Schwarzwaldjunge - Weltenbummler. Gerhard Moser
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„Oh Junge, du musst noch viel lernen. So leicht ist das Leben nicht.“ Sprach es, struwelte mir durch die Haare und schickte mich raus zum Spielen. Über die tolle Geschäftsidee wurde nie wieder gesprochen. Natürlich holte ich auch keine weiteren matschigen Bananen aus dem Kaufladen.
In meiner Erinnerung verging die Kindheit viel zu schnell und ohne weitere Ereignisse, die ich heute erwähnenswert finden würde. Sie war einfach nur schön und ich bin dankbar, dass ich sie so erleben durfte.
Aufklärung der besonderen Art
Die beginnende Jugendzeit gestaltete sich schon etwas schwieriger. Die Pubertät setzte ein. Da Aufklärung nie ein Thema in der Familie war, mussten wir Kinder das unter uns ausmachen. Mein Bruder und ich entdeckten unter der Bettmatratze unseres Vaters rein zufällig eine Zeitung, in welcher nackte Frauen und Männer zu sehen waren. Die sahen unten herum ganz anders aus. Warum hatten wir da unten keine Haare und warum sah unser Piepmatz so klein aus? Mädchen sahen auch ganz anders aus. Erst als mein Bruder in der Schule Unterricht in Aufklärungskunde bekam, den es in meinem Jahrgang noch nicht gab, wurde auch ich von ihm über delikate Kleinigkeiten aufgeklärt.
Als meine Mutter mit meinem kleinen Bruder schwanger ging, war es die Aufgabe unserer ältesten Schwester, uns Jungs das zu erklären. Sie war schließlich drei Jahre älter und wusste fast alles Während eines Mittagessens fing sie an, uns die Sache zu erklären.
„Ihr müsst jeden Abend einen Würfelzucker auf die Fensterbank legen, vielleicht bekommen wir dann bald noch ein Geschwisterchen…“
„Ist Mama darum so rund und dick?“, war meine vorwitzige Frage.
„Nein, das ist, weil sie in der letzten Zeit zu viel gegessen hat.“
Die hielt mich für blöde. Das hatte ich aber in den Zeitungen unter Papas Matratze völlig anders gelesen.
„Und wann kommt dann das Baby aus dem Bauch?“
Schwester und Mutter schauten sich entgeistert an. Das Gesicht meiner Schwester wurde knallrot.
„Ich habe es dir doch gesagt, dass die nicht blöd sind, aber du weißt immer alles besser.“ Wütend rannte sie aus der Küche und knallte die Türe hinter sich zu.
Wenige Wochen später war unsere Mutter morgens nicht da. Der Nachbar hatte sie mitten in der Nacht, von uns Jungs völlig unbemerkt, mit seinem Auto ins Krankenhaus der Stadt gefahren. Einige Tage später kam sie mit einem ins Kopfkissen gebetteten Baby wieder nach Hause. Erstaunlich, wie schlank Mutter plötzlich war. Also hatten Papas Zeitungen doch recht.
Irgendwann kam Mutter mal wieder von einem Arztbesuch. Abends setzte sie sich auf die Kante unseres Bettes und sah uns Jungs an, als wüsste sie nicht so recht, wie sie uns das Ganze erklären sollte. Das waren wir eigentlich von ihr nicht gewohnt.
„Der Doktor hat mich heute gefragt, ob ihr gesund seid und alles bei euch in Ordnung ist.“ Wir sahen ihr an, dass es für sie unangenehm war, über das Thema zu reden.
„Was soll bei uns nicht in Ordnung sein?“ Wir verstanden zunächst nicht, was sie meinte.
„Ob die Vorhaut an eurem Pipimännchen sich verschieben lässt und ob in eurem Beutelchen zwei Eierchen sind.“ Endlich war es raus. Das Thema war ihr bestimmt sehr unangenehm, denn sie hatte während des Redens einen ganz roten Kopf bekommen.
„Natürlich ist alles in Ordnung. Mach dir da mal keine Sorgen. Du kannst dem Doktor sagen, dass wir gesund und munter sind.“
Mit einem erleichterten „Gute Nacht“, ging sie aus dem Zimmer.
Wir grinsten uns an. Nie im Leben hätte ich meine Mutter meinen Intimbereich anschauen lassen. Wie hätte ich ihr denn erklären sollen, warum ich plötzlich da unten Haare bekam. Mein Piepmatz, mein Bruder nannte diesen jetzt ganz gebildet Glied, wurde immer größer, die Haare wurden immer mehr. Selbst im Gesicht, besonders auf der Oberlippe, bekam ich einen dunklen Flaum. Meine Stimme wurde brüchig und krächzend. „Der Junge ist im Stimmbruch“, war der einzige Kommentar meiner Mutter.
Als ich zum ersten Mal morgens einen klebrigen, nassen Fleck in der Schlafhose hatte, war ich sehr erschrocken. Jetzt, nachdem ich von meinem Bruder darüber mehr Informationen hatte, war es gar nicht mehr erschreckend. Er erklärte mir die Freuden der Onanie. Das war für mich etwas ganz Tolles und wurde für einige Zeit meine Lieblingsbeschäftigung.
Ich probierte aus, wie oft es am Tag klappte und wie weit diese Flüssigkeit spritzte. Wenn es mich beim Spielen mit den anderen überkam, rannte ich nach Hause, legte mich in unserem Zimmer aufs Sofa, welches am Fußende der Betten stand und spielte mein Spiel der Freude. Meist ging das recht schnell. Hose zu, den Fleck mit dem Taschentuch verwischt und wieder los zu den anderen Kindern.
„Wo rennst du eigentlich immer hin?“, meine Mutter stellte sich mir in den Weg, als ich mal wieder schnell nach draußen wollte.
„Ich lege mich etwas hin, weil ich müde bin“, war meine schlagfertige Antwort.
„Drei Minuten, ist aber eine kurze Müdigkeit. Und was sind das für weiße Flecken auf dem Sofa?“ Sie lies einfach nicht locker.
„Ach die. Da habe ich einen Joghurt verschüttet.“
Meine Mutter lachte.
„Joghurt? Du isst doch überhaupt keinen Joghurt.“ Ich rannte an ihr vorbei und lief zu meinen Kameraden. Von da an suchte ich mir andere Plätze, an denen ich mich in Ruhe befriedigen konnte.
In kleinen Schritten naht das Leben
Mit meinem besten Freund und Klassenkameraden Kurt machte ich sonntags meistens einen Spaziergang durch den, das Dorf von drei Seiten umgebenden Wald. Zuvor zogen wir bei A&O aus dem Zigarettenautomaten eine Schachtel Zigaretten. Schon hundert Meter vor dem Geschäft schauten wir uns immer wieder um, dass uns auch ja keiner beobachtete. Geld rein, Zigaretten raus und schnell ab durch die Mitte. Eigentlich schmeckten sie schrecklich, aber irgendwann mussten wir ja erwachsen werden. Und dazu gehörte eben auch das Rauchen.
Zu Hause hatte ich meinem Vater mal einen Zigarillo aus der Schachtel gemopst. Als alle aus dem Haus waren, zündete ich mir diesen auf dem Donnerbalken an. Da das Klo ans Haus außen angebaut war, konnte es ja keiner riechen. Dabei hatte ich nicht mitbekommen, dass meine Mutter durch die Kellertür ins Haus kam. „Walter, bist du schon zu Hause?“ Klar, wer sollte sonst rauchend auf der Toilette sitzen. Meine Mutter war ganz außer sich, als ich ihr antwortete.
„Wo hast du den Stumpen her?“
„Was für einen Stumpen, ich habe Durchfall…“
„Ich bin nicht blöd, ich rieche doch den Rauch… Warte nur, bis ich das heute Abend dem Papa erzähle…“
Zum Glück konnte ich meine Mutter unter vielen Versprechungen, das Rauchen erst gar nicht anzufangen, davon abhalten, Papa etwas darüber zu erzählen. Das hätte bestimmt ein riesiges Theater gegeben. Ich konnte auch Kurt schnell davon überzeugen, unser Geld in Zukunft zu sparen und das Rauchen am Sonntag, was uns ja ohnedies nie schmeckte, einzustellen.
Da wir unser Geld immer schwer erarbeiten mussten, war uns das ganz recht. Kurt bekam jeden Sonntag 50 Pfennig Taschengeld.