Schwarzwaldjunge - Weltenbummler. Gerhard Moser

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Schwarzwaldjunge - Weltenbummler - Gerhard Moser

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Großeltern hatten neben der Schusterei und dem Weinanbau noch etwas Landwirtschaft. Dazu gehörten unter anderem drei Kühe.

      Ich bekam von Oma, wenn ich am Abend die Milch für uns holte, 10 Pfennige. Allerdings nur dann, wenn ich ihre Frage nach dem Abendgebet mit „Ja“ beantwortete. Als guter Christ hatte man am Abend, und das war meist auf dem Weg zu meinen Großeltern, beim Läuten der Kirchenglocken stehen zu bleiben, ein Gebet zu sprechen und dann erst seine Arbeit oder seinen Weg fortzusetzen.

      Wenn ich „nein“ sagte, gab es nichts, außer ermahnende Worte. So behaupte ich mit gutem Recht, dass mir meine Oma das Lügen beigebracht hat. Da es in meinen Augen nur eine kleine Notlüge war, kann es nicht so schlimm gewesen sein. Allerdings hat sie mir auch etwas Anderes beigebracht, das mein zukünftiges Leben stark prägen sollte. Sie entwöhnte mich aller Milchprodukte. Und das kam so. Wenn ich kam, um die Milch zu holen, waren meine Großeltern meist gerade mit dem Melken der Kühe fertig. Oma goss mir dann eine große Kaffeeschüssel voll, mit noch körperwarmer Kuhmilch und ich musste diese trinken. Irgendwann bekam ich vor diesem Gesöff solch einen Ekel, dass ich ab diesem Zeitpunkt nichts mehr gegessen oder getrunken habe, was mit Milch zusammenhing. Und das ist, mit wenigen Ausnahmen, bis heute so geblieben. Käse und Butter sind heute, nach Jahrzehnten immer noch nicht wieder auf meinem Speisezettel zu finden. Pudding, Sahne zum Kuchen oder Früchtejoghurt, esse ich dagegen schon mal wieder ganz gerne.

      In der Küche hatten meine Großeltern einen großen, gemauerten Herd. Darunter befand sich ein Backofen, in welchem meine Oma jede Woche Brot gebacken hat. In einem großen Holzbottich setzte sie abends das Mehl mit dem Sauerteig an. Am nächsten Tag wurde der Teig mehrfach geknetet und musste aufgehen, bevor er in eckige Brotformen aufgeteilt und in den vorgeheizten Ofen geschoben wurde. So entstanden rund 20 Brote, die eine Woche für die halbe Verwandtschaft ausreichten. Der Backtag war immer ein besonderes Ereignis, da Oma aus dem restlichen Teig Zwiebel- und Speckkuchen zubereitete. Die ganzen Enkelkinder durften an diesem Tag zum Essen kommen und wir bekamen zum deftigen Kuchen sogar ein Glas, sehr stark verdünnten Wein. Das war immer ein tolles Erlebnis. In der Heidelbeerzeit ging ich oft mit Oma am Tag vor dem Backen in den Wald und pflückte eine Milchkanne voller Heidelbeeren. Dann gab es statt Speck und Zwiebel- einen leckeren Heidelbeerkuchen.

      Wenn wir bei der Feld- und Erntearbeit halfen, bekamen wir meist auch zehn Pfennige. Bei der Heuernte durften wir auf dem Wagen das Heu feststampfen, welches von unserem Vater mit der Gabel hoch auf den Wagen gereicht und von unserem Onkel dort gleichmäßig verteilt wurde. Der ein oder andere von uns drei Jungs, meine Cousins waren auch gefordert, rutschte schon mal vom Wagen und fiel die zwei bis drei Meter auf die Erde. Aber passiert ist nie etwas. Anders war es dann beim Abladen zu Hause. Da musste das Heu hoch unter das Dach der Scheune geladen werden. Zur damaligen Zeit natürlich auch alles per Hand. Uns Jungs fiel dann wieder die Aufgabe zu, das Heu kräftig zu trampeln, damit möglichst wenig Luft dazwischen blieb. Opa erklärte uns immer wieder, dass wir kräftig treten sollten, damit das Heu nicht irgendwann anfing zu brennen. Verstanden haben wir das nie, aber es machte Spaß. Mein jüngerer Bruder rutschte dabei mal in die Lücke zwischen Heu und Dach. Das war eine Aufregung. Er gab keine Antwort mehr und hing mit dem einen Bein zum Dach heraus. So wurde eine lange Holzleiter ans Haus gestellt und mein Onkel kletterte aufs Dach. Nachdem er die ganzen Dachpfannen rund um meinen Bruder entfernt hatte, kam dieser auch wieder zu sich. Am Kopf hatte er eine riesige Beule. So zog mein Onkel ihn zwischen den Dachlatten durch und trug ihn vorsichtig über die Leiter nach unten. Es sah alles schlimmer aus, als es in Wirklichkeit war. Mein Bruder war natürlich der Held des Tages.

      Bei der Weinlese war es unsere Aufgabe, die Trauben in der Bütt mit nackten Füßen zu stampfen. In kurzen Lederhosen und den, von Oma zuvor in einem Eimer Wasser gewaschenen Füßen, hüpften wir in der Traubenmasse herum, was uns unendlichen Spaß machte. Mein Onkel sammelte die Trauben, die von den anderen Familienangehörigen in Eimer geerntet wurden in der Kiepe auf seinem Rücken ein. Diese Ladung kippte er uns dann immer wieder vor die Füße. Der ein oder andere von uns bekam auch schon mal eine Ladung über sich, wenn wir nicht rechtzeitig zur Seite hüpften. Am Ende der Ernte klebten wir natürlich von Kopf bis Fuß. Mutter ging dann anschließend mit uns zum nicht sehr weit entfernten Bach. Wir mussten uns bis auf die Unterhose ausziehen und uns von Kopf bis Fuß von dem klebrigen Most befreien. Warum immer nur wir Jungs bei diesen Arbeiten helfen mussten, ist mir bis heute nicht klar.

      Die Mädchen waren dann bei der Kartoffel- und Gurkenernte gefragt. Die Erwachsenen gingen mit großen Erntekörben durch die Kartoffelzeilen, die zuvor mit Pflug und Pferd unter Führung meines Onkels umgebrochen wurden. Unsere Aufgabe war es, die kleinen Kartoffeln, welche von den Erwachsenen liegen gelassen wurden, in kleinen Körben zu sammeln und in Säcke zu füllen. Diese wurden dann als Schweinefutter verwendet. Heute geht das alles mit Maschinen und die kleinen Kartoffeln werden als „Spitzenware“ zu teuren Preisen verkauft, besonders in der Spargelzeit.

      Bei der Gurkenernte versuchte ich mich allerdings möglichst zu drücken. Das stachelte so unangenehm. Es ging darum, die Gurken zu zupfen und anschließend in die verschiedenen Kisten zu sortieren. Die kleinsten Gurken wurden am besten bezahlt, da diese als Delikatessgürkchen eingestuft waren. An der Sammelstelle im Dorf wurde die Menge gewogen und notiert. Am Ende der Saison bekamen meine Eltern das Geld auf ihr Konto gutgeschrieben. Die Summe wurde dann zusätzlich zur Abzahlung des Hauses verwendet.

      In den Tagen meiner Jugend war ich oft und viel mit meinem Vater im Wald und in der Natur unterwegs. Er erklärte mir das Wachstum in der Natur, zeigte mir einzelne Dinge am Wegesrand, die mir sonst nicht aufgefallen wären Oft ermahnte er mich, jetzt ganz leise zu sein. Tatsächlich entdeckten wir kurz darauf ein Reh mit seinem Jungen, einen äsenden Hirsch oder ein Paar Auerhähne, die miteinander kämpften. Diese waren allerdings schon lange vorher zu hören. Auch die Käfer lernte ich kennen, die in den Wäldern und Feldern zu finden waren. Am interessantesten fand ich die Hirschkäfer, welche im Unterboden des Waldes ihre Zweikämpfe ausführten. Mein Vater zeigte mir, wie ich sie anpacken konnte, ohne von den kräftigen Zangen ihres Geweihes verletzt zu werden. Diese Tage genoss ich immer ganz besonders.

      Vielleicht doch besser einen Bauernhof?

      Neben dem Haus hatte mein Vater mir ein kleines Stück Garten angelegt. Allerdings hatte er es nur grob vom Gras befreit. Alles andere war dann meine Aufgabe. Umgraben, die Schollen klein machen, Mist unterheben und einsäen. Alles durfte ich alleine machen. Eines Tages brachte mein Vater einige Erdbeersetzlinge mit und zeigte mir, wie ich diese pflanzen sollte. Ich weiß noch, wie stolz ich war, später die ersten, eigenen Erdbeeren ernten zu können.

      Eines Tages entdeckte ich beim Umgraben meines kleinen Gartens einen dicken Regenwurm in der Scholle. Interessiert zerbröselte ich den ganzen Erdklumpen, zählte die Würmer, die Käfer und das ganze andere Getier. Ich war begeistert. Ich war überzeugt, später mal ein berühmter Biologe zu werden. Andererseits hatte ich von meinem Großvater ein Buch bekommen: „Der deutsche Bauer“. Darin wurden die ganzen Tiere eines Bauernhofes beschrieben. In meinen Tagträumen sah ich diesen Bauernhof schon vor mir. In einem der Schulhefte fing ich an, zu berechnen, wie viele Hühner, Hasen, Schweine, Kühe und sonstiges Viehzeug ich brauchte, um davon gut leben zu können. Am Stand auf dem Wochenmarkt konnte ich die Eier und die ganzen anderen Produkte aus Feld und Hof bestimmt gut verkaufen. Sah alles nicht so schlecht aus, bedeutete aber viel Arbeit. So ließ ich diese Idee bald wieder fallen.

      Stolpersteine auf dem Weg nach Oben

      Da wir ohnedies jedes Jahr zwei Schweine im Stall hatten und im Frühjahr und Herbst je eine Sau geschlachtet wurde, wusste ich, wie schwer das Ausmisten des Stalles war, geschweige denn, wie unerträglich im Sommer der Gestank werden konnte. Auch half ich meinem Vater bei der Zucht der Kaninchen. Wir gingen jeden zweiten Tag mit Sense und Schubkarren auf die rund einen Kilometer entfernte Wiese und holten frisches Gras. Morgens fütterte Papa die Kaninchen bevor er zur Arbeit ging, abends war es meine Aufgabe. Es machte mir viel Spaß, war aber auch eine oft nicht leichte Sache. Mit den Jahren übernahm ich diese Arbeit ganz,

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