der seinen Sitz in Berlin in unmittelbarer Nähe des Bundesfinanzministeriums hat.
Demographische Faktoren
Die deutsche und europäische Bevölkerung altert aufgrund einer Kombination aus niedrigen Geburtenraten und steigender Lebenserwartung.47 Zudem gehen bereits jetzt und auch in den kommenden Jahren die geburtenstarken Kohorten der Nachkriegsjahre in den Ruhestand, sodass sich das Verhältnis von Versorgungsempfängern (Rentnern) und Erwerbstätigen ändert: Während in der Europäischen Union im Jahr 2018 das Verhältnis von Personen mit einem Lebensalter über 65 Jahren zu Personen im erwerbsfähigen Alter etwa 1:3 betrug, prognostiziert Eurostat für das Jahr 2050 ein Verhältnis von 1:2 (d. h. eine Person im Alter über 65 Jahren auf zwei erwerbsfähige Personen).48 Folglich entsteht eine Finanzierungslücke bei der umlagefinanzierten staatlichen Rente, die deshalb voraussichtlich gekürzt oder stärker aus Steuermitteln bezuschusst werden muss. Für die Versicherungsunternehmen und Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung erwächst daraus die Chance eines Bedeutungszuwachses im Rahmen der Alterssicherung, denn wenn die Leistungen der staatlichen Rente sinken, müssen die Leistungen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge steigen, um weiterhin eine adäquate Versorgung der Rentner zu gewährleisten. Wie zuvor erläutert, geraten jedoch aufgrund des andauernden Niedrigzinsumfeldes auch die Altersvorsorgesysteme, welche auf dem Kapitaldeckungsverfahren beruhen, zunehmend in Bedrängnis, da sie mit traditionellen Kapitalanlagestrategien keine attraktiven Renditen mehr erwirtschaften können. Nicht nur die Versicherungswirtschaft ist daher aufgefordert, neue Wege und Lösungsansätze zu finden, um auch in Zukunft eine adäquate Versorgung der Pensionäre sicherzustellen.